Eine Welt ohne Hunger ist keine Utopie!
Schon heute könnten alle Menschen auf der Welt satt werden, da genügend Nahrung für alle vorhanden ist. Gleichberechtigten Zugang zu Nahrungsmitteln und Ressourcen wie Wasser und Land zu schaffen, ist deshalb Ziel von Oxfams Kampagne „Mahlzeit!“ (englisch: GROW).
Menschen in mehr als 40 Ländern auf der Nord- und der Südhalbkugel beteiligen sich mit Aktionen und Initiativen an der internationalen Kampagne – zahlreiche dieser Menschen sind direkt von Problemen wie steigenden Nahrungsmittelpreisen oder den Folgen des Klimawandels betroffen. Viele von Oxfams Partnerorganisationen haben sich im Rahmen der Kampagne „Mahlzeit!“ vernetzt und können so ihre Anliegen noch wirkungsvoller vertreten.
Für Oxfam Deutschland stand 2012 eine Eindämmung der Spekulation mit Nahrungsmitteln im Fokus der Kampagne „Mahlzeit!“. Die Regulierung der Finanzmärkte ist ein wichtiges globales Thema, denn um ihre Ernährung zu sichern, müssen Menschen Nahrungsmittel zu erschwinglichen Preisen kaufen können und gleichzeitig ein angemessenes Entgelt für ihre Arbeit bekommen.
Damit Familien sich von den Erträgen ihrer Felder und Gärten ernähren können, unterstützen wir sie mit konkreten Projekten bei einer nachhaltigen Landwirtschaft. Wichtige Maßnahmen sind beispielsweise die Sicherung der Bewässerung in Dürrezeiten, der Schutz natürlicher Ressourcen oder die Einführung von Saatgut, das an die veränderten klimatischen Bedingungen angepasst ist.
„Mahlzeit!“-Kampagne: Mit Essen spielt man nicht!
AnzeigenHunger ist kein isoliertes Problem armer Länder. 2012 setzte Oxfam Deutschland sich intensiv mit Spekulationen auf Nahrungsmittelpreise auseinander. Unsere Recherchen ergaben, dass solche Börsengeschäfte Preisschwankungen auslösen können. Während die einen so Profite machen, können Menschen in anderen Teilen der Welt sich ihr Essen nicht mehr leisten.
Über die verheerenden Auswirkungen der Nahrungsmittelspekulation klärten wir öffentlich auf und brachten so fünf deutsche und österreichische Banken zum Ausstieg aus dem Geschäft mit dem Hunger. Mit der Allianz und der Deutschen Bank zeigten sich die Hauptakteure allerdings uneinsichtig.
Gemeinsam mit weiteren Organisationen forderten wir deshalb von Finanzminister Schäuble eine stärkere Regulierung des Terminhandels mit Nahrungsmitteln, wirksame Kontrollen und mehr Transparenz an den Rohstoffbörsen. 240.000 Menschen unterschrieben unseren Aufruf, den wir im März 2013 an das Bundesfinanzministerium übergaben.
Mehr als 30.000 Unterschriften sammelten allein die ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen in den Oxfam Shops. Auch rund 10.000 Besucher/innen des Münchener Tollwood-Festivals unterschrieben den Appell. Viele von ihnen informierten sich in Oxfams „Mahlzeit!“-Ausstellung, die seit Januar 2012 in verschiedenen deutschen Städten gezeigt wird, über die Kampagne.
Viel Resonanz fand auch unser Spot „Mit Essen spielt man nicht!“, der 20.000-mal auf YouTube angeklickt wurde und den Viral Video Award 2012 in der Kategorie „Best Political Viral“ gewann.
All dies hat mit dazu beigetragen, dass sich das Europäische Parlament für eine stärkere, wenn auch nicht lückenlose Regulierung der Rohstoffspekulation aussprach. Das deutsche Finanzministerium unterstützt mehrere unserer Vorschläge.
Kampagne: Die Allianz bleibt Nummer Eins im Geschäft mit dem Hunger
AnzeigenRund elf Milliarden Euro hatten deutsche Banken und Versicherungen 2011 in Agrarrohstoffen angelegt, ein Sechstel des Anlagevolumens weltweit. Mehr als sechs Milliarden davon investierte allein die Allianz.
Zu deren Aktionärs-Hauptversammlung am 9. Mai 2012 veröffentlichte Oxfam Deutschland die Studie „Mit Essen spielt man nicht! – Die deutsche Finanzbranche und das Geschäft mit dem Hunger“ und stellte auf der Versammlung einen Antrag gegen die Entlastung des Vorstandes.
