Gastarbeiterkind, Feministin, Vorstandsvorsitzende
Was Armut und Ungleichheit bedeuten, hat Serap Altinisik selbst erlebt: „Meine Eltern sind als Gastarbeiter*innen aus der Türkei nach Deutschland eingewandert. In der Lateinklasse meines Gymnasiums kam ich als einzige aus dem Arbeitermilieu und wenn meine Mutter zu Aldi gegangen ist, war mir das immer peinlich.“ Sie will zeigen, dass Armut nichts ist, wofür die Betroffenen sich schämen müssen.
Doch je weiter die Schere zwischen Arm und Reich auseinanderklafft, desto geringer ist die Chance, der Armut zu entkommen. Das Ausmaß verdeutlichen Zahlen aus Oxfams aktuellem Ungleichheitsbericht: „Zehn Milliardäre besitzen so viel wie 200 Millionen afrikanische Frauen zusammen! Dass einige Wenige immer mehr Reichtum anhäufen, während jeder zehnte Mensch auf der Erde hungert, ist ein Skandal!“
Bereits in ihrer Jugend fand Serap Altinisik zum Feminismus und eine der ersten Stationen ihrer Karriere war die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes. Mädchen und Frauen kommen für sie immer an erster Stelle: „Das Gewaltmonopol ist nach wie vor in den Händen von Männern – mit oft fatalen Auswirkungen. In Krisen bekommen Mütter und Töchter oft zuletzt etwas zu essen, Mädchen werden von der Schule genommen oder zwangsverheiratet und sind häufiger von sexueller Ausbeutung betroffen. Gemeinsam können wir das ändern. Mädchen und Frauen werden immer stärker. Dabei müssen wir sie unterstützen, wie auch alle anderen, die diskriminiert und an den Rand gedrängt werden.“
Oxfams Arbeit hat die ehemalige Leiterin des EU-Büros von Plan International in ihrer Zeit in Brüssel zu schätzen gelernt: „Oxfam ist eine Organisation, die fest hinter ihren Werten und Prinzipien steht, etwa beim Thema Migrationspolitik oder beim Lieferkettengesetz. Auch in der Nothilfe hat Oxfam große Expertise und kann gemeinsam mit lokalen Partnerorganisationen schnell lebensrettende Unterstützung leisten.“
Lokale Führung
Wichtig ist ihr auch das Ziel des internationalen Oxfam-Verbunds, mehr Macht an Organisationen in wirtschaftlich benachteiligten Ländern abzugeben: „Eine gerechte und nachhaltige Welt ohne Armut können wir nur erreichen, wenn in der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe diejenigen den Ton angeben, die in den betroffenen Ländern leben. Sie haben die größte Expertise, werden aber häufig am wenigsten gehört.“
Führung nach feministischen Prinzipien
Dass alle ihren Fähigkeiten entsprechend teilhaben und gehört werden, ist auch ein wichtiges Prinzip feministischer Führungskultur, die Serap Altinisik weiter vorantreiben will. Gemeinsam mit ihr macht sich Oxfam Deutschland auf den Weg zu einer diverseren Organisation, die für die Herausforderungen dieser und kommender Zeiten gut gewappnet ist.
Kurzvita Serap Altinisik
Serap Altinisik startete ihre berufliche Karriere an der Führungsakademie Hannover. Ihr Werdegang führte sie von Terre des Femmes über verschiedene europäische Organisationen bis zu Plan International, wo sie zuletzt das EU-Büro leitete.
Sie hat unter anderem ein Buch über Gewalt gegen Frauen veröffentlicht. Sie engagiert sich als Vorstandsmitglied bei Women in Development und ist von Beginn an aktives Mitglied im Action Circle von Fair Share of Women Leaders. Im Februar 2023 hat Serap Altinisik den geschäftsführenden Vorstandsvorsitz von Oxfam Deutschland e.V. übernommen.