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©FAO/Giuseppe Carotenuto

Neue UN-Prinzipien für Agrarinvestitionen fördern Greenwashing

22. Oktober 2014

Nach Jahrzehnten der Vernachlässigung wird seit einigen Jahren wieder mehr in die Landwirtschaft investiert. Das ist gut so. Aber nicht jede Investition ist gut, wie vielfältige Beispiele belegen: Kleinbäuerliche Familien werden von ihrem Land vertrieben („Landgrabbing“), Gemeinden leiden unter der Zerstörung ihrer Umwelt und Landarbeiter/-innen müssen für Hungerlöhne in Plantagen schwer arbeiten.

Als Antwort auf das steigende Investoreninteresse an der Landwirtschaft, entwickelte die Weltbank im Jahr  2009 Leitlinien, die den Investoren als Orientierung dienen sollten (PRAI). Diese wurde von der Zivilgesellschaft scharf kritisiert und abgelehnt. Stattdessen setzte sie sich für eine Verhandlung solcher Prinzipien im UN-Welternährungsausschuss ein, wo ein Menschenrechtsansatz verfolgt wird und die Partizipation aller Stakeholder, inkl. der Zivilgesellschaft institutionell verankert ist. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen der freiwilligen Leitlinien für Land im Mai 2012 hoffte die Zivilgesellschaft erneut auf ein gutes Ergebnis.

Schwierige, enttäuschende Verhandlungen

Zwei Jahre lang wurde verhandelt. Von Anfang an zeigte sich, dass diese Verhandlungen politisierter waren. Die Unternehmen hatten eine starke Lobby bei Regierungsvertreter/-innen. Entsprechend enttäuschend ist das Ergebnis: Einige schwerwiegende Schwachstellen und Schlupflöcher führen am Ende dazu, dass Investitionen als „verantwortungsvoll“ deklariert werden können, auch wenn sie Menschenrechte verletzten und der Umwelt schaden. Am letzten Mittwoch hat der UN-Welternährungsausschuss nun diese Prinzipien für „verantwortungsvolle“ Agrarinvestitionen („rai principles“) verabschiedet. Das Landwirtschaftsministerium und die Unternehmen sind, wen wundert’s, zufrieden. Es sei ein „fantastisches Instrument“ für den Privatsektor, erklärte ein Unternehmensvertreter freimütig.

Zu schwach, zu vage, zu inkohärent

Doch was ist nun so schlecht an diesen Prinzipien? Der Text liest sich an einigen Stellen sogar ganz gut. Wo liegt das Problem?

1)      Die Prinzipien verweisen zwar wiederholt auf die Menschenrechte, untergraben diese aber, indem sie diese dem Primat des Freihandels unterordnen. Freihandels - und Investitionsabkommen nehmen Regierungen den politischen Spielraum für verantwortungsvolle Investitionen und schützen einseitig die Interessen von Investoren.

2)      Die Prinzipien überlassen es den Investoren zu entscheiden, welche der zehn Prinzipien für ihre Investition relevant sind. Die Zivilgesellschaft hatte sich zudem dafür eingesetzt, dass diese Prinzipien für alle Investitionen gelten. Stattdessen beschreiben die Prinzipien nur was „verantwortungsvolle“ Investitionen sind.

3)      Die Prinzipien beinhalten keine ambitionierten Schritte, um Landgrabbing zu stoppen. Sie erkennen beispielweise nicht die Notwendigkeit an, dass betroffene Gemeinden sich gegen Landnahmen wehren können. Für Investoren ist keine freie, frühzeitige und informierte Zustimmung von betroffenen Gruppen festgeschrieben („Free Prior and Informed Consent“).

4)      Die Prinzipien unterscheiden nicht zwischen den Umweltauswirkungen verschiedener landwirtschaftlicher Produktionssysteme und priorisieren nicht agrar-ökologische Anbauverfahren. Zudem sind die Bestimmungen schwach, wenn es um die Vermeidung von Umweltschäden und die Reduzierung von Treibhausgasemissionen durch die Abholzung und die industrielle Landwirtschaft geht.

5)      Sie geben keine Orientierung bei den sog. „landwirtschaftlichen Innovationen“ wie Public Private Partnerships, und Vertragsanbau und enthalten einige Bestimmungen, die Wirtschaftsinteressen höher bewerten als Ernährungssicherungsziele.

6)      Schließlich gibt es weder einen klaren Prozess für das Monitoring und die Evaluierung dieser neuen Politiken noch starke Rechenschaftspflicht-Mechanismen für jene, die sie umsetzen müssen.

Die Prinzipien werden nicht dazu beitragen, die Ernährung global zu sichern. Wir werden weiter Druck auf Investoren und Regierungen ausüben, damit sie Rechenschaft ablegen im Hinblick auf die Auswirkungen von Investitionen auf Menschenrechte, auf die Ernährungssicherung und auf die Umwelt.  Dabei werden uns die Prinzipien aber keine große Hilfe sein. Leider!