Aufgrund eines gewaltigen Medien-Echos zeigte sich die Allianz zu Gesprächen mit Oxfam bereit. Obwohl der Konzern unsere Vorwürfe nicht entkräften konnte, weigerte er sich jedoch, Zusammenhänge zwischen der Spekulation und steigenden oder schwankenden Nahrungsmittelpreisen anzuerkennen.
Das ganze Jahr 2012 über drängten wir die Versicherung zum Ausstieg aus dem Geschäft mit dem Hunger. Dazu mobilisierten wir auch zahlreiche Allianz-Kund/innen.
Andere Unternehmen sind einsichtiger als die Allianz: Drei Versicherungen konnten wir 2012 mit unserer Kampagne dazu bewegen, auf die Spekulation mit Rohstoffen zu verzichten.
Bericht: Eine Milliarde Menschen mehr könnten satt werden!
AnzeigenWenn Investoren im großen Stil fruchtbares Land aufkaufen oder pachten, um es für ihre Zwecke zu nutzen, werden Familien, die von den Erträgen dieses Landes gelebt haben, oft ohne Entschädigung vertrieben. Das bezeichnet man als „Landgrabbing“.
Agrarland von fast sechsmal der Größe Deutschlands ging im letzten Jahrzehnt auf diese Weise für die einheimische Nahrungsmittelproduktion verloren; ein Großteil davon liegt in Afrika. Die Fläche würde ausreichen, um eine Milliarde Menschen zu ernähren. Der im Oktober 2012 veröffentlichte Oxfam-Bericht „Our Land, Our Lives“ zeigt, dass mehr als 60 Prozent des Landgrabbings in Staaten geschieht, die bereits schwer von Hunger betroffen sind.
Oxfam fordert von der Weltbank als einem der größten Akteure, Investitionen in Landkäufe einzufrieren. 2012 trafen wir uns deshalb mehrmals zu Gesprächen, unter anderem mit der deutschen Exekutivdirektorin, Ingrid Hoven, die sich offen für unser Anliegen zeigte. Auch 2013 werden wir weiter auf die Weltbank einwirken, ihre Investitionspolitik zu ändern.
Bericht "Our Land Our Lives" (englischsprachig)
Bericht: Biosprit ist Hungersprit
AnzeigenAuch wenn das Wort „Biosprit“ nach Umweltschutz und Nachhaltigkeit klingt: Agrarkraftstoffe haben weder eine bessere CO2-Bilanz als herkömmliches Benzin, noch verbessern sie die Situation von Menschen in armen Ländern. Im Gegenteil – der im September 2012 erschienene Oxfam-Bericht „The Hunger Grains“ deckt auf, dass 90 Prozent der in der EU verwendeten Agrarkraftstoffe aus Grundnahrungsmitteln hergestellt werden: Nahrung, die anderswo fehlt. Gleichzeitig steigen durch die Konkurrenz die Nahrungsmittelpreise auf den Weltmärkten.
Am Beispiel indonesischer Palmölplantagen veranschaulicht der Bericht die direkten Folgen der Agrarkraftstoff-Produktion für die Menschen vor Ort: Riesige Monokulturen zerstören den Regenwald, vergiften die Flüsse und vernichten Arbeitsplätze. Kleinbäuerliche Landwirtschaft würde zehnmal mehr Menschen beschäftigen und ernähren.
Oxfam fordert von der EU, das Ziel der Beimischung von zehn Prozent Agrarkraftstoffen so schnell wie möglich abzuschaffen.
Entwicklungsprojekt in Sri Lanka: Biologischer Anbau steigert die Erträge
AnzeigenKlimaveränderungen und Bodenschädigungen durch Monokulturen gehören zu den Gründen, warum in Sri Lanka die Ernten immer geringer ausfallen. Vor allem in den Trockenzonen im Norden und Osten des Landes droht vielen Familien die Zerstörung ihrer Existenzen.
Oxfams Partnerorganisation Rainforest Rescue International schafft gemeinsam mit Kleinbäuerinnen und -bauern neue, ökologisch nachhaltige Lebensgrundlagen. 2012 stellten so 2.000 Familien in den Provinzen Polonnaruwa und Vavuniya ihren Gartenbau auf biologische Methoden um.
Dabei werden die Gärten so angelegt, dass sie das Ökosystem Regenwald nachbilden. Die angepasste Anbauweise und eine Vielzahl von Obst- und Gemüsesorten mit unterschiedlichem Wasserbedarf machen die Gärten resistenter gegen die Folgen des Klimawandels. Überschüsse verkaufen die Familien auf dem Markt. Die Samen aller Pflanzen werden zum Tausch und Verkauf in lokal verwalteten Saatgutbanken gesammelt.
