Bis zu 811 Millionen Menschen hungern weltweit – und mehr als zwei Milliarden Menschen haben nicht genug zu essen. Warum gibt es so viele hungernde Menschen auf der Welt?
1. Land und Hunger
Weltweit leiden Menschen Hunger. Ein Grund: Das Land ist sehr ungleich verteilt und wird immer knapper.
Dabei sind kleinbäuerliche Produzent*innen gleich mehrfach benachteiligt: Ihre Anbaufläche ist sehr klein und ihr Risiko, durch sogenanntes Landgrabbing vertrieben zu werden, ist hoch. Häufig kaufen oder pachten Investoren riesige Landflächen – ohne Rücksicht auf die Rechte der lokalen Bevölkerung. Statt für den Anbau von Nahrungsmitteln werden die Flächen dann für andere Zwecke genutzt.
Mehr lesen: Landgrabbing
2. Einkommen und Hunger
Armut und Hunger hängen eng zusammen: Wer in Armut lebt und wenig Geld verdient, hat häufig nicht genug zu essen. Plantagenarbeiter*innen – zum Beispiel im Teesektor, auf Ananas- Bananen- oder Traubenfarmen – beziehen buchstäblich nur Hungerlöhne und können sich nicht ausreichend Nahrungsmittel kaufen.
Auch kleinbäuerliche Produzent*innen hungern. Ihre Einnahmen vom Verkauf der Ernte reichen nicht aus, um übers Jahr Lebensmittel für die Familie zu kaufen, oder sie können ihr Getreide nicht lagern.
Mehr lesen:
- Wie gesund ist Tee für die Arbeiter*innen auf den Tee-Plantagen? (Tee-Studie 2019)
- Grenzenlose Ausbeutung: Wie Supermärkte von Hungerlöhnen und Akkordarbeit profitieren (2022)
3. Klimakrise und Hunger
Die Klimakrise verschiebt Regen- und Trockenzeiten, und immer häufiger zerstört extremes Wetter die Ernten. Fruchtbares Land geht durch Erosion, Versalzung und Wüstenbildung verloren.
Um Menschen in ihrem Leben mit der Klimakrise zu unterstützen, ist es zum Beispiel wichtig, agrarökologische Ansätze zu fördern und lokale Saatgutbanken aufzubauen. Die Saatgutbanken erleichtern die Verteilung von lokalem Saatgut. Wenn traditionelle Sorten eingesetzt werden, sind die Erträge stabiler, falls es zu Wasserknappheit, Starkregen oder Überflutungen kommt.
Mehr lesen: Stellungnahme zu Welternährung und Klimawandel
4. Agrosprit und Hunger
Auf Millionen von Hektar Land werden Pflanzen für Agrosprit („Biosprit“) angebaut. Dadurch steht immer weniger Fläche für die Produktion von Nahrungsmitteln zur Verfügung. Weltweit wird Ethanol mehrheitlich aus Mais und Agrodiesel vor allem aus Soja- und Palmöl hergestellt.
Von Kleinbäuer*innen genutzte Agrarflächen werden immer häufiger von privaten Investoren aufgekauft. Nahrung, die eigentlich auf den Teller gehört, landet im Tank. Und die Lebensmittelknappheit steigt.
5. Geschlechtsidentität und Hunger
Frauen und LGBTQIA* -Personen sind weltweit besonders von Hungerkrisen betroffen. Weil sie durch ihre geschlechtliche Identität oder sexuelle Orientierung ausgeschlossen und diskriminiert werden, haben sie oft weniger Zugang zu Land, Bildungsangeboten, Beratungsdiensten und Krediten als Männer. Ihre Fähigkeiten und ihr Wissen werden häufig nicht anerkannt und auch das Minimum an Menschenrechten wird ihnen nicht immer selbstverständlich zugestanden. LGBTQIA* -Personen sind oftmals durch Stigmatisierungen noch stärker von Gesundheits- und Unterstützungsangeboten ausgeschlossen.
Außerdem verrichten Frauen, Mädchen und LGBTQIA* - Personen viel häufiger unbezahlte Sorgearbeit, wodurch sich das Risiko von Armut und Hunger betroffen zu sein erhöht. Die COVID-19-Pandemie hat dies teilweise noch drastisch verschärft.
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6. Böden und Hunger
Die Qualität von Böden verschlechtert sich massiv. Weltweit ist fast die Hälfte aller Böden betroffen. Die fruchtbare Bodenschicht (Humusschicht) wird immer dünner und es wird schwieriger, Nahrungsmittel anzubauen. Der Grund: Die Landwirtschaft, insbesondere die industrielle Landwirtschaft, vernachlässigt die Böden.
Agrarökologische Systeme hingegen fördern die Vielfalt über und unter der Erde. Die Böden können besser Wasser aufnehmen und speichern, die Pflanzen können tiefer wurzeln. Wenn eine Vielfalt von Pflanzen angebaut und der Boden nach der Ernte mit Ackerwildkräutern bepflanzt wird, wird Humusaufbau möglich. Ökologisch nachhaltige Landwirtschaft ist daher unverzichtbar, um Hunger langfristig und nachhaltig abzubauen.
