„Ich mache mir ständig Sorgen um meine Kinder, ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen – werden wir genug zu essen haben, sind sie krank, brauchen sie etwas? Als ob dies nicht genug wäre, hören wir täglich die Bombardements und Kämpfe in der Nachbarschaft. Wir sitzen hier, als ob wir darauf warten, dass auch wir sterben, wie so viele andere vor uns – wieso sollten wir verschont bleiben?  

Alle Beteiligten im Krieg sollten sich schämen – wir sind die Menschen, für die sie angeblich kämpfen. Sie haben uns alle erniedrigt. Meine Kinder sind verloren, krank, hungrig und haben nichts. Ich habe einen Sohn und meinen Mann verloren, als der Markt bombardiert wurde – es reicht!“

Frauen und der Krieg im Jemen: Rabab erzählt
"Der Krieg ist gefährlich für uns, für unsere Kinder. Wenn er sie nicht direkt umbringt, so bringt er sie um ihre Zukunft." Rabab, verheiratet, zwei Kinder

„Ich habe schon viele Schwierigkeiten gemeistert. Ich wurde geschlagen, beschimpft und beleidigt. Ich bin damit fertig geworden. Aber ehrlich gesagt, ich bin dieses Leben leid. Ich lebe für meine Töchter. Ohne sie wäre ich schon tot.

Wir rufen alle Beteiligten auf, den Krieg zu beenden, damit wir zurück in unsere Häuser können. Der Krieg ist gefährlich für uns, für unsere Kinder. Wenn er sie nicht direkt umbringt, so bringt er sie um ihre Zukunft.

Ich träume von einer besseren Zukunft für meine Töchter. Ich habe viele Schwierigkeiten überwunden. Ich möchte, dass meine Töchter ein sicheres und besseres Leben haben, als ich es hatte. Ich möchte, dass es ihnen gut geht und sie ein zu Hause haben, in dem sie leben können. Ich versuche, ihnen das zu geben.“

Der Krieg im Jemen: Mohammed mit wenigen Haushaltsgegenständen vor seinem Zelt
"Wir hatten ein angenehmes Leben – jetzt nicht mehr. Heute sind wir gestrandet, arbeitslos und haben keine Bleibe." Mohammed, verheiratet, vier Kinder

„Morgens früh bete ich, dann mache ich Tee und Kaffee, danach wasche ich ab und gehe zu den Geschäften und bettle – 10 jemenitische Rial hier, weitere 10 dort. So bekomme ich genügend Geld, um Fisch und Gemüse, Tomaten und Getreide zu kaufen. Dann mache ich Mittagessen und sitze mit meiner Familie zusammen. Nach dem Essen gehe ich wieder raus, um für das Geld fürs Abendessen zu betteln.  

Wir hatten ein angenehmes Leben – jetzt nicht mehr. Wir waren sicher – kein Krieg. Wir hatten ein Haus, fließendes Wasser, Möbel. Wir sind arbeiten gegangen und nach Hause zurückgekehrt. Heute sind wir gestrandet, arbeitslos und haben keine Bleibe – überall sehen uns die Menschen so, und es ist erniedrigend, beschämend. Unsere Kinder haben nicht genug zum Anziehen, und wir haben keine Seife, um die wenige Kleidung zu waschen, die wir besitzen. Es gibt keine Milch für die Kinder. Wir geben ihnen Zuckerwasser.  

Wir wollen in Frieden leben. Wir wollen keine Streitigkeiten – die Konfliktparteien sollten sich einigen. Wir sind alle Brüder und Schwestern, wir sollten vereint sein, wie eine Familie. Diese Beziehungen dürfen nicht zerstört und die Menschen nicht übers ganze Land verstreut werden. Wir wollen keine Zerstörung mehr sehen. Hoffentlich kommen die Konfliktparteien zusammen und wir können unser Leben wieder in Frieden weiterführen.“ 

Frauen und der Krieg im Jemen: Weil Holz fehlt, macht Rabab Feuer mit Platiskflaschen
"Wenn wir kein Holz finden, kochen wir mit Plastikflaschen. Dann schmeckt das Essen nach Plastik." Rabab, verheiratet, acht Kinder

„Das erste was ich mache, wenn ich aufstehe, ist, Holz zu sammeln. Dann warte ich darauf, dass meine Kinder vom Markt zurückkommen, wo sie nach Essen, Tomaten oder was immer sie finden können, gesucht haben. Wenn wir kein Holz finden, kochen wir mit Plastikflaschen. Dann schmeckt das Essen nach Plastik.

