Bleibt es beim gegenwärtigen Versagen der Politiker*innen, wird es nicht gelingen, die schlimmsten Szenarien für die weltweite Klimakrise zu vermeiden. Schon jetzt verschärft die globale Klimakrise weltweit Hunger, Armut und Ungerechtigkeit; in Zukunft könnte die Klimakrise nach und nach die Erfolge von Entwicklung und Armutsbekämpfung der letzten Jahrzehnte zunichtemachen. Die Auswirkungen sind auch in Deutschland zu spüren, aber weitaus härter trifft es die Länder des Globalen Südens und dort besonders die in Armut lebenden Menschen und benachteiligte  Bevölkerungsgruppen.

Frauen zum Beispiel. Es macht in vielen Gesellschaften einen gewaltigen Unterschied, ob man der Klimakrise als Frau oder als Mann ausgesetzt ist. Die traditionellen und oft schier unüberwindlichen Rollenmuster sowie kulturelle, soziale, ökonomische oder politische Normen (die oft Marginalisierung, Diskriminierung und strukturelle Benachteiligung bedeuten) in vielen Ländern machen Frauen besonders verwundbar gegenüber den klimatischen Veränderungen.

Frauen von der Klimakrise stärker betroffen

Das kann schon damit beginnen, dass infolge sozialer Normen Frauen oft weder schwimmen noch lebensrettende Bäume erklettern können, wenn eine Flutkatastrophe das Land unter Wasser setzt. Womöglich dürfen sie außerdem ohne die Begleitung oder Erlaubnis männlicher Verwandter auch im Katastrophenfall ihre Häuser nicht verlassen, um sich in Sicherheit zu bringen. Oder aber sie dürfen es, können es aber nicht rechtzeitig, weil sie sich zudem um Kinder, Alte und Kranke kümmern müssen.

Gravierender noch sind die bestehenden sozialen Ungleichheiten. Frauen verfügen oft über weniger Einkommen und weniger finanzielle Rücklagen als Männer, bekommen weniger Zugang zu Bildung, zu Land und zu anderen Ressourcen und dürfen weniger bei politischen Entscheidungen mitreden, etwa was Maßnahmen zur Sicherung ihrer Lebensgrundlagen in der Klimakrise betrifft. Zudem arbeiten in vielen Ländern vor allem Frauen in jenen Sektoren, die von Hitzewellen, Dürren, Stürmen oder Überschwemmungen besonders stark betroffen sind – etwa im Anbau von Nahrungsmitteln (wobei das Land wiederum überwiegend in Männerhand ist). Männer können angesichts schwindender Lebensgrundlagen noch eher beispielsweise in die Städte abwandern, um dort Arbeit und bessere Einkommensmöglichkeiten zu finden. Frauen ist das wegen ihrer traditionellen Pflichten in Haushalt und Familie oft verwehrt.

Pflichten übrigens, die die Klimakrise erschwert. In ländlichen Gemeinschaften, etwa in Afrika oder Asien, sind überwiegend Frauen für die alltägliche Versorgung der Familie zuständig. Schlägt die Dürre zu und werden Wasser knapp und die Marktstände leer, verbringen die Frauen mehr Zeit mit Wasserholen oder der Nahrungsmittelbeschaffung und müssen dafür immer weitere Strecken zurücklegen. Das bedeutet: weniger Zeit für das Erwirtschaften von Einkommen, mehr körperliche Belastung und zusätzliche Gefahren, Opfer sexueller Gewalt zu werden.

Letzteres droht Frauen auch verstärkt, wenn sie vor Stürmen oder Überschwemmungen überstürzt fliehen müssen – und das müssen sie zuhauf. Die Vereinten Nationen schätzen, dass 80 Prozent der durch die Klimakrise vertriebenen Menschen Frauen sind. Notunterkünfte bieten oft nicht ausreichend geschützte Räume für Frauen vor männlicher Gewalt.

Ist eine Rückkehr möglich, sinkt in der Folgezeit aber vielleicht das Haushaltseinkommen, etwa weil die Dürre das Vieh dahingerafft oder die Flut die Ernte von den Feldern gespült hat. Dann sind es zuerst Frauen und Mädchen, deren Teller leer bleiben. Oder aber die Mädchen werden aus der Schule genommen. Das spart das Schulgeld, und die Mädchen können stattdessen auf den Feldern zum Haushaltseinkommen beitragen. Nicht selten werden sie noch minderjährig wegverheiratet – eine Esserin weniger.

