Gerade ist der letzte Klima-Gipfel vorbei, schon steht der nächste vor der Tür. Der Leaders Summit on Climate von letzter Woche war vor allem eine Bühne für Gastgeber US-Präsident Joe Biden, um die Rückkehr der USA ins Pariser Abkommen zu zelebrieren. Herausgekommen ist ein deutlich nachgebessertes (wenn auch nicht ausreichendes) neues Klimaschutzziel und die Zusage, die amerikanischen finanziellen Hilfen für ärmere Länder bei der Bewältigung der Klimakrise zu verdoppeln. Die Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel war hingegen wenig inspirierend und weitgehend eine Wiederholung von schon anderswo Gesagtem. Macht nix, denn: Nächste Woche geht es virtuell in Berlin weiter, beim Petersberger Klimadialog, zu dem nun die Bundesregierung einlädt und der für Bundeskanzlerin Angela Merkel eine ihrer letzten Gelegenheiten ist, in der internationalen Klimapolitik zu glänzen.

Eigentliche Aufgabe des alljährlichen Klimadialogs, an dem rund vierzig Minister*innen teilnehmen werden, ist die Vorbereitung schwieriger Punkte auf der Verhandlungsagenda für die kommende UN-Klimakonferenz COP26 im Herbst in Glasgow. Die Idee dabei ist: wenn vorher schon Minister*innen den einen oder anderen Knoten durchschlagen, dann verhaken sich die Unterhändler später auf der COP26 vielleicht nicht so schnell in gegensätzlichen Positionen. Eines dieser Themen ist die Umsetzung des Artikel 6 des Pariser Abkommens, der es Ländern erlaubt, gemeinsame Klimaschutzprojekte zu unternehmen; zu klären ist hier unter anderem, ob und wie verhindert wird, den erzielten Klimaschutzeffekt hinterher auf die Klimaschutzziele aller beteiligten Länder anzurechnen. Ein anderer Punkt ist die Frage, ob die Klimaschutzziele, die alle fünf Jahre neu (und nachgebessert) eingereicht werden sollen, dann auch jeweils einen Zeitraum von fünf Jahren oder aber von zehn Jahren umfassen sollen.

Petersberger Klimadialog 2021: Kommen brauchbare Ansagen der Bundesregierung?

Darüber hinaus nutzen die teilnehmenden Regierungen den Klimadialog immer wieder gerne, um die eigenen Leistungen herauszustellen oder Appelle an die gesamte Runde zu richten. Was auch erlaubt ist: durch ehrgeizige Ankündigungen und Zusagen international Führungsstärke zeigen. Das gilt insbesondere für Gastgeber Deutschland. Hier sind drei mögliche Ansagen, womit die Bundesregierung auf dem diesjährigen Petersberger Klimadialog international Eindruck schaffen würde:

1. Steigerung der Klima-Hilfen für ärmere Länder:

Im Pariser Abkommen haben sich die Industrieländer verbindlich verpflichtet, die ärmeren Länder bei Klimaschutz und Anpassung an die klimatischen Veränderungen finanziell zu unterstützen und sie so zu befähigen, die negativen Auswirkungen der Klimakrise etwa auf die Ernährungssicherheit oder die Wasserversorgung abzumildern, Menschen besser vor künftigen Extremwetterlagen zu schützen und gleichzeitig klimaverträgliche Entwicklungspfade einzuschlagen. Bis 2020 sollten diese Hilfen eine Höhe von 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr erreichen. Der Bedarf ist aber deutlich höher. Bis 2030 könnten allein die Kosten für die Anpassung an die Veränderungen in den Entwicklungsländern eine Höhe von bis zu 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr erreichen. Immerhin: Deutschland ist eines der großen Geberländer in der Klimafinanzierung. Schon 2015 hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel versprochen, die Klimafinanzierung aus Deutschland bis 2020 auf jährlich rund 4 Milliarden Euro zu erhöhen. Auch wenn für 2021 sogar ein Absinken der Klima-Hilfen droht, hat die Bundeskanzlerin mehrfach versichert, dass Deutschland auch nach 2020 fair zur Klimafinanzierung beitragen werde. Diese eher vage Zusicherung sollte die Bundeskanzlerin auf dem kommenden Petersberger Klimadialog mit einer konkreten Zusage unterfüttern. Ein tatsächlich fairer Beitrag Deutschlands würde bedeuten, die jährlichen Mittel für die Klimafinanzierung aus dem Bundeshaushalt bis 2025 von derzeit rund vier auf mindestens acht Milliarden Euro zu steigern (ohne aber für diese Gelder die übrige Entwicklungszusammenarbeit zu ‚kannibalisieren‘) und davon die Hälfte für Maßnahmen zur Anpassung an die klimatischen Veränderungen zuzusichern.