Neue UN-Prinzipien für Agrarinvestitionen fördern Greenwashing

Nach Jahrzehnten der Vernachlässigung wird seit einigen Jahren wieder mehr in die Landwirtschaft investiert. Das ist gut so. Aber nicht jede Investition ist gut, wie vielfältige Beispiele belegen: Kleinbäuerliche Familien werden von ihrem Land vertrieben („Landgrabbing“), Gemeinden leiden unter der Zerstörung ihrer Umwelt und Landarbeiter/-innen müssen für Hungerlöhne in Plantagen schwer arbeiten.

Als Antwort auf das steigende Investoreninteresse an der Landwirtschaft, entwickelte die Weltbank im Jahr  2009 Leitlinien, die den Investoren als Orientierung dienen sollten („Principles on Responsible Agricultural Investment“, PRAI). Diese wurde von der Zivilgesellschaft scharf kritisiert und abgelehnt. Stattdessen setzte sie sich für eine Verhandlung solcher Prinzipien im UN-Welternährungsausschuss ein, wo ein Menschenrechtsansatz verfolgt wird und die Partizipation aller Stakeholder, inkl. der Zivilgesellschaft institutionell verankert ist. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen der freiwilligen Leitlinien für Land im Mai 2012 hoffte die Zivilgesellschaft erneut auf ein gutes Ergebnis.

Schwierige, enttäuschende Verhandlungen

Zwei Jahre lang wurde verhandelt. Von Anfang an zeigte sich, dass diese Verhandlungen politisierter waren. Die Unternehmen hatten eine starke Lobby bei Regierungsvertreter/-innen. Entsprechend enttäuschend ist das Ergebnis: Einige schwerwiegende Schwachstellen und Schlupflöcher führen am Ende dazu, dass Investitionen als „verantwortungsvoll“ deklariert werden können, auch wenn sie Menschenrechte verletzten und der Umwelt schaden. Am letzten Mittwoch hat der UN-Welternährungsausschuss nun diese Prinzipien für „verantwortungsvolle“ Agrarinvestitionen („rai principles“) verabschiedet. Das Landwirtschaftsministerium und die Unternehmen sind, wen wundert’s, zufrieden. Es sei ein „fantastisches Instrument“ für den Privatsektor, erklärte ein Unternehmensvertreter freimütig.

Zu schwach, zu vage, zu inkohärent

Doch was ist nun so schlecht an diesen Prinzipien? Der Text liest sich an einigen Stellen sogar ganz gut. Wo liegt das Problem?

 

1)      Die Prinzipien verweisen zwar wiederholt auf die Menschenrechte, untergraben diese aber, indem sie diese dem Primat des Freihandels unterordnen. Freihandels - und Investitionsabkommen nehmen Regierungen den politischen Spielraum für verantwortungsvolle Investitionen und schützen einseitig die Interessen von Investoren.

 

2)      Die Prinzipien überlassen es den Investoren zu entscheiden, welche der zehn Prinzipien für ihre Investition relevant sind. Die Zivilgesellschaft hatte sich zudem dafür eingesetzt, dass diese Prinzipien für alle Investitionen gelten. Stattdessen beschreiben die Prinzipien nur was „verantwortungsvolle“ Investitionen sind.

 

3)      Die Prinzipien beinhalten keine ambitionierten Schritte, um Landgrabbing zu stoppen. Sie erkennen beispielweise nicht die Notwendigkeit an, dass betroffene Gemeinden sich gegen Landnahmen wehren können. Für Investoren ist keine freie, frühzeitige und informierte Zustimmung von betroffenen Gemeinden festgeschrieben („Free Prior and Informed Consent“).

 

4)      Die Prinzipien unterscheiden nicht zwischen den Umweltauswirkungen verschiedener landwirtschaftlicher Produktionssysteme und priorisieren nicht agrar-ökologische Anbauverfahren. Zudem sind die Bestimmungen schwach, wenn es um die Vermeidung von Umweltschäden und die Reduzierung von Treibhausgasemissionen durch die Abholzung und die industrielle Landwirtschaft geht.

 

5)      Sie geben keine Orientierung bei den sog. „landwirtschaftlichen Innovationen“ wie Public Private Partnerships, und Vertragsanbau und enthalten einige Bestimmungen, die Wirtschaftsinteressen höher bewerten als Ernährungssicherungsziele.

 

6)      Schließlich gibt es weder einen klaren Prozess für das Monitoring und die Evaluierung dieser neuen Politiken noch starke Rechenschaftspflicht-Mechanismen für jene, die sie umsetzen müssen. 

Die Prinzipien werden nicht dazu beitragen, die Ernährung global zu sichern. Wir werden weiter Druck auf Investoren und Regierungen ausüben, damit sie Rechenschaft ablegen im Hinblick auf die Auswirkungen von Investitionen auf Menschenrechte, auf die Ernährungssicherung und auf die Umwelt.  Dabei werden uns die Prinzipien aber keine große Hilfe sein. Leider!

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