Extreme soziale Ungleichheit ist eine der zentralen Herausforderungen unserer Zeit. Oxfam hat dies in den vergangenen Jahren immer wieder zum Thema gemacht und zugleich betont, dass Ungleichheit keine Naturgewalt ist, sondern die Folge vieler falscher politischer Entscheidungen. Dies bestätigt nun der neue Commitment to Reducing Inequality Index (CRII), den Oxfam gemeinsam mit Development Finance International veröffentlicht hat. Der Index  zeigt: Jeder Staat, ob arm oder reich, hat Möglichkeiten, sich gegen Ungleichheit einzusetzen. Dabei verdeutlicht er, wo Regierungen mehr tun können und müssen.

Ein neuer globaler Index zum Einsatz gegen Ungleichheit

Der CRI-Index misst die Anstrengungen von 157 Regierungen gegen Ungleichheit in drei Bereichen: Staatsausgaben für öffentliche Grunddienste, das Steuersystem sowie Arbeitnehmer*innenrechte und Mindestlöhne. Der Schwerpunkt liegt damit auf Maßnahmen zur Überwindung von Einkommensungleichheit im nationalen Rahmen. Dies hat drei Gründe: Zunächst ist Einkommensungleichheit innerhalb ihres Landes für viele Menschen eine besonders wichtige Messgröße, da sie sich vorrangig mit ihrem Umfeld vergleichen. Die negativen gesellschaftlichen und psychosozialen Auswirkungen von Ungleichheit innerhalb eines Landes haben Richard Wilkinson und Kate Pickett mit ihren Büchern „Gleichheit ist Glück“ und „The Inner Level“ eindrucksvoll belegt. Zugleich wirkt nationalstaatliches Regierungshandeln in Form von Steuern und Sozialausgaben direkt auf Einkommensungleichheit im Land. Zuletzt gibt es eine Vielzahl empirischer Studien, die die Wirksamkeit eben solcher Politiken auf innerstaatliche Einkommensungleichheit in armen wie in reichen Ländern belegen. Daneben sind die Rechte von Arbeitnehmer*innen wichtig, da sich die Stärke von Gewerkschaften auf Einkommensungleichheit auswirkt und der Rückgang an gewerkschaftlicher Organisation als ein wichtiger Grund für die gestiegene Ungleichheit in Industrieländern anerkannt wird.
Die nationalen Steuersysteme wurden ergänzend zudem auf schädliche Steuerpraktiken untersucht, welche die Steuervermeidung von Firmen und Einzelpersonen möglich machen. Durch solche Regelungen wirken Staaten als Katalysatoren globaler Ungleichheit, wie Oxfam in früheren Studien aufgezeigt hat.

Der CRII erlaubt die Betrachtung jedes der 157 Länder anhand von Ergebnissen aus insgesamt 11 Indikatoren aus den drei Säulen. Einerseits stehen die Ergebnisse in jedem der Bereiche für sich. Sie werden zudem zu einer Gesamtplatzierung kombiniert. Im englischsprachigen Bericht zum Index werden die Indikatoren und Quellen im Detail erklärt. Viele der Indikatoren erläutere ich aber auch unten am Beispiel Deutschlands.

Ob arm, ob reich – Einsatz gegen Ungleichheit ist möglich

Der CRII misst damit nicht den Stand der Ungleichheit, sondern staatliches Handeln gegen Ungleichheit. So gilt Namibia weiterhin als eines der ungleichsten Länder der Welt, im CRI-Index nimmt es jedoch insgesamt den Platz 32 ein. Unter Ländern mit einem vergleichbaren Einkommen (Länder mit niedrigem mittleren Einkommen) kommt Namibia sogar auf den fünften Platz von 44 Ländern. Diese Platzierung spiegelt das Engagement der namibischen Regierung wider, welche insbesondere durch hohe Sozialausgaben (mit kostenloser Sekundarschulbildung für alle Schüler*innen) und progressive Steuerpolitik gegen Ungleichheit vorgeht. Seit 1993 gelingt es so, Ungleichheit kontinuierlich zu verringern.

