Neue Allianz zur Nahrungsmittelsicherheit bleibt hinter den Erwartungen zurück

Durch die beim G8-Gipfel verkündete “New Alliance to Increase Food and Nutrition Security” sollen in den nächsten 10 Jahren 50 Millionen Menschen durch Investitionen in die Landwirtschaft aus der Armut befreit werden. Das hört sich zunächst gut an, entpuppt sich bei näherem Hinsehen aber als völlig unzureichend, denn damit bleiben die G8 weit hinter der bereits 2009 verabschiedeten und 2012 auslaufenden L’Aquila-Initiative zur Nahrungsmittelsicherheit zurück. 

Die L’Aquila-Initiative zur Nahrungsmittelsicherheit und landwirtschaftlichen Entwicklung war 2009, als Reaktion auf die Nahrungsmittelkrise 2008 von Präsident Obama ins Leben gerufen worden. Die G8 versprachen damals, innerhalb von drei Jahren 22 Mrd. US-Dollar in Nahrungsmittelsicherheit und landwirtschaftliche Entwicklung in armen Ländern zu investieren. Aber 30 Länder, die ihre Pläne vorgelegt haben, erhielten bis heute die zugesagte finanzielle Unterstützung nicht.

Die Neue Allianz setzt hingegen verstärkt auf den Privatsektor als Investor. Das ist besorgniserregend, weil nicht zu erwarten ist, dass die öffentlichen Investitionen, die benötigt werden, um das kaputte globale Ernährungssystem zu reparieren – weder von der Art noch vom Umfang her – vom Privatsektor erbracht werden können.

Mit der “New Alliance to Increase Food and Nutrition Security” sollen landwirtschaftliche Entwicklungspläne, die die armen Länder entwickelt haben, durch Investitionen des Privatsektors, durch internationale Entwicklungshilfe und durch eigene Investitionen der armen Länder verwirklicht werden.

Die Alliance stellt jedoch keine Alternative zu den Aquila-Beschlüssen von 2009 dar. Zwar kann und muss der Privatsektor eine positive Rolle im Kampf gegen den Hunger spielen, aber dafür muss ein ausfinanzierter öffentlicher Sektor die Grundlage bilden.

Aus dem diesjährigen Rechenschaftsbericht der G8, der erfreulich transparent ist, geht hervor, dass 99% der finanziellen Ankündigungen der Aquila-Beschlüsse auch zugesagt wurden. Zum jetzigen Zeitpunkt, also ein halbes Jahr vor Auslaufen der Initiative, sind jedoch erst knapp die Hälfte der zugesagten Mittel wirklich geflossen. Außerdem führt der Bericht als großes Manko auf, dass es nicht gelungen ist, Kleinbauern und vor allem -bäuerinnen zu erreichen und zu stärken. Dies ist umso gravierender, da sie beim Kampf gegen den Hunger eine Schlüsselrolle einnehmen.

Die nun in Camp  David beschlossene „Neue Allianz“ vermag – weder was den Umfang der finanziellen Zusagen, noch was die politische Ausrichtung betrifft – an die L’Aquila-Initiative anzuschließen. Und das, obwohl es für viele Menschen in armen Ländern immer schwerer wird, ihren Lebensunterhalt zu verdienen und sich genügend Nahrungsmittel zu kaufen.

Während Vertreter des Privatsektors prominent an den Diskussionen zur Nahrungsmittelsicherheit beim G8 vertreten waren (die Neue Allianz umfasst 45 Unternehmen), wurden die Sorgen und Wünsche der Kleinbäuerinnen und -bauern, die im Mittelpunkt jeglicher Bemühungen zur Nahrungsmittelsicherheit stehen müssen, nicht berücksichtigt. Besorgt über die Richtung, welche die Diskussion genommen hat, wandte sich eine Reihe afrikanischer zivilgesellschaftlicher Gruppierungen in einem offenen Brief an die G8 und hat sie aufgefordert, Geist und Richtung der L’Aquila-Initiative nicht aufzugeben.

Als einen kleinen Lichtblick kann man die Auffüllung des GAFSP (Global Agricultural and Food Security Programm) ansehen. Einige Länder, haben für diesen Multi-Donor-Fonds, der direkt in die landwirtschaftlichen Pläne der armen Länder investiert, 1,2 Mrd. US-Dollar zugesagt. Die restlichen G8-Länder müssen diesem Beispiel folgen.

Der Blick und die Hoffnungen, das internationale Nahrungsmittelsystem zu erneuern, richten sich nun auf den  G20-Gipfel, der Ende Juni in Los Cabos in Mexiko stattfindet, sowie auf Großbritannien, das den G8-Gipfel im nächsten Jahr ausrichten wird.