2. Bewältigung von Verlusten und Schäden infolge des Klimawandels:

Auch wenn es gelingen sollte, die Klimakrise einigermaßen im Griff zu behalten und die globale Erwärmung wie im Pariser Abkommen vorgesehen auf maximal 1,5°C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen (wovon wir auch wegen der Zögerlichkeit der Bundesregierung nach wie vor meilenweit entfernt sind), werden die Folgen der Klimakrise zunehmend gravierender. Inseln versinken unter dem steigenden Meeresspiegel, an Heftigkeit zunehmende Sturmfluten versalzen küstennahe Anbauflächen, anderswo wird die Landwirtschaft wegen anhaltender Dürren über kurz oder lang nicht mehr in der Lage sein, die Menschen zu ernähren. Einiges lässt sich durch erfolgreiche Anpassung an die klimatischen Veränderungen eine Zeit lang abfedern. Wenn aber nach und nach zunehmend die Grenzen der Anpassung erreicht werden, sind unvermeidliche Verluste und Schäden die Folge. Während die reichen Länder für Klimaschutz und Anpassung in den ärmeren Ländern Unterstützung leisten, wehren sie sich dagegen, dies auch für die Bewältigung von entstandenen Verlusten und Schäden infolge der Klimakrise zu tun. Auf dem Petersberger Klimadialog sollte Bundeskanzlerin Angela Merkel erstens anerkennen, dass die Bewältigung von Verlusten und Schäden zusätzliche Unterstützung braucht, und zweitens zusagen, mit den besonders gefährdeten Ländern geeignete multilaterale Instrumente zu entwickeln, damit künftige Unterstützung auch dort ankommt, wo sie benötigt wird.

3. Erhöhung des deutschen 2030-Klimaschutzziels:

Auch wenn etwa Wirtschaftsminister Peter Altmaier oder Verkehrsminister Andreas Scheuer im Interesse der eher rückwärtsgewandten Konzerne nicht müde werden zu behaupten, dass Deutschland ausreichend oder gar zu viel Klimaschutz betreibe, passiert insgesamt viel zu wenig. Wäre der bisherige deutsche „Ehrgeiz“ im Klimaschutz Maßstab für alle übrigen Länder, würde die Welt auf eine Erwärmung um 3-4°C zusteuern. Ein Szenario, in dem wegen der katastrophalen Folgen in vielen Teilen der Welt ein Zusammenleben in geordneten Gesellschaften kaum noch möglich wäre. Der Kohleausstieg bis 2038 kommt zehn Jahre zu spät, und die minimale Verringerung der Emissionen wegen der Corona-Pandemie ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Zwar hat die Europäische Union Ende letzten Jahres beschlossen, das europaweite Klimaschutzziel zu erhöhen, aber auch dieser Schritt geht nicht weit genug. Bundeskanzlerin Angela Merkel sollte nun auf dem Petersberger Klimadialog verkünden, die deutschen Klimaschutzanstrengungen endlich an die Ziele des Pariser Abkommens anzupassen, anstatt es mit dem viel zu späten Kohleausstieg, der Blockade beim Ausbau der erneuerbaren Energien oder der Untätigkeit im Verkehrssektor permanent zu unterlaufen. Sie könnte dafür nächste Woche konkret zusagen, dass Deutschland sein Klimaschutzziel von bisher 55 % auf 70 % Treibhausgasreduktionen bis 2030 erhöht (gegenüber dem Basisjahr 1990) – wie über 80 Organisationen es in einem Appell an die Bundesregierung kürzlich gefordert hatten.

Stoff für eine gute Performance der Bundesregierung auf dem kommenden Petersberger Klimadialog gibt es also genug. Immerhin hatte Angela Merkel früher auch international den inoffiziellen Titel als ‚Klimakanzlerin‘ inne. Einmal beiseitegelassen, ob sie ihn damals verdient hatte oder nicht, hätte sie jetzt die Gelegenheit, durch entsprechende Zusagen Deutschlands Solidarität mit den ärmeren Ländern des Globalen Südens unter Beweis zu stellen. Und ihr klimapolitisches Gesamtergebnis noch einmal deutlich aufzuwerten.

6 Kommentare

Ich habe 30 Jahre in Ländern der 3. Welt gelebt und gearbeitet und bin dann wieder nach Deutschland zurückgekommen, schweren Herzens. Sicher ist unsere Zeit bedingt durch die Pandemie nicht einfach und durch die Globalisierung sind wir sehr von einander abhängig geworden. Aber trotzdem kann man noch einiges machen, auch wir persönlich. Muss ich unbedingt z.Bsp. Spargel kaufen für 13 oder 15 Euro das Kilo? Ich persönlich verzichte darauf und lege das ersparte Geld zur Seite um dann einen größeren Betrag spenden zu können. Müssen unsere Abgeordneten jedes Jahr noch höhere Löhne bekommen, die Angestellten, die Arbeiter? Wenn jede, jeder ein bisschen seine Ausgaben runterschrauben würde, käme schon ein guter Betrag zusammen der dann einem armen Land helfen könnte. Es braucht einen Gedankenwechsel, einen neuen Lebensstil. Danke!

Ich habe 30 Jahre in Ländern der 3. Welt gelebt und gearbeitet und bin dann wieder nach Deutschland zurückgekommen, schweren Herzens. Sicher ist unsere Zeit bedingt durch die Pandemie nicht einfach und durch die Globalisierung sind wir sehr von einander abhängig geworden. Aber trotzdem kann man noch einiges machen, auch wir persönlich. Muss ich unbedingt z.Bsp. Spargel kaufen für 13 oder 15 Euro das Kilo? Ich persönlich verzichte darauf und lege das ersparte Geld zur Seite um dann einen größeren Betrag spenden zu können. Müssen unsere Abgeordneten jedes Jahr noch höhere Löhne bekommen, die Angestellten, die Arbeiter? Wenn jede, jeder ein bisschen seine Ausgaben runterschrauben würde, käme schon ein guter Betrag zusammen der dann einem armen Land helfen könnte. Es braucht einen Gedankenwechsel, einen neuen Lebensstil. Danke!

Wie soll Deutschland es schaffen, noch mehr Geld, bei gleichzeitiger Zerstörung der Wirtschaft, zur Verfügung stellen zu können? Das Geld muß auch erarbeitet werden können.

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