Ali Isa ist ein großgewachsener Mann mit grauem Kinnbart und ernsten Augen. Ich begegne ihm im November 2017 während meiner Reise in den Nordosten Nigerias. Es ist eine der ärmsten Gegenden des Landes, in der die Menschen täglich von den Auseinandersetzungen zwischen Regierungskräften und bewaffneten Milizen wie Boko Haram bedroht sind. Die Gemeinde Shuwari Sanaweya liegt in diesem Gebiet, Ali Isa ist ihr Vorstand, ihr „Bulama“. Und sein ernster Gesichtsausdruck hat einen Grund: Die Gemeinde steht vor großen Herausforderungen.

Der Bundesstaat Borno, in dem die Gemeinde Shuwari Sanaweya liegt, ist fast so groß wie Bayern und zu zwei Dritteln nicht zugänglich. Bewaffnete Gruppen terrorisieren die Menschen, Straßen sind nur unter Lebensgefahr passierbar. Etwa zwei Millionen Menschen sind im Nordosten Nigerias auf der Flucht. Ihre Dörfer wurden verbrannt, ihre Familienangehörigen verschleppt, zwangsrekrutiert oder umgebracht.

In Flüchtlingscamps oder in Gemeinden finden die Menschen Zuflucht und sind so zumindest in Sicherheit. Shuwari Sanaweya ist eine dieser aufnehmenden Gemeinden. 450 Haushalte haben sie bisher aufgenommen, erzählt Bulama Ali Isa. Ursprünglich umfasste die Gemeinde 550 Haushalte. Fast 13.000 Menschen leben jetzt dort – nahezu doppelt so viele wie zuvor.

Die Menschen helfen sich gegenseitig in dieser schwierigen Lage

Auch die Gemeinde Shuwari Sanaweya ist arm. War es schon immer. Aber früher konnten die Menschen wenigstens ihre Felder bestellen und etwas Handel betreiben. Heute geht das nicht mehr: Es ist zu gefährlich auf den Feldern. Schon vier Kilometer außerhalb der Stadt treiben sich Milizen herum, es gab Übergriffe. Jetzt sind die Menschen noch ärmer als zuvor. Trotzdem versorgen sie auch die Vertriebenen, die Schutz suchen in Shuwari Sanaweya. Wie schaffen die Menschen das? Ich frage Ali Isa, ob es Konflikte zwischen ihnen gibt. Nein, sagt er. Nur die Kinder würden manchmal streiten.

Die Menschen helfen sich gegenseitig in dieser schwierigen Lage. Und auch Oxfam ist vor Ort, um sie zu unterstützen. Als eine von nur wenigen Hilfsorganisationen, denn die angespannte Sicherheitslage erschwert die Arbeit in der Region. In der Gemeinde Shuwari Sanaweya versorgen wir die Menschen mit sauberem Wasser, bohren Brunnen und bauen Latrinen. Denn gerade wenn viele Menschen zusammenleben, sind Trinkwasser, Sanitärversorgung und Hygiene (WASH) extrem wichtig.

Oxfam unterstützt die Menschen in Nigeria mit sauberem Wasser
Oxfam unterstützt die Menschen vor Ort mit sauberem Wasser

Schneller Einsatz bei Choleraausbruch in Shuwari Sanaweya

Vor wenigen Monaten brach dennoch Cholera in Shuwari Sanaweya aus. Wie in so vielen Orten im Nordosten Nigerias. Und trotz der Wasserversorgung und Latrinen. Doch wir handelten schnell und brachten umgehend spezialisiertes Personal in die Gemeinde. Es kümmerte sich um die Menschen, brachte die Infizierten in Gesundheitsstationen und ergriff zusätzliche Hygienemaßnahmen.

Die schnelle Reaktion war wichtig und richtig: Nach wenigen Wochen war Shuwari Sanaweya wieder Cholera-frei. „Wir sind Oxfam unendlich dankbar für diese Hilfe“, sagt Ali Isa. Und auch das Wasser, das die Gemeinde durch Oxfam bekommt, sei von großer Bedeutung für die Menschen, betont er. „Wasser ist lebenswichtig“, erklärt Ali Isa. „Früher mussten wir es kaufen, jetzt bekommen wir es umsonst. Und es ist immer genug da.“

Ein reiches Land mit armen Menschen – und überwältigender Solidarität

Nigeria ist ein reiches Land mit armen Menschen, sagen die Nigerianer. In der Tat: Nicht zuletzt durch seinen Ölreichtum wächst die Wirtschaft seit vielen Jahren um 5 bis 10 Prozent. Der reichste Nigerianer könnte jährlich eine Million Euro ausgeben, und das 40 Jahre lang. Gleichzeitig leben 70 Prozent der Nigerianer unterhalb der Armutsgrenze.

Nigeria ist aber auch ein brutales Umfeld – in dem es gleichzeitig überwältigende Solidarität gibt. In dem die Armen das Wenige, das sie haben, mit den Ärmsten teilen. Oxfam wird sie weiter dabei unterstützen. Die Hilfe wird dringend gebraucht.

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