Gute Bildungs- und Gesundheitssysteme sind wichtige Voraussetzungen, damit Menschen Armut und soziale Ungleichheit überwinden können.

Oxfam fordert daher von den Regierungen wirtschaftlich benachteiligter Länder, soziale Grunddienste in guter Qualität und für alle Bevölkerungsgruppen gebührenfrei zu gewährleisten. Hierfür müssen diese Länder ihre eigenen Einnahmen steigern und mehr Mittel in tragfähige Gesundheits- und Bildungssysteme investieren. Aber auch die reichen Industrienationen, beispielsweise Deutschland, müssen diese Strategien unterstützen – in Form einer solide finanzierten und einer wirksameren Zusammenarbeit.

Wo der Staat diese Dienste (noch) nicht gewährleistet, arbeitet Oxfam mit lokalen Organisationen zusammen, die sich zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern für eine Verbesserung der nationalen Bildungs- und Gesundheitssysteme engagieren.

Recht auf Bildung

Bildung ist ein universales Menschenrecht und steht weltweit allen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gleichermaßen zu. Zugleich ist Bildung ein wichtiger Motor für Entwicklung und eine bessere Zukunft.

Um soziale Ungleichheit zu überwinden und Geschlechtergerechtigkeit zu schaffen, braucht es gute öffentliche Bildung. Doch oft sind die Bildungssysteme in wirtschaftlich benachteiligten Ländern gebührenpflichtig. Außerdem fehlen Schulen, ausgebildetes Lehrpersonal und Unterrichtsmaterialien.

Bildungschancen sind ungleich verteilt: Geschlecht, Einkommen, Herkunft, Sprache, ethnisch-kulturelle Zugehörigkeit, Behinderung oder Wohnort spielen oft eine entscheidende Rolle.

Bildung gegen Ungleichheit

Um soziale Ungleichheit zu überwinden und Geschlechtergerechtigkeit zu schaffen, braucht es gute öffentliche Bildung. Noch immer sind die Bildungschancen zwischen Arm und Reich sowie Mädchen und Jungen ungleich verteilt. Extreme soziale Ungleichheit steht der Überwindung von Armut im Weg. Sie vertieft die Kluft zwischen Arm und Reich, zementiert Ungerechtigkeiten zwischen Frauen und Männern. Sie führt dazu, dass unsere Gesellschaften auseinanderdriften, sozialer Zusammenhalt bröckelt und demokratische Prozesse ausgehöhlt werden.

Dies alles ist Folge falscher politischer Entscheidungen und Prioritäten. Denn soziale Ungleichheit ist vermeidbar und mit den richtigen Investitionen in öffentliche Bildungssysteme lässt sie sich bekämpfen. Der Zugang zu Bildung öffnet nicht nur jedem einzelnen Menschen die Tür zu einem selbstbestimmten, unabhängigen Leben – Bildung kann auch der Schlüssel zu besserer Chancenverteilung innerhalb von Gesellschaften sein.

In den meisten Ländern gehen Kinder wirtschaftlich gut situierter Familien in die besten Schulen, erhalten gezielte Förderung, können in gut ausgestatteten Klassenzimmern mit qualifizierten Lehrkräften in kleinem Klassenverband lernen. Sie können ihre angeborenen Privilegien weiter ausbauen.

Ganz anders sieht es für wirtschaftlich benachteiligte Kinder aus. Wenn ihnen der Schulbesuch überhaupt möglich ist, haben schlechte Gesundheitsversorgung und Mangelernährung oft bereits ihre Spuren hinterlassen. Sie sitzen in überfüllten Klassenzimmern, es fehlt an gut ausgebildeten Lehrer*innen, Büchern und Sanitäranlagen.

Besonders trifft es Mädchen, die oft früher als ihre Brüder die Schule verlassen müssen, weil sie für Tätigkeiten in der unbezahlten Sorgearbeit verpflichtet sind. Ihre Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben frei von Armut sinken mit jedem Tag, an dem das Tor zu einer guten Schule geschlossen bleibt.

Extreme Armut könnte weltweit halbiert werden, wenn alle Kinder eine Sekundarschule abschließen. Die UNESCO schätzt, dass mit jedem zusätzlichen Schuljahr das Einkommen um rund 10 Prozent steigt – für Frauen sogar um bis zu 20 Prozent.

Gute öffentliche Bildung ermöglicht es jedem Kind, seine Potentiale zu entfalten und ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Sie hat das Potential, Gesellschaften zu verändern und Ungleichheit zu überwinden. Jedes Land muss rasch in den Ausbau öffentlicher Systeme investieren. Denn es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: Keine Bildung.