Mehr lesen: Kleinbäuerliche, ökologisch nachhaltige Landwirtschaft
7. Konzernmacht und Hunger
Immer weniger, dafür immer größere Konzerne (beispielsweise Bayer-Monsanto, BASF, Nestlé oder EDEKA) kontrollieren die Märkte – vom Acker bis zur Ladentheke. Bäuerliche Produzent*innen und Arbeiter*innen sind der „Marktmacht“ der Konzerne weitestgehend machtlos und schutzlos ausgeliefert.
Wer die Macht hat, kann auch die Politik in seinem Sinne beeinflussen. Die Folge: Landgrabbing, Ackergifte, Umweltschäden und die Zerstörung lokaler Ernährungssysteme.
Mehr lesen: Konzernmacht
8. Spekulation und Hunger
Wenn Finanzakteure auf Preise von Agrarrohstoffen spekulieren, treiben sie damit die Preise für Nahrungsmittel in die Höhe. Darunter leiden vor allem Menschen aus einkommensschwachen Ländern, die bis zu 80 Prozent ihres Monatseinkommens für Essen ausgeben.
Explodieren die Preise für Nahrung, kann sich eine Krise wie 2008 wiederholen, als die Zahl der Hungernden weltweit auf über eine Milliarde Menschen stieg. Profitiert haben indes Agrarkonzerne wie Cargill, die Wetten auf steigende Preise abgeschlossen hatten.
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9. Fleisch und Hunger
Die industrielle Tierhaltung verursacht nicht nur klimaschädliche Treibhausgase. Der Fleischkonsum der einen verschärft den Hunger der anderen: Weltweit werden 56 Prozent der Maisproduktion und 19 Prozent der Weizenproduktion als Futtermittel verwendet. Der Anbau von Soja in Monokulturen zerstört Wälder und die natürlichen Lebensgrundlagen von indigenen und ländlichen Gemeinschaften.
Mehr lesen: Oxfam-Positionspapier „Die EU exportiert, die Welt hungert“
10. Vorsorge vor Hungersnöten
Es gibt oft keine strukturierte Vorsorge vor Hungerkrisen. Beispielsweise könnten Regierungen Hungersnöten vorbeugen, indem sie gemeinsam ausreichend Nahrungsmittelreserven aufbauen. So könnte man dafür sorgen, dass die Bevölkerung in Krisen-gefährdeten Ländern genug zu essen hat.
Mehr lesen: Welternährung – elf Schritte für eine Zukunft ohne Hunger
Aktuell: Corona und Hunger
Massenarbeitslosigkeit, unterbrochene Nahrungsmittelversorgung und weniger Hilfsgelder: Die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie verschärfen in vielen Ländern das bestehende Hunger-Problem. Im Jahr 2020 befanden sich mindestens 155 Millionen Menschen am Rande des Verhungerns. Frauen und Haushalte, bei denen Frauen die Haupternährerinnen sind, sind besonders stark von Hunger bedroht.
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Langfristig Hunger stoppen
Damit Menschen keinen Hunger leiden müssen, ist Oxfam weltweit aktiv und geht dabei verschiedene Wege:
Während Krisen und Katstrophen sind wir vor Ort und leisten akute Nothilfe.
So haben wir beispielsweise nach dem Zyklon Idai im Süd-Osten Afrikas Wasser, Nahrung und sanitäre Einrichtungen bereitgestellt.
Im krisengeschüttelten Jemen unterstützen wir die Menschen bereits seit über 30 Jahren. Dort verteilen wir beispielsweise Bargeld, mit dem Familien Nahrungsmittel und andere lebenswichtige Güter kaufen können.
Damit Menschen weltweit auch aus eigener Kraft die Ursachen des Hungers bekämpfen können, helfen wir ihnen dabei, langfristige Maßnahmen umzusetzen.
So bauen wir in Burkina Faso beispielsweise mit erfahrenen Partnern vor Ort Getreidespeicher, die nach der Ernte gefüllt werden können. Wenn Essen knapp und teuer wird, kann günstiges Getreide aus dem Speicher erworben werden.
In Mali verteilen wir widerstandsfähiges Saatgut, das trotz Dürren und Überflutungen Ernten abwirft. Außerdem schulen wir die Menschen in ökologisch nachhaltigen Anbaumethoden.
Darüber hinaus setzen wir uns politisch dafür ein, langfristige Lösungen zu schaffen, um die Menschen vor Hunger zu schützen.
So fordern wir von der Bundesregierung, Agrarökologie in einkommensschwachen Ländern zu stärken – damit Menschen die Möglichkeit haben, sich selbst zu ernähren und sich gleichzeitig an die Klimakrise anpassen können.
Um die Klimakrise aufzuhalten, setzen wir uns für weltweiten Klimaschutz ein.
Außerdem fordern wir Olaf Scholz dazu auf, das Lieferkettengesetz zu verschärfen, damit deutsche Unternehmen verpflichtet werden, auch im Ausland Menschenrechte zu achten. So kann sichergestellt werden, dass die Menschen vor Ort angemessen entlohnt werden, um ausreichend Nahrungsmittel zu erwerben.
Was können Sie tun, um den Hunger in der Welt zu stoppen?
Unterstützen Sie uns beim Kampf gegen den Hunger. Wie? Machen Sie mit bei unseren politischen Aktionen oder unterstützen Sie unsere Arbeit mit einer Spende. Schon ein kleiner Beitrag kann Großes bewirken.
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