Initiative: Frisches Klima braucht frisches Geld
Anzeigen2012 war wieder ein Jahr der Wetterextreme. Neben verheerenden Unwettern – zuletzt Taifun Pablo, der auf den Philippinen mehr als tausend Todesopfer forderte – gab es Dürren in Russland, der Sahelzone und den USA, die weltweit die Getreidepreise in die Höhe trieben.
Die finanzielle Unterstützung für arme Länder bei der Bewältigung solcher Folgen des Klimawandels war und ist ein zentrales Thema für Oxfam. Unsere Analyse der Klimafinanzierung durch die Bundesregierung ergab, dass nur 20 Prozent der Zusagen für den Zeitraum 2010-2012 durch „frisches“ Geld erfüllt wurden, also Neuzusagen finanzieller Mittel darstellen. Die restlichen Mittel kamen aus bestehenden Töpfen und alten Zusagen. Einen Fahrplan für die versprochene Steigerung der Mittel nach 2012 gibt es weiterhin nicht.
Gemeinsam mit den großen Umweltverbänden übten wir 2012 zudem Druck auf die Bundesregierung aus, endlich eine Verschärfung des EU-Klimaschutzziels auf 30 Prozent Reduktionen bis 2020 durchzusetzen.
Auf der UN-Klimakonferenz Ende 2012 in Doha machten die Industrieländer keine neuen Zusagen – weder für die Klimafinanzierung noch für den Klimaschutz. Die unzureichende deutsche Klimapolitik bleibt weiterhin ein Schwerpunkt unserer Arbeit.
Entwicklungsprojekt in Simbabwe: Ganzjährig Wasser – ganzjährig ernten
AnzeigenSimbabwe ist eines der Länder, in denen die Folgen des Klimawandels deutlich zu spüren sind. Ausbleibender Regen hat in vielen Regionen den Grundwasserspiegel absinken lassen. Die fehlende Bewässerung führt zu schlechten Ernten, die kaum ausreichen, eine Familie zu ernähren.
Ein System zur ganzjährigen Bewässerung gehört deshalb zu jedem Feld, das Oxfams lokale Partner mit den Menschen vor Ort anlegen. Die Gemeinschaftsfelder liefern dadurch das ganze Jahr über ausreichend Nahrung und sogar Überschüsse, die auf dem Markt verkauft werden können. Das saubere Wasser verbessert auch die Gesundheit der Familien, die oft von HIV und Aids betroffen sind – 14 Prozent der 15- bis 49-Jährigen in Simbabwe sind mit dem Virus infiziert.
Eine dieser Partnerorganisationen ist SRHBC*, die 2010 im Distrikt Seke mit einem Gemeinschaftsfeld und einigen Gärten anfing und 2012 neue Felder und Familiengärten für rund 800 Frauen, Männer und Kinder anlegen konnte. Unterstützt wird SRHBC dabei durch das gemeinsame Oxfam HIV/Aids- und Existenzgrundlagen-Programm (COGENHA), in dem zwölf lokale Organisationen vernetzt sind.
Ausblick
AnzeigenDie Forderung nach einer strikten Regulierung der Spekulation mit Nahrungsmitteln wird 2013 weiterhin im Mittelpunkt unserer „Mahlzeit!“-Kampagne stehen, um im Vorfeld der dieses Jahr anstehenden Verhandlungen zur Finanzmarktreform auf europäischer Ebene auf die beteiligten Parteien einzuwirken. Gleichzeitig arbeiten wir weiter daran, Finanzinstitute zum Ausstieg aus dem Geschäft mit dem Hunger zu bewegen – allen voran die Hauptakteure Allianz und Deutsche Bank.
Zudem werden wir 2013 im Rahmen von „Mahlzeit!“ die Folgen der EU-Biospritpolitik auf die Ernährungssituation von Menschen in armen Ländern in Veröffentlichungen sowie durch Presse- und Lobbyarbeit herausstellen. Für 2014 und 2015 ist ein Akzent auf den Zusammenhängen zwischen den Folgen des Klimawandels und Nahrungsmittelknappheit geplant.
Der Schwerpunkt unserer Zusammenarbeit mit lokalen Partnerorganisationen wird auf der Unterstützung von Ressourcenschutz und nachhaltiger Landwirtschaft in Verbindung mit Existenzsicherung liegen. Hierzu setzen wir bewährte Partnerschaften unter anderem in der DR Kongo, in Mali und in Sri Lanka fort. Ein neues Projekt zur Ernährungssicherung ist in Burkina Faso geplant: Verbesserte Anbaumethoden und das Anlegen von Getreidevorräten sollen Hungerkrisen vorbeugen.