Im Januar 2016 bin ich mit Oxfam für eine gute Woche nach Ecuador gereist, um mehr über die Bananen-Produktion zu erfahren. Jede*r isst Bananen und sie kosten in unseren Supermärkten einen Spottpreis – dabei reisen sie um die halbe Welt bis zu uns. Ich hab mich gefragt: Wer zahlt eigentlich den Preis für die billigen Bananen?

Systematische Ausbeutung

Die Antwort ist leider ganz einfach: Es sind die Bananen-Arbeiter*innen. Während Supermärkte, Händler und Frucht-Firmen ihren Schnitt machen, verdienen die Plantagen-Arbeiter*innen in Ecuador so wenig, dass ihre Familien unter der Armutsgrenze leben müssen. Und das bei Arbeitszeiten von bis zu zwölf Stunden am Tag. In das Ausbeutungssystem von Hungerlohn und unbezahlten Überstunden reihen sich noch weitere Missstände ein: keine Arbeitsverträge, keine Anmeldung im Sozialsystem, unbezahlter Urlaub, Arbeitskleidung und Werkzeuge werden nicht gestellt. Da bleibt einem die Banane im Halse stecken.

Gewerkschafter leben gefährlich

Mir war vor der Reise auch nicht bewusst, wie gefährlich das Leben von Gewerkschaftern in Lateinamerika ist. Wer sich organisiert, muss mit Repressalien – von Entlassung bis hin zu Morddrohungen – rechnen. Sogar selbstverständliche Dinge sind schwierig. Ein Arbeiter hat uns erzählt, dass ihm bereits zwei Mal kein Lohn ausgezahlt wurde. Er hat sich nicht getraut, den Chef darauf anzusprechen. Wer aufmuckt, wird schnell entlassen, landet auf der schwarzen Liste und kriegt nie wieder einen Job im Bananen-Sektor. Die Arbeiter*innen hatten alle enorme Angst, ihren Job zu verlieren. Schon mit uns zu reden, war ein Risiko. Ihre Chefs sollten von unseren Treffen nichts mitkriegen. Klar, dass die meisten nicht wollten, dass wir sie fotografieren oder ihren Namen nennen.

Vergiftet durch Pestizide

Auch was die Arbeiter*innen über den Pestizideinsatz auf den Plantagen erzählt haben, hat mich erschüttert. Regelmäßig werden die Bananen per Flugzeug mit Pestiziden gegen Schädlinge und Pflanzenkrankheiten besprüht, ohne Rücksicht auf die Arbeiter*innen. Mehrere Arbeiter*innen haben erzählt, dass sie teilweise beim Mittagessen sitzen und ihnen das Essen auf dem Teller verpestet wird. Oder sie arbeiten in der Plantage und bekommen den Giftnebel voll ab. Bei nur einigen wenigen Unternehmen werden die Arbeiter*innen vor dem Pestizid-Einsatz informiert. Aber da die Bezahlung nach Akkord erfolgt, arbeiten sie trotzdem weiter, weil sie sich den Verdienstausfall nicht leisten können.

Die Folgen der Pestizidvergiftungen sind heftig. Neben z. B. starkem Kopfweh, Hautausschlägen, massiven Pigmentstörungen, Krankheiten der inneren Organe und blutigem Erbrechen wirken sich die Gifte auch auf das Erbgut aus. In den Bananen-Provinzen kommen deswegen besonders viele Kinder mit Behinderung zur Welt. Leider gibt es zu wenig wissenschaftliche Studien, um die Bananen-Unternehmen dafür zu belangen. Die Eltern sind machtlos. Sie haben lange nicht das Geld dafür, selbst eine Studie zu bezahlen und müssen es einfach so hinnehmen, dass ihre Kinder krank zur Welt kommen. Und das alles, damit wir billige und perfekte Bananen haben.

