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Die Aktivistin Riya William Yuyuda aus dem Südsudan setzt sich für Frauenrechte und Frieden ein
Die Aktivistin Riya William Yuyuda aus dem Südsudan setzt sich für Frauenrechte und Frieden ein

Kein Frieden ohne Frauen

Südsudan, Sudan und Afghanistan
23. Februar 2021

„Die Frauen im Südsudan sollen sich stark fühlen – gekrönt zu Königinnen. Denn sie haben es verdient, Königinnen zu sein.“

Riya William Yuyuda lacht in die Kamera
Riya William Yuyuda setzt sich im Südsudan für Frauenrechte und Frieden ein.

Riya William Yuyuda hat eine Mission: Sie setzt Frauen in ihrem Heimatland eine Krone auf. 2016 gründete die Friedensaktivistin gemeinsam mit sechs anderen jungen Südsudanesinnen die Organisation Crown the Woman (deutsch: „Krönt die Frau“).

16 Jahre zuvor hatte der UN-Sicherheitsrat einstimmig seine Resolution 1325 verabschiedet. Sie gilt als Meilenstein auf dem Weg zur Durchsetzung von Frauenrechten und Geschlechtergerechtigkeit: Frauen müssen in Kriegen und Krisen nicht nur geschützt und ihre Rechte gesichert werden, sie sollen sich auch gleichberechtigt in politische Prozesse, in Friedensmaßnahmen sowie die Verhinderung neuer Konflikte einbringen können und die Nachkriegsgesellschaft mitgestalten. Genau darum geht es auch Crown the Woman. Die Organisation will Mädchen und Frauen so stärken, dass sie ihre Potenziale nutzen und den Südsudan politisch, wirtschaftlich und sozial mitgestalten können.

Auch nach der Unabhängigkeit vom Sudan in 2011 hielt der Bürgerkrieg im Südsudan, einem der ärmsten Länder der Welt, an. Gewalt und Hunger bestimmen seit Jahrzehnten den Alltag der Menschen. „Als ich nur wenige Wochen alt war, brachte meine aus Uganda stammende Mutter mich und meine Schwester aus dem Südsudan nach Uganda in Sicherheit, während mein Vater zurückbleiben musste“, erzählt die heute 29-jährige Riya William Yuyuda. „Der Krieg hat meine Familie entzweit. Einer der Gründe, warum ich Crown the Woman gegründet habe, war, dass ich mich für Frieden einsetzen wollte – Frieden, den ich als Kind nie erleben durfte.“

Crown the Woman stellt sich gegen Gewalt gegen Frauen, versucht Menschen für das Thema zu sensibilisieren und unterstützt traumatisierte Frauen. Und die Organisation bietet Frauen Schulungen an, um ihnen den Weg in die Selbstständigkeit zu ermöglichen. „Frauen sollen für sich selbst sorgen können“, sagt Riya William Yuyuda.

Ich bin überzeugt, dass eine Frau, die wirtschaftlich gestärkt ist, auch die Kraft hat, sich vor vielen Formen von Gewalt zu schützen.

Auch über ihre Organisation hinaus engagiert sich die Aktivistin für den Frieden. Sie gehört einem Zusammenschluss südsudanesischer Frauen an, die den Friedensprozess mitgestalten wollen. „Frauen sind die Basis des Südsudans, sie machen 60 Prozent der Bevölkerung aus“, sagt sie. „Wenn unsere Stimmen nicht Teil des Entscheidungsprozesses sind, wird der Südsudan sein volles Potenzial nicht ausschöpfen.“

 

„Man fühlt sich wie in einer Kiste gefangen“

Safa Elagib Adam Ayou strahlt
Safa Elagib Adam Ayou erhielt als erste Frau Afrikas den Preis für Frieden und Menschenrechte.

Auch Safa Elagib Adam Ayour will ihr Land mitgestalten. Sie setzt sich im nördlich angrenzenden Sudan für Frieden ein. „Frieden bedeutet für mich, dass Kinder nicht auf der Straße schlafen und Frauen nicht betteln müssen oder sterben, wenn sie ihre Kinder gebären. Frieden heißt Sicherheit für die Menschen“, sagt die Aktivistin.