Männer schämen sich, weil jetzt ihre Frauen arbeiten gehen, während sie zu Hause sitzen. Manche haben damit kein Problem, andere wiederum sind wütend, weil Arbeiten eine Männersache ist. Männer schämen sich auch, wenn sie sehen, wie ihre eigenen Kinder nach Essen betteln gehen.

Ich möchte den Konfliktparteien sagen, ihr seid Brüder, vertragt euch! Unsere Gemeinschaft ist sehr eng und wir sind seit Jahren Nachbarn – ihr müsst Kompromisse eingehen und diesen Krieg beenden, damit wir alle nach Hause können – es gibt nur noch Blut und Tod um uns herum. Unsere Kinder haben Angst, wir sind müde und obdachlos, wir ziehen immer weiter, ohne zu wissen, wohin. Die ausländischen Regierungen, die diesen Krieg unterstützen, müssen zusammenarbeiten, um den Krieg zu beenden. Genug des Blutvergießens, unschuldige Menschen sterben täglich, und wofür? Wofür genau eigentlich?“

Frauen und der Krieg im Jemen: Shuaia in ständiger Angst, bombardiert zu werden
"Wir brauchen mehr Hilfe, wir sind müde, hungrig und krank. Ständig gibt es Bombardements und Kämpfe. Ich bitte alle außerhalb des Jemens, uns zu helfen." Shuaia, verwitwet, vier Kinder

„Ich war Brot backen, als unsere Nachbarschaft das erste Mal getroffen wurde, dann wieder und noch ein drittes Mal innerhalb von ein paar Minuten – wir waren gerade beim Abendessen. Wir bekamen schreckliche Angst und wussten nicht, was zu tun war. Ich habe das Brot im Ofen vergessen und wir flüchteten sofort, so schnell ist alles passiert.

Wir brauchen mehr Hilfe, wir sind müde, hungrig und krank. Ständig gibt es Bombardements und Kämpfe. Ich bitte alle außerhalb des Jemens, uns zu helfen.

Ich habe Angst, dass meine Kinder sterben könnten. Ich habe Angst vor den Kampfflugzeugen über uns. Wir sind krank, weil wir ständig Angst haben. Wir leben in der ständigen Angst, bombardiert zu werden. Wenn ich anfange nachzudenken, mache ich mir Sorgen, dass der nächste Angriff mich und meine Kinder treffen wird, während sie schlafen.

Ich träume von Ruhe, Stabilität und Sicherheit für meine Kinder, und dass wir genug zu essen haben. Ich möchte Kleider für meine Kinder, so dass sie glücklich wie andere Kinder ihres Alters sein können. Sie sind hungrig. Wir haben noch nicht einmal fünf Rial."
 

Frauen und der Krieg im Jemen: Um Aiman fordert Hilfe für den Jemen
"Meine Kinder sind aus der Schule, wir brauchen ein Haus oder irgendetwas, das besser ist als ein Zelt. Wir brauchen Ruhe. Sicherheit – das ist das Wichtigste." Um Aiman, 30, verheiratet, vier Kinder

„Wo wir jetzt leben (in einem Zelt), sind die Bäder und Toiletten sehr weit weg. Auch zum Ofen muss ich laufen. Wenn ich Brot backen will, muss ich daher meine "Abaya" (Übergewand) anziehen und den Kopf bedecken, und meine Kinder laufen mir nach. Wenn ich Wasser holen oder zu einem anderen Zelt gehen muss, muss ich mich jedes Mal umziehen – ich fühle mich nicht wohl, wenn ich irgendwo hin muss, nicht so wie in unserem Haus in Saada.