An der Spitze: Wirtschaftlich starke Länder mit großer Umverteilungswirkung

Zugleich reflektiert der CRII auch, dass es reichen Ländern besonders leicht fällt, hohe Werte zu erzielen. Dort gibt es mehr Bürger und Unternehmen mit hohen Einkommen, welche höher besteuert werden können. Die höheren Steuereinnahmen stehen für öffentliche Dienstleistungen und Sozialschutz zur Verfügung. Zugleich wirken in zahlreichen Ländern umfangreiche Rechte für Gewerkschaften und Frauen in der Arbeitswelt großer Ungleichheit der Einkommen entgegen. Die Spitzenpositionen im CRII werden daher vorrangig von reichen Ländern eingenommen, in diesem Jahr angeführt von Dänemark.

Lateinamerika: Fortschritte durch Umverteilung

Auf die oben genannte Gruppe von Staaten folgt eine Reihe von lateinamerikanischen Ländern – die ungleichste Region der Welt – angeführt von Argentinien, Costa Rica und Brasilien. In all diesen Ländern haben die Regierungen in den letzten zehn Jahren große Anstrengungen unternommen, um Ungleichheit und Armut durch staatliche Ausgaben und (in einigen Fällen) durch die Erhöhung der Mindestlöhne zu verringern. In Argentinien beispielsweise sank der Gini-Koeffizient von 0,53 im Jahr 2003 auf 0,42 im Jahr 2013 und die Armutsquote von 23 % auf 5,5 %. Das ist nicht von selbst passiert: Die Verringerung der Ungleichheit ist zu 40 % auf Umverteilungsmaßnahmen zurückzuführen, die Verringerung der Armut sogar zu 90 %. Doch unter der gegenwärtigen konservativen Regierung Argentiniens gerät diese Politik  zunehmend unter Druck und hat bereits zu massiven Einschnitten in Sozialausgaben geführt. 

Viel Potenzial auch in ärmeren Ländern

Unter Ländern mit niedrigem mittleren Einkommen setzt sich Lesotho stark für die Verringerung der Ungleichheit ein. Das Land gibt 14 % seines Staatshaushalts für Bildung und 12 % für Gesundheit aus, verfügt über eine progressive Steuerstruktur und verfolgt fortschrittliche Politik in Bezug auf Gewerkschaften und Frauenarbeitsrechte.

Große Unterschiede zwischen ähnlich reichen Ländern

Zugleich zeigt der Bericht auch, wie groß die Unterschiede im Engagement gegen Ungleichheit in Ländern mit einem ähnlichen Einkommen sind. So haben viele Länder mit mittlerem Einkommen die Möglichkeit, weitaus mehr gegen Ungleichheiten zu unternehmen, als sie es derzeit tun. Beispielsweise ist das durchschnittliche Pro-Kopf Einkommen in Indien heute höher, als dies im Deutschen Reich zum Zeitpunkt der Einführung der Bismarck‘schen Sozialgesetzgebung in den 1880er Jahren der Fall war. Indien rangiert im CRII jedoch abgeschlagen auf Platz 145 von 157 Ländern. Die staatlichen Ausgaben für Gesundheit, Bildung und Sozialschutz sind kläglich niedrig und subventionieren oftmals den Privatsektor. Die Steuerstruktur sieht auf dem Papier recht fortschrittlich aus, aber in der Praxis wird ein Großteil progressiver Steuern nicht erhoben. Was die Arbeitsrechte und die Achtung der Frauen am Arbeitsplatz betrifft, so schneidet Indien ebenfalls schlecht ab.

Ganz unten im CRI-Index steht Nigeria, ein Land mit reichen Ölvorkommen, wo die Sozialausgaben ebenfalls beschämend niedrig sind. Die Ergebnisse für die Bürger*innen des Landes sind verheerend: Jedes zehnte Kind in Nigeria stirbt vor seinem fünften Geburtstag. Sechzig Prozent davon sind Mädchen.

Der CRI-Index zeigt, dass es weder das Ausmaß der Ungleichheit noch das Einkommensniveau ist, welches den Einsatz einer Regierung gegen Ungleichheit bestimmt. Einige Länder wie Namibia weisen ein sehr hohes Maß an Ungleichheit auf, setzen sich aber nachdrücklich für deren Abbau ein. Andere wie Nigeria haben ein hohes Maß an Ungleichheit und tun nichts dagegen. Mit dem CRII gelingt es aufzuzeigen, wo Regierungen eines jeden Landes noch mehr tun können, um gegen Ungleichheit vorzugehen. Das gilt auch für Deutschland.

