Eigentlich sind es die gleichen Ursachen, aber sie zeigen sich anders, dramatischer. Viele Mädchen haben nicht die Chance, zur Schule zu gehen, weil sie im Haushalt helfen müssen. Viele Frauen können kein eigenes Geld verdienen, keinen eigenen Plänen nachgehen, weil sie kochen, Wasser holen, Feuerholz sammeln, Kranke pflegen, sich um die Kinder kümmern. Die Liste ist lang. Noch immer herrschen in vielen Ländern der Welt Rollenbilder vor, die für Frauen und Mädchen den Großteil der Haus-, Pflege- und Fürsorgearbeit vorsehen.

Würde man diese Arbeit mit dem Mindestlohn bezahlen...

... läge der Gegenwert bei jährlich elf Billionen US-Dollar im Jahr – 24-mal mehr als Apple, Google und Facebook in dieser Zeit zusammen verdienen.

Die Klimakrise, hauptsächlich von wirtschaftlich priviligierten Ländern verursacht, verschärft diese Situation noch. Durch die verheerenden Dürren wie in Ostafrika müssen Frauen und Mädchen dort täglich weite Strecken laufen, um Wasser zu holen. Andernorts haben Überschwemmungen ganze Landstriche und große landwirtschaftliche Flächen vernichtet. Die Versorgung der Familie wird für die Frauen dadurch noch schwieriger, noch  zeitaufwendiger.

Die Chancen und Fähigkeiten, die Mädchen und Frauen mitbringen, versiegen in dieser Arbeit zu Hause. Dabei haben sie große Träume und wollen vielfältige Berufe erlernen. Sie sind potenzielle Ärztinnen, Lehrerinnen oder Unternehmerinnen, die am Ende dazu beitragen könnten, die drängenden Probleme unserer Zeit zu bewältigen. Stattdessen leisten sie Stunden um Stunden unbezahlte Arbeit im Haushalt.

Fast zwei Drittel aller Analphabet*innen sind Frauen – ganze 502 Millionen

Die Förderung von Geschlechtergerechtigkeit ist eines der zentralen Themen, denen sich Oxfams weltweite Arbeit verschreibt. Gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen unterstützen wir Frauen und Mädchen dabei, ihre Rechte einzufordern, selbstbestimmt zu handeln und eigenes Geld zu verdienen.

Indonesien: Wissen weitergeben und anderen helfen

Hinter sich kreuzenden Fäden und prächtigen Farben sitzt Adriana Metkono an ihrem Webstuhl. Das Muster, das sie in den Schal webt, ist kein Zufall. Jedes Dorf hier an der nördlichen Küste Indonesiens besitzt sein eigenes Webmuster, das Weben von Stoffen hat in dem Inselstaat eine lange Tradition.

Adriana sitzt im Schneidersitz auf einer bunten Unterlage auf dem Boden und lächelt in die Kamera. Im Hintergrund sind die Frauen aus ihrer Frauengruppe dabei Teppiche zu weben. Hinter ihnen hängen auf Wäscheleinen fertige Teppiche.
Adriana Metkono leitet die Frauengruppe ihres Dorfes. Gemeinsam weben sie Stoffe und unterstützen sich darin, ihre Familien zu versorgen. *Oxfam dankt der australischen Regierung für ihre Unterstützung durch das Australian NGO Cooperation Program (ANCP).

„Gewebt haben die Frauen hier schon immer“, sagt Adriana. „Aber es gab kein System und kaum Möglichkeiten, damit Geld zu verdienen.“ Und Geld verdienen muss sie.

Es ist ein schönes Gefühl, eigenes Geld zu verdienen.
Adriana Metkono

Die einzigartige geografische Lage macht die Bevölkerung und ihre Lebensgrundlagen anfällig für den durch die Klimakrise verursachten Anstieg des Meeresspiegels und Katastrophen wie Erdbeben und Tsunamis. Wie viele Menschen in ihrem Dorf haben auch Adriana und ihr Mann ihren Lebensunterhalt in der Landwirtschaft verdient. Aber das wird immer schwieriger. Mehr und mehr Flächen sind regelmäßig überflutet, Wetterextreme werden häufiger. Adrianas Mann hat sich deshalb einen zusätzlichen Job in der Ziegelherstellung gesucht – eine harte Arbeit, die schlecht und unregelmäßig bezahlt wird. Sie erzählt:

Das Geld kommt erst, wenn die Ziegel fertig gebrannt sind. Das dauert drei bis vier Monate.

Ihre Kinder mussten zu Hause bleiben, das Schulgeld konnte sich die Familie nicht mehr leisten.

