Innerhalb von drei Jahren sind die Nahrungsmittelpreise auf den Weltmärkten zwei Mal in die Höhe geschossen. Die Preisschwankungen haben zugleich deutlich zugenommen. Maßlose Spekulationen mit Agrarrohstoffen – oft Grundnahrungsmittel, wie etwa Mais und Weizen – sind für die starken Preissprünge der letzten Jahre mitverantwortlich und tragen so zu globalen Nahrungsmittelkrisen bei.
Was geschieht an den Börsen?
Bei der Spekulation gehen Finanzakteure, wie Banken, Hedgefonds, Pensions- und Staatsfonds, bewusst Risiken ein, indem sie auf steigende oder fallende Nahrungsmittelpreise setzen, in der Hoffnung, schnell hohe Gewinne zu erzielen. Seit Anfang 2000 zeichnet sich ein deutlicher Trend der zunehmenden Spekulation mit Nahrungsmitteln ab. In der Presse wird seit der Nahrungsmittelkrise 2008 offensiv geworben, Geld auf den (Agrar-) Rohstoffmärkten anzulegen. Investitionen in Rohstoffindexfonds stiegen in den Jahren 2003 bis 2008 von 13 Mrd. US$ auf 317 Mrd. US$.
Was hat das für Folgen?
Die Weltagrarmärkte sind „finanzialisiert“, das heißt: Die Gesetzmäßigkeiten der Finanzmärkte und die Motive der Finanzakteure bestimmen und treiben immer mehr die Preise von Nahrungsmitteln wie Weizen, Mais, Soja, Zucker, Kaffee und Kakao. Auch die Spekulation mit Erdöl treibt die Nahrungsmittelpreise, da die industrielle Landwirtschaft sehr stark chemisch-synthetische Beiz- und Spritzmittel sowie Kunstdünger einsetzt. Wenn Preise explodieren und Nahrungsmittel unbezahlbar werden, können sich in Armut lebende Menschen ihre tägliche Mahlzeit nicht mehr leisten und müssen hungern. Für notwendige Arztbesuche oder Schulgebühren ihrer Kinder bleibt dann erst recht nichts übrig.
Ein Beispiel:
Laut Studien der Weltbank, der UNCTAD und des International Food Policy Research Institute (IFPRI) trieben Finanzspekulanten in den Jahren 2007/2008 die Getreidepreise in die Höhe. In Äthiopien stiegen die Maispreise um 100 Prozent, in Uganda um 65 Prozent und in Tansania um 54 Prozent. Die Weizenpreise stiegen in Somalia um 300 Prozent, im Senegal um 100 Prozent und im Sudan um 90 Prozent. Nahrungsmittel wurden für viele Familien unbezahlbar. Die rasant steigenden Preise für Lebensmittel führten zu Hungerprotesten in 61 Ländern. Die Zahl der Hungernden stieg um mehr als 100 Millionen und überschritt im Jahr 2009 erstmals die Rekordmarke von einer Milliarde Menschen.
Politischer Wille ist gefordert
Zocken mit Agrarrohstoffen ist unverantwortlich und gefährdet die Versorgung der Weltbevölkerung mit Nahrungsmitteln. Deshalb ist ein strenges Regelwerk erforderlich, um übertriebene Spekulationen einzudämmen und dadurch zukünftige Hungerkrisen zu vermeiden.
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Mehr Hintergrundinformationen
- Hat Hunger nicht andere Ursachen als die Spekulation mit Nahrungsmitteln?
- Hat sich etwas an der Form der Spekulation geändert?
- Verändern die Geschäfte an den Warenterminmärkten überhaupt die realen Preise für Agrargüter auf den physischen Märkten?
- Wie lassen sich in der Realität Termingeschäfte zur Preisabsicherung von jenen der reinen Spekulation trennen?
- Würde eine stärkere Regulierung die Märkte nicht austrocknen lassen?
- Auch die Preise von Nahrungsmitteln wie Reis, die kaum an den Börsen gehandelt werden, schwanken in den letzten Jahren stärker. Belegt das nicht, dass die Spekulation nicht die Ursache für volatile Preise sein kann?
- Gibt es überhaupt einen Zusammenhang zwischen den Weltmarktpreisen und den Preisen auf den lokalen Märkten insbesondere im globalen Süden?
- Sind steigende Preise nicht von Vorteil für die Bauern?