„Das Gefängnis war voller Menschen. Ich wurde nach mehr Geld gefragt, aber ich hatte keins mehr. Sie schlugen mich auf meine Fußsohlen, meine Waden und auf meine Knie, aber ich sagte immer wieder, dass ich niemanden mehr kontaktieren könne, weil ich keine Familie mehr in Mali habe... Ich sah einen jungen Gambier, der vor meinen Augen zu Tode geprügelt wurde, weil er es wagte, zu rebellieren und zu widersprechen. Für mich waren diese Leute keine Polizisten.“ Der 17-jährige Moussa* aus Mali spricht von den schrecklichen Ereignissen, die er erlebte, nachdem er von der libyschen Küstenwache gefangen wurde. Er wurde in ein Gefängnis in Tripolis, Libyens Hauptstadt, gebracht.

Seit der Unterzeichnung eines Migrationsabkommens zwischen Italien und Libyen im Februar 2017 hat sich an der Lage in Libyen nichts geändert. Die libysche Küstenwache erhält in Folge des Abkommens logistische und finanzielle Unterstützung durch Italien und die EU. Dies dient aber nicht in erster Linie dazu, Menschen aus Seenot und vor Verfolgung zu retten. Vielmehr soll die Küstenwache im Gegenzug dafür sorgen, dass Menschen von Libyen aus nicht nach Europa gelangen – auf Kosten von Not leidenden Menschen wie Moussa und vielen anderen.

Zeugenaussagen wie die von Moussa sind kein Einzelfall. Das zeigen zahlreiche Berichte, die in den vergangenen Jahren von Oxfam und seinen Partnern gesammelt wurden: Die Menschen, die von der Küstenwache nach Libyen zurückgebracht werden, werden dort häufig in verlassenen Gebäuden oder pechschwarzen Tunneln eingekerkert. Viele Gefangene erhalten nicht genügend Nahrung und werden misshandelt, bevor sie an bewaffnete Gruppen oder als Sklaven verkauft werden.

Schockierend ist auch die Lage auf dem Mittelmeer: Seit der Unterzeichnung des Migrationsabkommens sind über 4.000 Menschen im zentralen Mittelmeer ertrunken, im gesamten Mittelmeer sogar 5.300 Menschen.

Die EU-Regierungen müssen handeln!

So darf das nicht weitergehen. Die EU-Regierungen dürfen nicht länger zusehen, wie gerettete Migrant*innen nach Libyen zurückgeführt werden und dort willkürlich inhaftiert werden. Sie müssen etwas unternehmen, um das Leiden und Sterben vor ihrer Haustür zu beenden. Die EU muss Such- und Rettungseinsätze im Mittelmeer unterstützen, verlässliche Ausschiffungsregelungen schaffen und zwangsweise Rückführungen nach Libyen beenden. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen bereit sein, die Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache notfalls zu beenden. Gemeinsam mit Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen, SOS Méditerranée und PRO ASYL fordern wir das in einem offenen Brief an die EU-Regierungen:

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*Der Name wurde geändert, um seine Identität zu schützen.