Dass in ihrem Heimatland Präsident Omar al-Bashir im Jahr 2019 abgesetzt wurde, war vor allem ein Verdienst der Frauen. Sie organisierten Kundgebungen, führten Demonstrationen an, sorgten mit Slogans und Gedichten für den Zusammenhalt der Menschenmengen. Im jetzigen Übergangsprozess des Landes wollen sie weiter Gehör finden und setzen sich für positive Veränderungen ein.

Das Engagement von Safa Elagib Adam Ayour begann schon viel früher – als sie 1985 an die Universität in der Hauptstadt Khartum ging. Aufgewachsen war sie in Darfur, einer konfliktgeschüttelten Region im Westen des Sudans. „Dort gab es keine Elektrizität und nur wenig Bildungsmöglichkeiten – noch weniger für Mädchen“, erinnert sie sich. „Mach dies nicht und tu das nicht! Frauen mussten zuhause bleiben, nur zuhause. Man fühlt sich wie in einer Kiste gefangen.“

Während ihrer Zeit als Studentin in Khartum sorgte eine anhaltende Dürre für eine humanitäre Katastrophe in Darfur. Safa Elagib Adam Ayour erlebte, wie Menschen auf der Flucht nach Khartum kamen. „Wir beschlossen, unser Essen den Geflüchteten zu geben. Aus Darfur wusste ich, wie es ist, nichts zu essen zu haben, wie Menschen Löcher graben, um Ameisen zu finden, die sie essen können“, erinnert sich die heute 50-Jährige. „Ich begann, mit Frauen zu arbeiten. Sie waren die Empfängerinnen von Hilfsgütern. Ich merkte schnell, dass das nicht genug war. Auch, wenn diese Frauen wie Bettlerinnen wirken, sie sind keine. Sie sind Bäuerinnen und Produzentinnen. Das hat mich zur Feministin gemacht.

Zwanzig Jahre später führte Safa Elagib Adam Ayour die Frauen aus Darfur bei den Friedensverhandlungen für die Region an. 2009 wurde sie mit dem Preis für Frieden und Menschenrechte in Bern ausgezeichnet – als erste Frau Afrikas. Auch an den aktuellen Friedensverhandlungen ist die Aktivistin beteiligt. „Ich kämpfe dafür, dass Frauen Teil der neuen Regierung werden“, sagt sie.

„Wir müssen mutig sein“

Sarah* setzt sich ebenfalls dafür ein, dass Frauen im Friedensprozess ihres Heimatlandes Gehör finden. Die Aktivistin stammt aus Afghanistan. „Die Traditionen, Normen und Vorurteile in unserer Gesellschaft erlauben es Frauen nicht, sich als Aktivistinnen zu engagieren. Wir müssen mutig sein und die Steine, die uns die Gesellschaft in den Weg legt, überwinden“, sagt sie.

Wegen ihrer Arbeit erhält sie immer wieder Todesdrohungen. Doch die Aktivistin gibt nicht auf. Um Konflikte aufzulösen, sucht sie das Gespräch mit den Menschen vor Ort, mit Familien, verschiedenen Ethnien, mit der Jirga, den traditionellen Versammlungen.

Die Aktivistin ist überzeugt, dass Friedensbemühungen auch die lokale Ebene im Blick haben müssen, entstehen doch dort die meisten Konflikte:

Politischer Frieden ist wichtig, aber es braucht auch eine Kultur des Friedens. Es braucht lokale Friedenskomitees, in die Frauen und benachteiligte Gruppen einbezogen werden.

Auch auf nationaler Ebene muss das Engagement für den Frieden weitergehen. Ende Februar 2020 unterzeichneten die USA und die militante Gruppierung der Taliban eine Vereinbarung zur Aufnahme von Friedensgesprächen zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung. Doch deren Erfolg ist fraglich und die Gewalt geht weiter, auch nachdem im September der innerafghanische Dialog begonnen hat. Viele Frauen im Land fürchten zudem, dass in Friedensgesprächen ihre Rechte beschnitten und die Freiheiten, die sie in den vergangenen 20 Jahren erlangt haben, geopfert werden.

Die Veränderungen, die Frauen erreicht haben, müssen im Friedensvertrag anerkannt und garantiert werden. Wir haben genug von Krieg und Konflikten.
Ich möchte eine friedliche Zukunft für meine Kinder.
Sarah*

 

*Name zum Schutz der Person geändert

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