Bereits jetzt leiden in Teilen des Südsudan etwa 100.000 Menschen an Hungersnot, die auch im Jemen, Somalia und im Nordosten Nigerias droht. Um dies zu verhindern, müssen die G7-Staaten ihre Nothilfe-Finanzierung massiv aufstocken. Die sieben Wirtschaftsmächte müssen zudem den politischen Druck auf die Konfliktparteien deutlich erhöhen. Nur so besteht eine Chance, die schon jahrelang andauernden Kriege und Konflikte zu beenden, die der ausschlaggebende Faktor für die Hungerkrisen sind.

Jörn Kalinski, Leiter Lobby und Kampagnen bei Oxfam Deutschland: „Politisches Versagen hat diese Krisen geschaffen – jetzt braucht es politische Führung, um sie zu lösen. Die Regierungschefs dürfen Taormina nicht verlassen, ohne ihre Nothilfe deutlich aufzustocken und einen Plan in der Tasche zu haben, wie sie diese Krisen lösen wollen. Sie müssen verhindern, dass es vor ihren Augen zur Katastrophe kommt.“

Die Vereinten Nationen beziffern den Finanzbedarf für die Hungerkrisen im Südsudan, Jemen, Somalia und Nigeria auf 6,3 Milliarden US-Dollar. Oxfam hat errechnet, dass der Nothilfe-Aufruf zur Hälfte gedeckt wäre, würden alle G7-Länder einen prozentualen Anteil an Nothilfe beisteuern, der jeweils ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entspricht („Fair Share“ oder gerechter Anteil). Derzeit ist der Aufruf nur zu 30 Prozent finanziert und kein G7-Land hat für alle vier Krisenländer Hilfszusagen in Höhe des gerechten Anteils gemacht.

Dramatisch zunehmende Ernährungsunsicherheit

Bei ihrem Gipfeltreffen 2015 auf Schloss Elmau hatten sich die G7 zum Ziel gesetzt, 500 Millionen Menschen aus Hunger und Mangelernährung zu befreien. Doch in den vier aktuellen Krisenländern leiden derzeit mindestens 30 Millionen Menschen an Hunger, und zehn Millionen sind von Hungersnot bedroht. Heute haben weltweit 40 Prozent mehr Menschen mit Ernährungsunsicherheit zu kämpfen als noch vor zwei Jahren.

Hungerkrisen sind auch Ausdruck großer weltpolitischer Herausforderungen, wie Klimawandel, Migration und soziale Ungleichheit, mit denen sich die G7 auf ihrem Gipfel befassen müssen.

Klimawandel

Die Bedrohung durch den Klimawandel wird immer sichtbarer: In Somalia und anderen Ländern am Horn von Afrika ist er eine wesentliche Ursache für die andauernden humanitären Krisen. Oxfam fordert mehr Ehrgeiz der G7 bei der Verringerung klimaschädlicher Treibhausgase und erwartet ein klares Bekenntnis zum Pariser Klimaabkommen – auch von Donald Trump. Die übrigen sechs Länder müssen dem US-Präsidenten unmissverständlich klar machen, dass eine Abkehr der USA vom Pariser Abkommen nicht folgenlos sein wird.

Migration

Während sich die Regierungschefs der G7 auf Sizilien treffen, begeben sich weiterhin Flüchtlinge und andere Migrant/innen auf die lebensgefährliche Fahrt über das Mittelmeer. Die G7 müssen sich auf ihrem Gipfel klar und deutlich für die Achtung der Rechte von Migrant/innen und Menschen auf der Flucht aussprechen sowie konkrete Maßnahmen beschließen, diese zu schützen.

Soziale Ungleichheit

Oxfam fordert von den G7 einen konkreten Aktionsplan, um die wachsende soziale Ungleichheit auf der Welt zu bekämpfen, in Übereinstimmung mit ihrem Bekenntnis zur Agenda 2030 und den Nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen.

 

Weiterführende Informationen

Oxfams „Fair Share“-Analyse

  • Grundlage der Analyse sind aktuelle Daten aus dem Financial Tracking System (FTS) der Vereinten Nationen sowie weitere Informationen einiger G7-Staaten über ihre Nothilfe-Finanzierung. Diese Daten werden mit der Wirtschaftskraft (Bruttonationaleinkommen) jedes Landes ins Verhältnis gesetzt. (Hinweis: Auf der FTS-Webseite sind die jüngsten Hilfszusagen einiger Länder möglicherweise nicht vollständig berücksichtigt.)
  • Den UN-Daten zufolge (Stand 18.5.2017) ist der Nothilfe-Aufruf für die vier Krisenländer in Höhe von 6,3 Mrd. US-Dollar nur zu 30 Prozent finanziert. Im Einzelnen: Nigeria ist nur zu 21 Prozent finanziert, Somalia zu 33 Prozent, Südsudan zu 42 Prozent und Jemen zu 21 Prozent.
  • Kein G7-Land trägt für alle vier Krisenländer (gemessen an seiner Wirtschaftskraft) seinen gerechten Anteil am Nothilfe-Aufruf bei. Nur ein G7-Land (Großbritannien) trägt für den Jemen seinen gerechten Anteil am Nothilfe-Aufruf bei, zwei Länder (Großbritannien und Kanada) für Südsudan, zwei Länder (Großbritannien und Deutschland) für Somalia und zwei (Kanada und Deutschland) für Nigeria. Oxfam begrüßt die Zusage der Vereinigten Staaten von insgesamt 990 Millionen US-Dollar für die Hungerkrisen in den vier Ländern. Das Geld muss nun schnellstmöglich für konkrete Maßnahmen vor Ort eingesetzt werden.
  • Für alle G7-Länder zusammen beträgt der gerechte Anteil für Nigeria 492 Millionen US-Dollar, für Somalia 703 Millionen, für Südsudan 764 Millionen und für Jemen 964 Millionen, insgesamt 2,9 Milliarden US-Dollar. Derzeit schultern die G7-Länder nur 1,7 Milliarden.