Deutschland im CRII – zweiter Platz trotz Lücken

Im CRI-Index belegt Deutschland einen erfreulichen zweiten Platz. Doch auch wenn es so aussieht, als würden wir fast ganz oben auf dem Treppchen stehen: Nicht alles, was Silber ist, glänzt. Trotz des guten Abschneidens bleiben wichtige Hindernisse beim Abbau von Ungleichheit bestehen und diese zeigen sich beim Blick in die Indikatoren des CRII deutlich.

Die Tabelle zeigt das Abschneiden Deutschlands in allen drei Säulen und bei den jeweiligen Indikatoren:

  Platz
Säule 1: Ausgabenpolitik (Spending) 8
  Indikator S1: Ausgaben für staatliche Grunddienste 12
    Bildung 142
    Gesundheit 15
    Soziales 3
  Indikator S2: Einfluss der Ausgaben auf die Ungleichheit 12
Säule 2: Progressive Steuerpolitik (Tax) 6
  Indikator T1: Progressive Steuerstruktur 88
  Indikator T2: Einfluss der Steuern auf die Ungleichheit 10
  Indikator T3: Effektivität der Besteuerung 36
  Indikator T4: Schädliche Steuerpraktiken 8
Säule 3: Arbeitnehmer*innenrechte (Labour) 4
  Indikator L1: Respekt für Arbeitnehmer*innenrechte 11
  Indikator L2: Schutz von Frauen in der Arbeitswelt 1
  Indikator L3: Existenzsichernde Mindestlöhne 22

I. Ausgaben für staatliche Grunddienste – Bildung ist massiv unterfinanziert

Im CRII rangiert Deutschland auf Platz 8, wenn alle Indikatoren in der ersten Säule zusammengefasst werden. Die tiefere Betrachtung offenbart jedoch erhebliche Lücken, insbesondere bei den Bildungsausgaben. Betrachtet man den Anteil der Bildungsausgaben an den Gesamtausgaben, steht Deutschland auf einem miserablen Platz 142 von 157! Auch wenn man die Bildungsausgaben mit anderen Bezugsgrößen vergleicht, bleibt eine eklatante Lücke: Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist der Anteil der Finanzierung von Bildungseinrichtungen zwischen 2010 und 2015 um rund 7 Prozent zurückgegangen und liegt mit 4,2 Prozent im Jahr 2015 deutlich unter dem OECD-Durchschnitt von etwa 5 Prozent (Link zur Quelle). Diese Ausgabenentwicklung steht im Gegensatz zu den Vereinbarungen des Bildungsgipfels aus dem Jahr 2008, bei dem die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten u.a. vereinbart hatten, ab 2015 sieben Prozent des BIP in Bildung zu investieren. Hätte man z.B. wie Norwegen 6,4 Prozent des BIP in Grund- und Hochschule investiert, stünden in diesem Bereich fast 70 Milliarden Euro mehr zur Verfügung. Doch die Bildungsausgaben haben mit der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands in den vergangenen Jahren nicht Schritt gehalten.

Den Preis dafür zahlen vor allem Schülerinnen und Schüler, deren Eltern selbst weniger Bildung genossen haben und die niedrige Einkommen erzielen. Denn noch immer bestimmen Bildungsgrad, Herkunft und sozialer Status der Eltern sowie Geschlecht hierzulande die Bildungschancen. Die Wahrscheinlichkeit, einen Kindergarten zu besuchen, die Hochschulreife zu erlangen und ein Studium oder eine vergleichbare höhere Berufsbildung zu durchlaufen, ist für Kinder, deren Eltern einen niedrigen Bildungsstand haben, geringer als für Kinder mit mindestens einem Elternteil mit Hochschulabschluss. Höhere Bildung spiegelt sich im Einkommen wieder: Ein (zumindest kurzes) Studium oder eine Meisterausbildung steigert das Einkommen im Vergleich zu einer einfachen Berufsbildung um rund 50 Prozent, ein abgeschlossenes Masterstudium oder eine Promotion sogar um über 80 Prozent.

Bund, Länder und Kommunen stehen in der Verantwortung, Investitionen in chancengerechte, qualitativ hochwertige und zukunftsfähige Bildungssysteme zu steigern, um Chancengerechtigkeit im Bildungsbereich zu erhöhen und soziale Mobilität zu fördern.

