Eine sich abzeichnende Finanzkrise droht die ohnehin schon katastrophale Ernährungssituation im Jemen weiter zu verschärfen. Ein Jahr nach Ausbruch des Konfliktes verweigern immer mehr internationale Banken Nahrungsmittelimporteuren die Kredite. Die jemenitische Zentralbank hat zunehmend Probleme, die Preise für Grundnahrungsmittel zu stabilisieren. Darauf weist Oxfam im heute veröffentlichten Bericht Yemen's invisible food crisis hin.

Während des nun ein Jahr andauernden Konfliktes im Jemen haben bislang mehr als 6.100 Menschen ihr Leben verloren. 2,4 Millionen Menschen sind auf der Flucht, 21,2 Millionen Jemeniten – 82 Prozent der Bevölkerung – sind dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen. Hinzu kommt eine bislang kaum beachtete Ernährungskrise. Die Zerstörung von Bauernhöfen und Märkten, eine weitgehende Abriegelung der Häfen und akuter Mangel an Treibstoff haben dazu geführt, dass rund ein Viertel der Bevölkerung in Gefahr steht, in eine Hungersnot zu geraten.

Weil sich die Währungsreserven der Zentralbank dem Ende neigen, garantiert diese seit Februar keine günstigen Wechselkurse mehr für den Import von Zucker. Nun verdichten sich Hinweise, dass dies auch für Weizen und Reis bevorsteht. Importeure berichten Oxfam, dass sie solche Grundnahrungsmittel dann kaum einführen könnten. Die Folge wäre eine weitere Verschärfung der bisherigen Nahrungsmittelknappheit und steigende Preise. Für ein Land, das 90 Prozent seiner Lebensmittel importiert, eine verheerende Entwicklung.

So verschlimmert die drohende Finanzkrise eine der schlimmsten humanitären Krisen unserer Zeit. Auch wenn die Welt davon kaum Notiz nimmt, so leiden bereits 14,4 Millionen Jemeniten an Nahrungsmittelknappheit. Die Mehrheit von ihnen wird in extreme Not getrieben, wenn das Finanzsystem kollabiert und dadurch die Preise für Lebensmittel explodieren.

Oxfam fordert die internationale Gemeinschaft auf, den Finanzsektor des Landes und die lokalen Lebensmittelimporteure zu unterstützen. Zudem müssen alle Land-, See- und Luftwege nach Jemen offen gehalten werden, um eine durchgehende Lieferung von Nahrungsmitteln, Treibstoff und Medikamenten zu garantieren.