Franziska Rötzsch hat unseren Klimaexperten Jan Kowalzig gefragt, warum ein gerechtes Wirtschaftssystem nicht ohne Klimagerechtigkeit auskommt und was wir dafür tun müssen:

Franziska Rötzsch: Wieso ist die Klimakrise ein Thema für Oxfam?

Jan Kowalzig: Die reichsten zehn Prozent der Weltbevölkerung, und dazu gehören immerhin knapp die Hälfte aller Deutschen, sind für mehr als die Hälfte der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich. Auswirkungen der Erderhitzung sind zum Beispiel heftigere Stürme, Überschwemmungen, extremere Dürren, Ernteausfälle oder der steigende Meeresspiegel. Sie verschärfen Hunger und Armut vor allem in wirtschaftlich benachteiligten Ländern, wo die Menschen kaum oder gar nichts zu der Klimakrise beigetragen haben. Das verschärft bestehende Ungerechtigkeiten weiter. Wenn die Bundesregierung beim Klimaschutz bremst, nimmt sie dabei wissend in Kauf, dass sie damit anderswo Lebensgrundlagen zerstört. Und auch aus ihrer Verantwortung, die Länder mit geringem Einkommen bei Klimaschutz und Anpassung an die klimatischen Veränderungen ausreichend zu unterstützen, stiehlt sich die Bundesregierung immer wieder davon.

Warum ist ein gerechtes Wirtschaftssystem ohne Klimagerechtigkeit nicht denkbar?

Einer der Grundpfeiler unseres gegenwärtigen Wirtschaftssystems sind Produktion und Konsum auf Kosten von Menschen anderswo und von zukünftigen Generationen. Das gilt für die Ausbeutung und Zerstörung von Ökosystemen allgemein, insbesondere aber auch für das Weltklima. Es bringt also nichts, die ökonomischen Ungerechtigkeiten unseres Wirtschaftssystems zu beseitigen, wenn wir dabei trotzdem den Planeten verbrennen. Ein Wirtschaftssystem ist nur gerecht, wenn es innerhalb der ökologischen Grenzen unseres Planeten bleibt und sicherstellt, dass alle Menschen gleichermaßen durch die Nutzung der begrenzten Ressourcen ihr Recht auf ein Leben in Würde und frei von Armut wahrnehmen können. Eine kleine Minderheit darf ihren zerstörerischen Wohlstand nicht auf Kosten anderer beanspruchen. Das gilt auch für die begrenzte Menge an Treibhausgasen, die die Atmosphäre aufnehmen kann, ohne dass die Erderhitzung katastrophale Ausmaße annimmt. Weil dieses Budget nahezu aufgebraucht ist, ist ein Wirtschaftssystem erst dann gerecht, wenn es in zwanzig Jahren unterm Strich keine Treibhausgase mehr verursacht.

Wie ist das zu schaffen?

Klimagerechtigkeit erfordert, dass alle Menschen oder Länder zur Bewältigung der Klimakrise beitragen, und zwar abhängig von ihrer Verantwortung für das Entstehen dieser Krise und von ihren jeweiligen Möglichkeiten. Die wirtschaftlich privilegierten Länder müssen ihre Emissionen also deutlich schneller auf null reduzieren, damit einkommensschwache Länder mehr Flexibilität haben, insgesamt aber die globale Erwärmung nicht die wichtige 1,5°C-Schwelle übersteigt. Es bedeutet aber auch, dass wirtschaftlich privilegierte Länder einkommensschwache Länder bei der Bewältigung der Klimakrise finanziell angemessen unterstützen müssen. Auch beim Klimaschutz in Deutschland ist unverzichtbar, dass die Transformation hin zu null Emissionen sozial gerecht abläuft. In Deutschland sind die reichsten zehn Prozent der Menschen für fünfzehnmal mehr Treibhausgase pro Kopf und Jahr verantwortlich als die ärmsten zehn Prozent. Das zeigt deutlich, wo man ansetzen muss.

Klimakrise treibt Menschen in die Flucht

„Der Regen wurde immer weniger und weniger, und es ist jetzt viel heißer als früher“, sagt Amina Ibrahim. Bis 2017 lebte die Mutter von zwölf Kindern in Qararo im Osten Äthiopiens. 150 Schafe und 15 Kamele gehörten zum Viehbestand der Familie. „Wir haben Tiere aufgezogen, sie verkauft, um davon das zu kaufen, was wir brauchten. Wir hatten auch Wasser. Uns hat es an nichts gemangelt“, erinnert sie sich. Mit der langanhaltenden Dürre 2017 wurde alles anders. Amina Ibrahims Tiere starben, die Familie musste fliehen. Heute lebt sie in der äthiopischen Zone Jarar, wo Oxfam die Menschen mit Essen, Trinkwasser und Hygienemaßnahmen unterstützt. Dort versucht sie, sich ein neues Leben aufzubauen. 

Amina Ibrahim läuft einen Sandweg entlang, der von Zäunen - bestehend aus Weidenästen - begrenzt ist. In beiden Händen hält sie gelbe Wasser-Kanister.
Amina Ibrahim berichtet darüber, wie die Folgen der Klimakrise ihr Leben verändert haben

 

 

6 Kommentare

Keine Frage, der Klimawandel muss gestoppt werden, und zwar vor allem durch die - verursachenden - Industrieländern.
Aber 12 Kinder pro Frau, das geht auch nicht.

Dem kann ich nur zustimmen. Aber man muss auch die Ursachen für diese hohe Anzahl an Kindern im Blick behalten. Je reicher eine Bevölkerung wird, desto niedrigerer fällt die Geburtenrate aus. Hinzu kommt, dass bei sehr armen Familien die Kinder unverzichtbare, "kostenlose" Mitarbeiter sind. Und des Weiteren mangelt es glaube ich auch an Verhütungsmöglichkeiten in diesen Armen Ländern und Spaß möchten die Menschen dort ja schließlich auch haben. Deswegen lautet meiner Meinung nach auch hier die Devise: Armut bekämpfen, Aufklärungsarbeit betreiben und dann sollte auch dort die Geburtenrate fallen.

Als Mitglied der Fairtradegruppe Montabaur muß ich Dir voll recht geben, es fängt beim Einzelnen an und das ist schwer genug
wir versuchen jetzt an junge Leute in den Sculen Projekte anzubieten, denn wir glauben es bruacht mehr wissen über das Konsumsystem.
Danke für Deine Überzeugung und alles gute
detlef kobold

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