Frauen als Agents of Change in der Klimakrise

Immerhin haben die Regierungen neben der Begrenzung der Klimakrise (durch Klimaschutz) die Bewältigung ihrer Folgen als zweite Säule fest im Pariser Klimaabkommen verankert. Der Schlüssel dafür ist erfolgreiche Anpassung an die klimatischen Veränderungen, etwa zum Schutz der Ernten vor Dürren oder Überschwemmungen. Programme zur Anpassung, für die auch Deutschland im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit finanzielle Unterstützung bereitstellt, sind aber erst dann wirklich erfolgreich, wenn sie in Planung und Umsetzung die sozialen Ungleichheiten und die unterschiedliche Betroffenheit von Frauen und Männern durch die Auswirkungen des Klimawandels berücksichtigen. Sonst wird unter Umständen an den tatsächlichen Bedürfnissen immerhin der Hälfte der Bevölkerung vorbeigeplant, was schlimmstenfalls bestehende Ungleichheiten weiter verstärkt.

Es hilft dabei auch, wenn die Planungsbehörden konsequent das tradierte Wissen von Frauen in lokalen Gemeinschaften mit einbeziehen (etwa spezifische Kenntnisse zum Anbau von Nahrungsmitteln oder zum Umgang mit den Böden vor Ort, die nur sie haben, weil ein Großteil der Feldarbeit seit jeher in ihrer Hand liegt). Damit das möglich ist, müssen sie vernünftig an solchen Planungen und den entsprechenden Entscheidungen beteiligt werden. Als Betroffene wissen sie in der Regel am besten, worin ihre Verwundbarkeit besteht und welche Form der Anpassung für sie am geeignetsten ist. Die Erfahrung zeigt übrigens, dass die Fokussierung auf Frauen bei der Anpassung an den Klimawandel oftmals gleich vielfache Vorteile für die lokalen Gemeinschaften insgesamt mit sich bringt, wegen der komplexen Rollen, die die Frauen in ihnen einnehmen. Offenbar haben sie mehr als Männer das Gemeinwohl als Ganzes im Blick.

Schließlich: Vergleiche zwischen Ländern zeigen, dass mit abnehmender sozialer, ökonomischer und politischer Ungleichheit zwischen Frauen und Männern die Resilienz einer Gesellschaft gegenüber der Klimakrise wächst. Besserer Zugang für Frauen und Mädchen zu Gesundheitsversorgung, Bildung, Land und Ressourcen sowie politischer Teilhabe sind dafür unentbehrlich. Aber auch bestehende Normen, die letztlich zu Marginalisierung und Diskriminierung führen, gilt es zu überwinden. Wer die Klimakrise bewältigen möchte, muss also auch die strukturelle Benachteiligung von Frauen beseitigen.

 

This article has been produced with the assistance of the European Union. The contents of this publication are the sole responsibility of Oxfam and can in no way be taken to reflect the views of the European Union.

3 Kommentare

Firmen (deutsche,oder auch europäische bzw. weltweit handelnde Konzerne ), große und kleine, die sich hierzulande für mehr Beteiligung
und Frauenrechte einsetzen oder zumindest aussprechen, müssen sich unbedingt auch für ein besseres Lieferketten-Gesetz stark machen.
Das stärkt vor allem auch Frauen und Frauenkooperativen im globalen Süden/ anderen Staaten .
Ansonsten sind ihre Aussagen zu Frauenrechten hierzulande wertlos und verlogen !

seh iich auch so

Firmen (deutsche,oder auch europäische bzw. weltweit handelnde Konzerne ), große und kleine, die sich hierzulande für mehr Beteiligung
und Frauenrechte einsetzen oder zumindest aussprechen, müssen sich unbedingt auch für ein besseres Lieferketten-Gesetz stark machen.
Das stärkt vor allem auch Frauen und Frauenkooperativen im globalen Süden/ anderen Staaten .
Ansonsten sind ihre Aussagen zu Frauenrechten hierzulande wertlos und verlogen !

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