Wir haben auch den Export-Chef von Palmar, einer großen Bananen-Firma im Süden Ecuadors, getroffen. Die liefern jede Woche 60.000 bis 80.000 Kisten Bananen nach Deutschland. Als wir das Gebäude betreten haben, blieb mir echt die Spucke weg! Im Foyer gegenüber dem Eingang hing ein Ölgemälde von einem Pestizid-Flugzeug, das über eine Bananenplantage fliegt. Und auf dem Schreibtisch des Export-Chefs stand stolz ein Pestizid-Modellflugzeug! Was für eine Verhöhnung aller betroffenen Kinder, Eltern und Plantagenarbeiter*innen!

Rechte der Arbeiter*innen werden mit Füßen getreten

Mir ist auch vor meiner Reise klar gewesen, dass nicht alles mit rechten Dingen zugehen kann, wenn Bananen bei uns im Supermarkt nur halb so viel kosten wie Äpfel. Aber die Zustände auf den Plantagen zu erleben, die Arbeiter*innen von ihren Problemen berichten zu hören und dabei ihre mit Ausschlag befallen Arme zu sehen – und das auch noch auf „Rainforest Alliance“ zertifizierten Plantagen – das ist nochmal eine ganz andere Nummer. Das von Lidl beworbene Siegel „Rainforest Alliance“ – das sind die mit dem Frosch-Logo – gibt auf seiner Website an, dass sie sich für das Wohlergehen der Arbeiter*innen, ihrer Familien und für die Umwelt einsetzen. Das geht einem durch und durch. Noch Tage nach dem Rückflug war ich schockiert. Ich bin unglaublich wütend, dass es solche Zustände gibt und wir uns mit dubiosen Frosch-Aufklebern auf Bananen bei Lidl & Co. so hinters Licht führen lassen. Wie schamlos die Arbeiter*innen ausgebeutet werden, wie ihre Rechte und ihre Gesundheit mit Füßen getreten werden – unfassbar!

Wenn ich jetzt auf der Straße Werbeplakate sehe mit der Botschaft  „Lidl: die Nummer eins für Obst und Gemüse“ oder im Radio höre „Lidl lohnt sich.“, dann würde ich denen ihren Spruch am liebsten um die Ohren hauen und fragen: Ja, für wen lohnt es sich denn?

Deswegen: Unterstützt bitte Oxfams Forderungen, damit Lidl die Gesundheit von Arbeiter*innen und ihren Familien schützt und garantiert, dass sich Plantagenarbeiter*innen in Gewerkschaften organisieren können! Schickt jetzt eine E-Mail an die Lidl-Chefs unter:

WWW.OXFAM.DE/FITFUERFAIR

 

9 Kommentare

Bananen sind beliebt in meinem Magen. Sie munden mir sehr. Darum muss die Banane her. Da bin ich den Export-Chefs sehr Dankbar für. Ich würde mich fragen, was wir zurück Exportieren. Das kann ja nicht nur Geld sein. Ich sage immer, dass Geld arm macht. Danke für den tollen Blog Beitrag! https://www.arr-concept-hamburg.de/leistungen

Es wäre zu schön gewesen, wenn es nach den Skandalen um die gefährlichen Arbeitsbedingungen in der Blumenindustrie in Südamerika, die in den 90er Jahren aufgedeckt wurden, ruhig geblieben wäre bzgl. solcher Meldungen.
Also werde ich wieder mein Umfeld aufklären und Sie bitten „dahinter“ zu schauen oder mal einfach die Etiketten zu lesen.

Bananen heilen Schwerkranke: http://die-nahrung.de/bananen-heilen-schwerkranke/
Ich finde es toll, dass man so eine gut schmeckende Superfrucht so billig im Supermarkt bekommt. Wenn man gerade nicht viel Geld hat, kann man sich das heimische Obst (das deutlich teurer ist, aber nach nichts schmeckt, nicht leisten.
Kinder werden immer dicker, vollreifes Obst und viel draußen spielen und Mundraub betreiben kennen und können die nicht mehr.
In den letzten zwei Jahren werden sogar Holundersträuche und Forsythia-Sträucher mehr und mehr gekürzt oder weggegärtnert.
Für die Autos wird u.a. darauf verzichtet, dass die eigenen Kinder eine gute Schulbildung bekommen. Aber das sind nun mal die Prioritäten: Viele Autos besitzen und in Tütensuppen ist ja alles drin, was man zum Speck ansetzen braucht.