Am 20. Juli fand bereits die neunte internationale Afghanistan-Konferenz seit 2001 statt, bei der endlich die Weichen für eine friedliche Entwicklung des Landes gestellt werden sollten. In den vergangenen Jahren wurden bei ähnlichen Gelegenheiten wiederholt leere Versprechen gegeben, und die Situation für die meisten Menschen in Afghanistan hat sich kaum verbessert. Diesmal hatten Präsident Karsai sowie die Außenminister/innen und andere hochrangige Vertreter/innen von 70 Partnerstaaten einen großen Wurf angekündigt: Nichts weniger als ein neuer Plan für die langfristige Entwicklung des Landes, für gute Regierungsführung, Gerechtigkeit und Aussöhnung und mehr Stabilität sollte vorgelegt werden.

Die hohen Erwartungen vieler Afghan/innen wurden wiederum enttäuscht. Das Ergebnis ähnelt stark dem früherer erfolgloser Konferenzen. Ein afghanischer Teilenehmer bezeichnete das gestrige Abschluss-Kommuniqué als "eher ein Wunschkonzert als eine Strategie". Zwar sollen zum Beispiel künftig statt 20 immerhin 50 Prozent der internationalen Entwicklungshilfe über die afghanische Regierung fließen und die damit finanzierten Hilfsprojekte besser koordiniert werden. Damit diese Mittel aber auch wirklich dort ankommen können, wo sie am meisten gebraucht werden, müssen Geberstaaten wie Deutschland künftig noch stärker dabei helfen, die Leistungsfähigkeit der afghanischen Regierungsinstitutionen zu erhöhen und wirkungsvolle Korruptionsbekämpfung unterstützen.

Auf der Konferenz wurde ferner beschlossen, das von Präsident Karzai bereits im Frühjahr vorgestellte und von den Geberstaaten finanzierte Reintegrationsprogramm für Taliban-Aussteiger umzusetzen. Afghanische Nichtregierungsorganisationen weisen jedoch darauf hin, dass ähnliche Programme bereits früher gescheitert seien und warnen vor einer Amnestie oder gar Belohnung für Gewalttäter. Auch Oxfam hat immer wieder darauf hingewiesen, dass es zunächst eines Versöhnungsprozesses bedarf, bei dem den Opfern von Menschenrechtsverletzungen Gerechtigkeit widerfahren muss. Ergänzend sollten traditionelle afghanische Mechanismen zur friedlichen Beilegung von Streitigkeiten (sog. Shuras und Jirgas) verstärkt gefördert werden.

Was weiterhin fehlt, ist eine realistische Strategie, wie, bis wann und mit welchen Maßnahmen zentrale Entwicklungsziele wie Ernährungssicherheit, Gesundheitsfürsorge oder Bildung sowie ein Mindestmaß an Sicherheit erreicht werden können. Es fehlt auch weiterhin an Transparenz über das Handeln von Geberstaaten und afghanischer Regierung, sodass die afghanische und internationale Zivilgesellschaft kaum Möglichkeiten hat, den Erfolg oder Misserfolg des zivilen und militärischen Engagements zu überprüfen.