Meine Kinder sind aus der Schule, wir brauchen ein Haus oder irgendetwas, das besser ist als ein Zelt. Wir brauchen Ruhe. Sicherheit – das ist das Wichtigste. Noch vor wenigen Wochen hatten wir alles, jetzt haben wir nichts als Staub und Angst.
Die Welt kann den Jemen nicht vergessen, die Mensachen müssen uns helfen, anstatt nur dazusitzen und zuzuschauen, wie sich die Katastrophe entfaltet."

 

Hintergrund:

Es ist nur etwas mehr als ein halbes Jahr her, dass viele Menschen im Jemen noch ein normales Leben führten, dass Kinder in die Schule gingen und die Erwachsenen zur Arbeit, dass die Regale in den Lebensmittelläden gefüllt waren und genügend Trinkwasser aus den Hähnen floss.

Nach mehr als acht Monaten Krieg sind fast 2,3 Millionen Menschen aus ihren Häusern geflohen – 52 Prozent davon sind Frauen. Wenn die Kämpfe auf neue Gebiete übergreifen, müssen viele überstürzt packen und fliehen. Mehr als 21 Millionen Menschen sind landesweit auf Unterstützung angewiesen, und viele sind aufgrund von Kämpfen, Mangel an Treibstoff und der Zerstörung von Straßen, Brücken und Infrastruktur von jeder Versorgung abgeschnitten.

Im Jemen, wie überall, sind Männer und Frauen unterschiedlich von bewaffneten Konflikten betroffen. Meist tragen Frauen die Hauptlast. Im Jemen sind Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern in den lokalen Gesetzen und Gewohnheiten verwurzelt und bestimmen, ob und wie Frauen und Männer sich engagieren und über ihr Leben bestimmen können.

Viele Mütter essen im Jemen jetzt weniger, damit ihre Kinder genug auf den Teller bekommen. 522.000 schwangere Frauen haben keinen Zugang zu medizinischer Grundversorgung. Vertreibung reißt Familien auseinander und es kommt zu verschiedenen Formen von Gewalt. Wenn Männer und Jungen getötet werden oder nicht mehr arbeitsfähig sind, werden viele Frauen die Ernährerinnen und allein dafür verantwortlich,  Obdach, Nahrung und Medizin für ihre Familien zu finden.

Es ist nun schon einen Monat her, dass 71 Länder bei den Vereinten Nationen politische und finanzielle Unterstützung für weltweit von Kriegen betroffene Frauen versprochen haben. In der von ihnen verabschiedeten Resolution (UNSCR 2242) wird die Bedeutung von Frauen bei der Beendigung von Konflikten und der Förderung des Friedens bekräftigt. Im vergangenen Oktober wurde außerdem der 15. Jahrestag der historischen ersten Resolution des UN-Sicherheitsrates zu Frauen in bewaffneten Konflikten (UNSCR 1325) gefeiert. Obwohl einige Fortschritte zu verzeichnen sind, muss noch viel getan werden, bis es zur vollen Anerkennung der Menschenrechte speziell von Frauen kommt. Zum Beispiel sind Frauen in vielen formalen Friedensprozessen kaum vertreten.

Jemenitische Frauen waren beim Volksaufstand im Jahr 2011 führend beteiligt und haben bewiesen, dass sie wichtige Vorkämpferinnen für den Frieden sind. Die UN und ihre Mitgliedstaaten müssen zu ihren zuvor gemachten Versprechen stehen und sicherstellen, dass jemenitische Frauen bei den bevorstehenden Friedensgesprächen und der künftigen Ausrichtung ihres Landes  ein Mitspracherecht haben. Ein Friedensprozess, an dem Frauen substanziell beteiligt sind und der ihre Bedürfnisse berücksichtigt, wird eher dazu beitragen, die soziale und wirtschaftliche Ungleichheit zu reduzieren – und damit langfristigen Frieden und Stabilität zu fördern.