Aber Adriana hat eine Idee

Gemeinsam mit anderen Frauen aus ihrem Dorf gründete sie eine Frauengruppe, die sich in der Kinderbetreuung unterstützte, den Männern auf den Feldern und bei Arbeiten rund um den Hof half und die gemeinsam webte, um die fertigen Stoffe zu verkaufen. Alles, um die Haushaltskasse aufzufüllen. „Erst lief alles ziemlich chaotisch“, lacht sie. „Wir hatten keine Ahnung, welches Gemüse in dem sich verändernden Klima gut wächst und welche Preise wir für unsere Stoffe verlangen konnten.“

Gemeinsam mit der lokalen Partnerorganisation YAKIBU hat Oxfam die Frauen in Geschäftspraktiken, Design und Marketing geschult. Seitdem konzentriert sich die Gruppe fast ausschließlich aufs Weben, weil das Einkommen hier am sichersten und unabhängig von Jahreszeiten und den Klimaveränderungen ist. Und Adriana kann stolz berichten:

Vorher haben wir unsere Stoffe nur im Dorf verkauft, jetzt bieten wir sie auch über Facebook und Whatsapp an und sogar auf verschiedenen Märkten in der Region

Neue Wege gehen

In vielen Ländern überall auf der Welt stärkt Oxfam Frauen und Mädchen, damit sie an allen wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Aspekten ihres Lebens teilhaben können. Das ist ein langer Weg, der
oft damit anfängt, dass Frauen wirtschaftlich unabhängig werden.

Indem sie eigenes Geld verdienen und ihre Kinder, auch ihre Töchter, zur Schule schicken können, durchbrechen Adriana und die Frauen ihrer Gruppe den Teufelskreis geschlechtsspezifischer Benachteiligung.
Sie selbst hatten keine Chance, einen Beruf zu erlernen und ihren Träumen nachzugehen. Aber ihre Töchter sollen diese Chance haben:

Meine Tochter möchte Lehrerin werden. Mit dem Geld, das ich verdiene, kann ich sie jetzt dabei unterstützen.

Unterstützen Sie unsere Arbeit, damit wir uns für Geschlechtergerechtigkeit stark machen und alle Menschen ihre Träume leben können:

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4 Kommentare

Vielen Dank für die Einblicke in die tollen Projekte, die OXFAM unterstützt. Ich habe den Eindruck, dass das für die Frauen und ihre Familien einen echten Unterschied macht. Großen Dank dafür!

Worüber ich allerdings immer wieder stolpere, wenn ich derartige Berichte lese, ist der Stellenwert, den das Geldverdienen einnimmt. Ich weiß natürlich, dass das Vorhandensein von Geld vieles erst möglich macht, aber ich frage mich, ob es auf lange Sicht und vielleicht sogar grundsätzlich darum geht, dass sich die Strukturen des Miteinanders verändern. Dass Menschen erleben, dass wechselseitige Unterstützung und gemeinsames Lernen etwas verändern kann. Dass eine Gruppe, die an einem Strang zieht, viel mehr bewegen kann als eine Person allein. Dass es also (mindestens auch) um Werte jenseits des Geldes geht.

Vielleicht bin ich da ein bisschen zu romantisch veranlagt, aber ich würde mir wünschen, dass wir alle zusammen Wege finden, in denen nicht Geld das Maß der Anerkennung und das Mittel zum Überleben ist, sondern die lebendigen Beziehungen, die wir mit andern Menschen und in Gemeinschaften aufbauen und unterhalten.

Nichtsdestotrotz vielen Dank für die Berichterstattung und die Arbeit vor Ort!

Hallo Susanne,

vielen Dank für Ihre konstruktiven Gedanken.
In unserer Zusammenarbeit geht auch um Werte jenseits des Geldes. Es geht um ein soziales Miteinander und gemeinsame Entscheidungen, um Wertschätzung von Kompetenzen und Arbeit, die nicht mit Geld aufgewogen wird.

Wir können in unserer Projektarbeit beispielsweise häufig beobachten, dass Frauen, die miteinander arbeiten und eine Spar-Gruppe bilden, einen größeren Einfluss in ihren Familien und in den sozialen Gemeinschaften ausüben können. Sie entscheiden nun mit, wofür das Haushaltseinkommen ausgegeben wird: Z.B um ihren Töchtern den Besuch einer weiterführenden Schule zu ermöglichen, für eine kostenpflichtige Entbindung im Krankenhaus oder für die Reparatur des Dachs. Sie sind durch die gegenseitige Unterstützung und wirtschaftliche Stärkung einfach sicht- und hörbarer. Frauen, die beweisen, was sie außerhalb der traditionell zugeschriebenen Aufgaben erreichen können, werden anders wahrgenommen. Wir können mehr Mitsprache von Frauen in ihren Familien, Dörfern und im Gemeindeleben beobachten und es wird auch sichtbar, dass sie sich, durch die Projektaktivitäten bestärkt, für ein besseres Miteinander einsetzen. Auch wenn ein damit einhergehender Rollenwandel manchmal zunächst skeptisch beäugt wird, berichten viele Frauen davon, dass sie nun in ihren Gemeinschaften respektiert und ernstgenommen werden. Sie werden auf diese Weise ebenfalls zu Vorbildern, sie geben ihr Wissen weiter und motivieren andere Frauen dazu, ihre Perspektiven einzubringen und so gesellschaftlichen Wandel mitzugestalten.

Liebe Grüße vom Oxfam-Team

Sie leisten eine so wunderbare Arbeit! Ich bin OXFAM sehr dankbar und wünsche allen hier vorgestellten Menschen und ihren Projekten von Herzen viel Erfolg!

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