  • Mehr Chancengerechtigkeit: Zugang zu Bildung sorgt auf vielen Ebenen für mehr Chancengerechtigkeit.
  • Mehr gesellschaftliche Teilhabe: Menschen mit besserer Bildung engagieren sich stärker politisch und gesellschaftlich. Nicht zuletzt sorgen gute öffentliche Bildungssysteme für mehr soziale Durchmischung – die Trennlinien zwischen Arm und Reich weichen auf.
  • Geschlechtergerechtigkeit: Bildung ist zentral für mehr Geschlechtergerechtigkeit: Sie hilft die Einkommenslücke zwischen Frauen und Männern zu schließen, stärkt das Bewusstsein über die eigenen Rechte und ermöglicht politische Teilhabe. In Pakistan beispielwiese verdient eine Frau mit Grundschulbildung etwa 50 Prozent des Gehalts eines Mannes, Frauen mit Sekundarschulabschluss hingegen schon 70 Prozent des Gehaltes eines Mannes. Immer noch eine große Ungerechtigkeit, aber die Lücke wird kleiner.

Bildung für alle, öffentlich und gebührenfrei

Ob Bildung diese transformative Kraft zur Überwindung von Ungleichheiten tatsächlich entfalten kann, hängt maßgeblich davon ab, wie sie bereitgestellt wird. Sie muss universell zugänglich und gebührenfrei sein. In Ghana zum Beispiel wurden im September 2017 die Schulgebühren für die obere Sekundarstufe abgeschafft. Mit Erfolg: Im folgenden Schuljahr besuchten 90.000 Schüler*innen mehr die obere Sekundarschule. Öffentliche Systeme müssen gestärkt und finanziert werden. Oxfam fordert, dass alle Kinder gebührenfrei Zugang zu zwölf Jahren Bildung erhalten – von frühkindlicher Förderung bis zur Sekundarstufe.

Um dieses und andere Vorhaben zu finanzieren, fordern wir eine Vermögenssteuer für Superreiche. Unterstützen Sie unsere Kampagnenarbeit!

Taxt he Rich!

 

 

Recht auf Gesundheit

Das Recht einer*eines jeden auf das für sie*ihn erreichbare Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit ist ein Menschenrecht. Ebenso das Recht auf einen Lebensstandard, der Gesundheit und Wohl gewährleistet. Aber weltweit haben 400 Millionen Menschen keinen Zugang zu medizinischen Grundleistungen und jedes Jahr treiben private Ausgaben für Gesundheitsdienstleistungen 100 Millionen Menschen in die Armut. Ein wesentlicher Grund: Die Gesundheitssysteme in wirtschaftlich benachteiligten Ländern sind häufig von völlig unzureichender Qualität und schlecht finanziert.

Als Folge wandern unzählige gut ausgebildete Ärzte und Pflegekräfte auf der Suche nach Beschäftigungsmöglichkeiten in die wirtschaftlich privilegierten Länder ab. Die Regierungen im Süden wie im Norden stehen in der Pflicht, mehr Mittel für den Gesundheitsbereich aufzubringen und diese effizienter einzusetzen. Doch auch bei guter Gesundheitsfürsorge sind die Chancen auf ein gesundes und langes Leben ungleich verteilt. Die großen Unterschiede in der gesunden Lebenserwartung – ob nun weltweit oder auch innerhalb eines Landes wie beispielsweise auch Deutschland – erklären sich weitgehend aus sozialer Ungleichheit. Noch vor dem Zugang zu Gesundheitssystemen bestimmt die Ungleichverteilung gesellschaftlicher Ressourcen (Einkommen, Vermögen, Teilhabe, Bildung) auch die Ungleichverteilung von gesundem und langem Leben.

Oxfam setzt sich weltweit ebenso für den Aufbau von funktionierenden öffentlichen Gesundheitssystemen und gegen die Privatisierung des Gesundheitswesens ein.

Es gilt, Gebühren für Gesundheitsdienstleistungen abzuschaffen, Finanzierungszusagen einzuhalten und aus öffentlichen Mitteln keine privaten Profite zu finanzieren.

Medikamente für alle!

