Oxfams Partnerorganisation vor Ort, die Palestinian Agricultural Development Association (PARC),eine der größten lokalen Organisationen zur Unterstützung der Landwirtschaft, schätzt, dass fast ein Viertel der landwirtschaftlichen Betriebe im nördlichen Gazastreifen vollständig zerstört wurde. Gewächshäuser, Gebäude und circa 70 Prozent der Fischereiflotten sind nicht mehr einsatzfähig. Hani Al Ramlawi, bei PARC für den Einsatz im Gazastreifen zuständig, schildert die Lage vor Ort: „Die nächsten zwei Monate sollten eigentlich die goldene Zeit der landwirtschaftlichen Produktion sein. Doch die wenigen landwirtschaftlichen Betriebe, die nicht zerstört wurden, können aus Angst der Menschen, zum Ziel von Angriffen zu werden, nicht betreten werden - und ohne Wasser und Strom ist Ackerland ohnehin nichts wert.“ Oxfam-Partner berichten von Menschen, die Toilettenwasser trinken, wilde Pflanzen essen und Tierfutter zur Herstellung von Brot verwenden.
Juzoor, eine weitere Partnerorganisation von Oxfam und eine der wenigen Organisationen, die noch im nördlichen Gazastreifen tätig sind, berichtet von ähnlichen Befürchtungen. Juzoor hat im vergangenen Monat in den 13 Notunterkünften, in denen sie tätig ist, ein Impfprogramm eingeführt und außerdem 1 700 Kinder auf ihren Ernährungszustand untersucht. Der Direktor von Juzoor, Dr. Umaiyeh Khammash, berichtet, dass 13 Prozent der von ihnen untersuchten Kinder akut unterernährt sind. 55 bis 60 Kinder in dieser Gruppe leiden an starker Auszehrung und Untergewicht. "Dies ist ein lebensbedrohlicher Zustand", sagt Khammash. "Diese Kinder müssten in einem Krankenhaus oder einem speziellen Ernährungsprogramm behandelt werden, die es im nördlichen Gazastreifen nicht gibt.“
Im nördlichen Gazastreifen leben noch circa 300.000 Zivilisten, die seit vier Monaten fast vollständig von der Außenwelt abgeschnitten sind. Die Menschen im Gazastreifen sind nicht nur für ihre Ernährung auf die lokale Landwirtschaft angewiesen, sondern auch für ihren Lebensunterhalt. Der Verlust der Ernten "verschlimmert nicht nur die ohnehin schon schlimme humanitäre Lage, sondern wird auch schwerwiegende langfristige Auswirkungen haben. Diese Krise wird zum Zusammenbruch der Landwirtschaft im Gazastreifen für viele Jahre führen“, so Al Ramlawi. PARC ist immer noch in der Lage, Hilfe vor Ort zu leisten. „Letzte Woche haben wir einen Händler gefunden, der rund 100.000 Menschen mit warmer Kleidung und anderen Hilfsgütern für den Winter versorgt", so Al Ramlawi.
Oxfam fordert einen sofortigen und dauerhaften Waffenstillstand und die volle Wiederherstellung der Versorgung Gazas mit lebenswichtigen Gütern.