Die dennoch gute Platzierung im CRII verdankt Deutschland den Ausgaben im Bereich Gesundheit (Platz 15) und soziale Sicherung (Platz 3) sowie dem Einfluss der Sozialausgaben auf Einkommensungleichheit, gemessen mit dem Gini-Koeffizienten (Platz 12). Und trotz der besseren Platzierung in diesen Bereichen bestehen auch hier Defizite. So gibt es mit Blick auf Gesundheit erhebliche Unterschiede: die Lebenserwartung ist in strukturschwachen Regionen Deutschlands und für Menschen mit geringem Einkommen deutlich niedriger als für Mitbürger aus wohlhabenden Gegenden und Haushalten. Und obwohl Sozialleistungen in Deutschland Armut und Ungleichheit reduzieren, so ist noch einiges zu tun: Im Jahr 2017 lebten 15,8 % der Bevölkerung von einem Einkommen unterhalb der Armutsgrenze – ein Höchststand seit 1996. Besonders betroffen sind Menschen mit Migrationshintergrund sowie Kinder und Jugendliche.

II. Steuerstruktur – hinteres Mittelfeld für Deutschlands Steuersystem

In der Steuersäule des CRII schneidet Deutschland mit Platz 6 insgesamt gut ab. Doch nicht alle Steuern wirken gleich: Manche treffen stärker arme Menschen, andere eher reiche. Deshalb erfasst der CRII anhand der Kombination aus Mehrwert-, Einkommens- und Unternehmenssteuersätzen auch die Progressivität des Steuersystems, also ob und wie sehr reiche Menschen stärker besteuert werden als arme. Hier schneidet Deutschland mit Rang 88 deutlich schlechter ab. Dieses Ergebnis des CRII deckt sich mit Befunden des IMK: Die Progressivität des Steuersystems und damit seine abmildernde Auswirkung auf Einkommensungleichheit hat durch verschiedene Reformen seit Ende der 1990er Jahre deutlich abgenommen. Eine Studie von DIW und Böckler-Stiftung kommt ebenso zu dem Schluss, dass das deutsche Steuer- und Abgabensystem von unten nach oben umverteilt hat. Während die Belastung der unteren 5 % der Haushalte im Zeitraum zwischen 1998 und 2015 um 5,7 % zunahm, wurde das oberste Prozent der Haushalte im gleichen Zeitraum um 4,8 % entlastet.

Eine Stärke im Vergleich mit anderen Ländern liegt darin, dass Deutschland wenige besonders schädliche Steuerregeln hat, welche Gelder aus dem Ausland anziehen (Platz 8). Die Platzierung im CRII von Ländern mit solchen Steuerregimes, wie etwa den Niederlanden, Irland oder die Schweiz, wird durch diesen Indikator schlechter.

III. Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern – Spitze in Sachen Gleichstellung?

Insgesamt nimmt Deutschland in der dritten Säule Platz 4 ein. Die Rechte und Durchsetzung von Arbeitnehmer*innenrechten nimmt der Global Labour Index (GLI) in den Blick. Dieser bildet den ersten Indikator dieser Säule und Deutschland schneidet hier im globalen Durchschnitt mit Platz 10 gut ab.

Im zweiten Subindikator „Rechtlicher Schutz für Arbeitnehmerinnen“ belegt Deutschland den ersten Platz. Während der eben erwähnte GLI auch die Durchsetzung von Rechten misst, liegen solche Daten für die Rechte von Arbeitnehmerinnen im Speziellen leider nicht vor und daher zeigt der CRII im zweiten Indikator dieser Säule nur an, ob gesetzliche Regelungen zur Nicht-Diskriminierung, zur Entgeltgleichheit und gegen sexuelle Übergriffe am Arbeitsplatz bestehen – nicht, ob sie tatsächlich umgesetzt werden.

Dies ist für Deutschland mit Blick auf das 2018 in Kraft getretene Entgelttransparenzgesetz sehr relevant. Dieses Gesetz findet nur in Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten Anwendung und ist daher für viele Frauen schlicht nicht zugänglich. Nur gut ein Drittel der 43,5 Millionen Beschäftigen in Deutschland arbeiten in Betrieben mit über 200 Mitarbeiter*innen, und  Frauen arbeiten häufiger in kleinen Betrieben. Diese und weitere Hürden stehen Frauen bei der Durchsetzung des Ziels „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ trotz des neuen Gesetzes weiterhin im Wege. Inwieweit das Gesetz unter diesen Vorzeichen erfolgreich dazu beitragen kann, eines der höchsten geschlechtsspezifischen Lohngefälle Europas – von mehr als 20 Prozent – zu schließen, ist offen.

