Obwohl es vielerorts erste Lockerungen der Corona-Maßnahmen gab, werden uns die Auswirkungen der Corona-Krise noch lange begleiten. Es ist wichtig, dass wir uns nicht nur darüber Gedanken machen, wie wir die Folgen der Pandemie in Deutschland und Europa bewältigen. Wir brauchen auch eine Neugestaltung der Entwicklungszusammenarbeit, um auf künftige Krisen auch im globalen Süden besser vorbereitet zu sein.

Oxfams neuer Bericht „Whatever it takes“ zeigt, wie Entwicklungszusammenarbeit während und nach der Corona-Krise aussehen sollte, um Armut und Ungleichheit wirksam zu bekämpfen.

 

1. Schulden erlassen statt Kredite vergeben

Eine Reihe von Ländern im Globalen Süden hatte bereits vor der Corona-Pandemie Probleme ihre Schulden zurückzuzahlen. Anfang 2020 gaben 46 Länder durchschnittlich viermal mehr für die Rückzahlung von Schulden aus, als für die öffentliche Gesundheitsversorgung. In Ghana ist der Schuldendienst elfmal höher als das Gesundheitsbudget der Regierung. Gleichzeitig werden Entwicklungsgelder immer häufiger als Kredite zur Verfügung gestellt. Statt Darlehen sollten Länder im Globalen Süden jedoch vor allem Mittel erhalten, die sie nicht zurückzahlen müssen. Zusätzlich ist es wichtig, Schulden umfassend zu erlassen, damit ärmeren Ländern Mittel zur Verfügung stehen, um die Folgen der Corona-Krise zu bewältigen.
Hier können Sie unsere Petition dazu unterzeichnen.

 

2. Mit Investitionen in Bildung, Gesundheit und soziale Sicherung Ungleichheit bekämpfen

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie werden ärmere Menschen am härtesten treffen und die extreme Ungleichheit weiter verschärfen. Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit gilt: Einkommen und Bildung der Eltern bestimmen, wie gravierend die Negativfolgen der wochenlangen Schulschließungen für Schüler*innen sein werden. Starke öffentliche Bildungs- und Gesundheitssysteme sowie soziale Sicherung, also Unterstützung zum Beispiel im Falle von Arbeitslosigkeit, bekämpfen jedoch erwiesenermaßen Ungleichheit. Daher sind Investitionen in Bildung, Gesundheit und soziale Sicherung besonders wichtig, um die Folgen der Corona-Krise abzumildern.

 

3. Entwicklungszusammenarbeit feministisch gestalten

Durch die Pandemie werden bestehende Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern sichtbarer. Zum Beispiel arbeiten Frauen weitaus häufiger im informellen Sektor und haben daher seltener eine soziale Absicherung. Auch leisten sie den größten Teil der unbezahlten Haus-, Pflege- und Fürsorgearbeit, die angesichts der Corona-Krise exponentiell zugenommen hat. Gleichzeitig liegen die Entwicklungsausgaben für Programme, die dezidiert auf die Gleichstellung der Geschlechter abzielen, in Deutschland bei nur rund einem Prozent. Insbesondere Frauenrechtsorganisationen sind von grundlegender Bedeutung für Veränderungen. Trotzdem macht deren Unterstützung nur einen verschwindend geringen Teil der Entwicklungszusammenarbeit aus und sollte daher besonders gestärkt werden.

Um Entwicklungszusammenarbeit wirklich feministisch zu gestalten, ist es wichtig, über die bloße Förderung von Frauen hinauszugehen. Stattdessen sollte Geschlechtergerechtigkeit im Mittelpunkt aller zukünftigen Programme stehen, mit dem Ziel, Machtverhältnisse grundlegend zu verändern. Andere Diskriminierungsformen, zum Beispiel Alter, sexuelle Orientierung, Religion und Menschen, die von Rassismus betroffen sind, müssen dabei explizit mitgedacht werden.

 

4. Die Klimakrise nicht vergessen

Die Corona-Krise darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir uns gerade mitten in einer weiteren Krise befinden, der Klimakrise. Die Pandemie kann eine Chance sein, endlich eine nachhaltige und klimafreundliche Wirtschaft zu unterstützen, ausgerichtet am Ziel, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5°C zu begrenzen. Mittel im Kampf gegen die Klimakrise müssen dabei zusätzlich zu Entwicklungsgeldern bereitgestellt werden. Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, wie sich durch Krisen Ungleichheiten verschärfen können. Unser Erfolg in der Bewältigung der Klimakrise muss sich daran messen lassen, wie gut wir es schaffen, die am stärksten gefährdeten Menschen zu schützen.

 

5. Entwicklungszusammenarbeit nicht als Wohltätigkeit verstehen

Entwicklungszusammenarbeit beruht nicht auf der Wohltätigkeit der Geberländer, sondern ist eine internationale Verpflichtung. Gerade deshalb muss der Trend einer Entwicklungszusammenarbeit, die sich auf nationale Interessen konzentriert, umgekehrt werden.

In der Corona-Krise müssen wir einen Grundstein für ein System legen, das nicht auf der Bereitschaft der Länder im Globalen Norden zum „Geben“ beruht. Vielmehr gründet es sich auf einem internationalen Mechanismus der Verteilungsgerechtigkeit zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden. Gerechtigkeit und nicht Wohltätigkeit muss im Mittelpunkt stehen.

2 Kommentare

Konservative Politik & Wirtschaft können kaum erwarten, die klimaschädigenden, unsozialen Verhältnisse der Vor-Corona-Zeit wieder herzustellen! Jeder, weltweit, ist jetzt in der Pflicht, dies zu verhindern & am Aufbau einer lebenswerten Zukunft für alle nachfolgenden Generationen mitzutun! Werden wir aktiv - egal wie!

Ich frage mich nach dem Durchsehen der Berichte der Initiative "Endcorporalpunishment.org", ob die EZA Aktivitäten nicht daran geknüpft werden müssen, dass Gewalt gegen Kinder im jeweiligen Land verboten wird. Wie sollen sonst friedliche Gesellschaften entstehen? Bin über das Ebook "Die vergessene Friedensformel" von Franz Jedlicka auf dieses Thema gestoßen.

MfG Hannelore Jochmann

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