Der Zugang zu Gesundheitsfürsorge darf nicht vom Geldbeutel abhängen. Doch genau das ist die bittere Realität für Milliarden Menschen weltweit. Für Krankheiten, von denen überwiegend Menschen in wirtschaftlich benachteiligten Ländern betroffen sind, fehlt es an wirkungsvollen Medikamenten. Denn anstatt die Arzneimittelforschung für Medikamente gegen Krankheiten voranzubringen, von denen überwiegend Menschen betroffen sind, die in Armut leben, investieren Pharmakonzerne lieber in die Entwicklung von Medikamenten für zahlungskräftige Kunden in wirtschaftlich privilegierten Ländern. Auch der Zugang zu bereits existierenden Medikamenten wird Menschen, die in Armut leben, oft verwehrt. Scharfe Patentschutzregeln, die mithilfe von Freihandelsabkommen global durchgesetzt werden, erschweren die Produktion und Verbreitung von Nachahmerprodukten, sogenannten Generika. Doch durch ihren geringeren Preis, der oft nur einen Bruchteil des Preises von Originalpräparaten ausmacht, ist die Verbreitung von Generika von hoher Bedeutung bei der Durchsetzung des Menschenrechts auf Gesundheitsfürsorge. Oxfam kämpft gegen Handelsabkommen, die den Zugang zu Medikamenten erschweren, und setzt sich für neue Mechanismen zur Förderung medizinischer Forschung zugunsten der Menschen in wirtschaftlich benachteiligten Ländern ein.

*Name zum Schutz der Person verkürzt oder geändert.

Hintergründe

Jeder Mensch hat das Recht auf ein gesundes und langes Leben und auf Zugang zu Gesundheitsfürsorge. Viele Menschen sind jedoch weit von der Realisierung dieses Rechts entfernt.

  • Jedes Jahr sterben in ärmeren Ländern immer noch rund 300.000 Frauen an Folgen von Schwangerschaft oder Geburt Rund 2,7 Millionen Neugeborene sterben in ihrem ersten Lebensmonat, 5,9 Millionen Kinder erlebten 2015 ihren fünften Geburtstag nicht.

  • Allein in den unterversorgten Ländern fehlen mehr als sieben Millionen Ärztinnen, Ärzte, Krankenpflegekräfte und Hebammen. Und die WHO schätzt, dass dieser Fachkräftemangel in den nächsten Jahrzehnten auf fast 13 Millionen steigen wird. Und es sind diese Länder, die den Großteil der weltweiten Krankheitslast zu tragen haben. Die WHO sieht in 83 Ländern – das ist nahezu die Hälfte aller Länder weltweit – die Bevölkerung durch einen krisenhaften Fachkräftemangel im Gesundheitsbereich gefährdet. Ein krisenhafter Mangel besteht bei weniger als 228 Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräften und Hebammen auf 100.000 Einwohner*-innen. Zum Vergleich: In Deutschland sind es 1.500.

  • Liberia, Sierra Leone und Guinea gehören zu den Ländern mit den schlechtesten Gesundheitssystemen der ganzen Welt. Liberia hat mit nicht einmal einem Arzt/einer Ärztin auf 100.000 Menschen die geringste Ärztedichte weltweit und Sierra Leone liegt auf dem drittletzten Platz der WHO-Statistik. Seit Anfang 2014 breitet sich in diesen Ländern das Ebolavirus nahezu ungebremst aus. Wer hätte es auch daran hindern sollen?

  • Nach Berechnungen von Oxfam beträgt die jährliche Finanzierungslücke zur Erreichung von Universal Health Coverage – sprich einer allgemeinen Gesundheitsabsicherung – 419 Millionen USD für Sierra Leone, 279 Millionen USD für Liberia, 882 Millionen USD für Guinea und 132 Millionen USD für Guinea Bissau. Diese Länder brauchen zudem 420 Millionen USD um rund 42.000 Ärzte, Krankenschwestern und Hebammen auszubilden. Danach wären jährlich 297 Millionen USD erforderlich, um ihre Gehälter für 10 Jahre zu bezahlen.

Das Recht auf Gesundheit muss für jeden Menschen auf der Welt durchgesetzt werden. Dazu müssen die sozialen Ungleichheiten in den Ländern sowie die politischen Ungleichheiten in und zwischen den Ländern abgebaut werden. Die Gesundheitssysteme der Länder des Südens müssen umfassend und langfristig gestärkt werden. Hier stehen die Regierungen der reichen und armen Länder in der Pflicht, ihre finanziellen Mittel massiv zu erhöhen und effizienter einzusetzen. Nur so kann das Menschenrecht auf das erreichbare Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit für alle Menschen gewährleistet werden.