Besser sieht es bei der relativ langen Dauer des gesetzlichen Mutterschutzes und der bezahlten Elternzeit aus, die ebenfalls zu diesem Subindikator zählen. Ergänzen ließe sich: Diese gilt nicht nur für Mütter, sondern für beide Elternteile und sie wird länger, wenn diese sich die Elternzeit teilen. Diese Regelung bietet damit einen Ansatz für eine gerechtere Verteilung von Sorgearbeit innerhalb von Paaren mit kleinen Kindern und ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Der letzte Indikator des CRII schaut auf das Niveau des Mindestlohns im Vergleich zum durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen. Im Vergleich zu anderen Ländern im CRII liegt Deutschland hier auf Platz 22. Die Einführung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland war angesichts des wachsenden Niedriglohnsektors in Deutschland dringend erforderlich und ein richtiger und wichtiger Schritt gegen Ungleichheit. Allerdings ist der heutige Mindestlohn von 8,84 Euro die Stunde in 19 der 20 größten Ballungsräumen zu niedrig.

Dieser Blick in die Indikatoren des CRII offenbart – trotz der günstigen Position Deutschlands im globalen Vergleich – tiefgreifende Mängel im Einsatz der Bundesregierung gegen Ungleichheit. Es gibt daher viele gute Gründe, sich nicht von einem zweiten Platz blenden zu lassen, sondern den CRII stattdessen als Instrument zu begreifen, mit dessen Hilfe in allen Ländern, ob arm oder reich, Handlungsfelder gegen Ungleichheit identifiziert werden können.

Ungleichheit und deren Bekämpfung jenseits des CRII

Aus Gründen der Methodik und der Datenverfügbarkeit kann der CRII zudem nicht alle Formen von Ungleichheit abdecken und den Einsatz von Regierungen gegen manche von ihnen nicht abbilden. So fehlt beispielsweise der Aspekt der Vermögensungleichheit in diesem Index (darauf sind wir in anderen Berichten näher eingegangen. Deutschland zählt in dieser Hinsicht zu den ungleichsten Ländern in der EU. Zugleich werden hierzulande seit 1996 keine Vermögenssteuern mehr erhoben. Aber auch mit Blick auf weitere Dynamiken globaler Ungleichheit fehlen gute Indikatoren und international vergleichbare Daten, die sichtbar machen, wie Regierungen jenseits ihrer Steuersysteme zu globaler Ungleichheit beitragen. Für Deutschland zu nennen wäre hier die beispielsweise der Einfluss auf Austeritätspolitik in anderen Ländern.

Wo die Bundesregierung ihr Engagement gegen Ungleichheit verbessern muss

Regierungen der ganzen Welt haben sich im Jahr 2015 im Rahmen der Agenda für nachhaltige Entwicklung zu 16 Zielen (SDGs) verpflichtet – eines davon ist die Verringerung von Ungleichheit innerhalb und zwischen Nationen. Genau dieses Ziel ist jedoch laut der europäischen Statistikagentur Eurostat das einzige, in dem die EU keinen Fortschritt macht. Hier leistet der CRII einen wichtigen Beitrag, indem er Handlungsfelder für Regierungen aufzeigt.

Für Deutschland hat Oxfam gemeinsam mit dem zivilgesellschaftlichen Bündnis „Reichtum umverteilen – ein gerechtes Land für alle!“ die Bundesregierung wiederholt dazu aufgerufen, Steuergerechtigkeit zu schaffen, Steuervermeidung zu beenden, zu fairen Löhnen beizutragen – für Frauen und Männer, in Deutschland und weltweit – sowie in Bildung, Gesundheit und soziale Sicherung für alle zu investieren (unsere Forderungen). Der CRII zeigt abermals, wie wichtig und richtig diese Forderungen sind, angesichts der Bedrohung, die Ungleichheit für unsere Gesellschaft, Demokratie und Wirtschaft darstellt.

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