Zwei Woche lang wird nun auf der UN-Weltklimakonferenz COP29 in Baku (11.-22. November 2024) die internationale Klimapolitik rund um das Pariser Abkommen verhandelt. Die Konferenz findet, wie schon die Konferenzen der letzten Jahre, in einer Zeit großer Krisen statt.

Die Kriege in der Ukraine und im Gaza-Streifen haben den geopolitischen Kontext erheblich verändert. Die Schuldenkrise hat sich für viele einkommensschwache Länder weiter verschärft. Die Wahl von Donald Trump zum nächsten Präsidenten der USA ist ein Rückschlag für den Kampf gegen die Klimakrise. Nun auch noch das Aus der Ampel in Deutschland. Und doch kann die COP29 wichtige Fortschritte erzielen, um den gefährlich unzureichenden Anstrengungen im weltweiten Klimaschutz neuen Schwung zu geben.

Neues Globalziel Klimafinanzierung

Zentrale Aufgabe der Konferenz wird es sein, ein neues, globales Ziel für die Klimafinanzierung festzulegen, also für die finanzielle Unterstützung einkommensschwacher Länder zur Bewältigung der Klimakrise. Über mehrere Verhandlungsrunden hinweg wurde in den letzten Tagen ein Textentwurf für den entsprechenden UN-Beschluss zusammengestellt. Das neue Ziel soll das bisherige 100-Milliarden-Ziel der Industrieländer ersetzen.

Dass diese Aufgabe nun ausgerechnet für die COP29 ansteht, ist kein Zufall. Als 2015 das Pariser Abkommen beschlossen wurde, waren die darin enthaltenen Bestimmungen zur Klimafinanzierung dürftig; zentrale Forderungen der einkommensschwachen Länder waren nicht berücksichtigt worden. Als Kompromiss wurde damals daher (in Ergänzung zum Pariser Abkommen) beschlossen, die finanzielle Unterstützung für die einkommensschwachen Länder ab 2025 auf eine neue Grundlage zu stellen. Dieses Versprechen gilt es nun in Baku einzulösen, damit auch der Globale Süden ehrgeizig zur Umsetzung des Pariser Abkommens beitragen, sich klimaverträglich entwickeln und seine Gesellschaften vor den Folgen der Klimakrise schützen kann.

Dass das gelingt, liegt in unserer vernetzten Welt im ureigenen Interesse auch der Industrieländer. Der Bedarf an Unterstützung ist allerdings immens. Allein für die Anpassung an die klimatischen Veränderungen braucht der Globale Süden zwischen 215 und 387 Milliarden US-Dollar – jedes Jahr. Für die Bewältigung unvermeidlicher Verluste und Schäden werden die Kosten auf jährlich bis zu 580 Milliarden US-Dollar geschätzt, und allein für den Energiesektor (nur ein Teilbereich beim Klimaschutz) beziffert die Internationale Energieagentur den Bedarf an öffentlicher Finanzierung auf jährlich 700 bis 800 Milliarden US-Dollar.

Jetzt hängen diese Abschätzungen auch etwas voneinander ab: Mehr Mittel für die Anpassung bedeuten zum Beispiel weniger Kosten für die Bewältigung von Klimafolgeschäden. Es ist aber nicht abwegig anzunehmen, dass die einkommensschwachen Länder jährlich wenigstens eine Billion US-Dollar an Unterstützung bräuchten. Das entspräche grob einer Verzehnfachung dessen, was die Industrieländer derzeit bereitstellen. Genau das fordern in Baku die einkommensschwachen Länder.

Die gute Nachricht: Das Geld wäre prinzipiell da. Über Vermögenssteuern für Reiche und Superreiche, die durch ihren extremen Konsum erheblich zur Klimakrise beitragen, oder über Abgaben auf die Förderung fossiler Energien ließen sich erhebliche Mittel mobilisieren, die in die Bewältigung der Klimakrise gesteckt werden könnten. Darüber hinaus ließen sich die Multilateralen Entwicklungsbanken so reformieren, dass sie ein Vielfaches an Finanzierung für den Klimaschutz bereitstellen könnten als bisher.

Bleiben die gefährdeten Länder auf den Schäden sitzen?

Trotz bestmöglicher Anstrengungen im Klimaschutz und bei der Anpassung an die Veränderungen wird der Klimawandel zu erheblichen Verlusten, Schäden und Zerstörungen führen. Auch der beste Küstenschutz wird die Gewalt künftiger Sturmfluten nur einschränken, aber nicht vollständig brechen können. Auch umfassende Bewässerungssysteme können eine jahrelange Dürre nicht komplett ausgleichen. Auch die besten Frühwarnsysteme werden nicht alle Todesfälle durch Unwetterkatastrophen verhindern können.

Das bisherige Ziel der Industrieländer, jährlich 100 Milliarden US-Dollar an Klima-Hilfen zu mobilisieren, bezieht sich explizit nur auf die Unterstützung für Klimaschutz und Anpassung. Die Kosten von unvermeidlichen Folgeschäden bleiben weiterhin ausgeklammert. Dazu zählen Ernteausfälle, Überschwemmunge, die Versalzung von Grundwasser und der dauerhafte Verlust flacher Küstenstreifen oder gleich ganzer Inseln durch den steigenden Meeresspiegel. Es gilt als sicher, dass diese Folgeschäden in den kommenden Jahren und Jahrzehnten massiv zunehmen und die Lebensgrundlagen der Menschen insbesondere in den Ländern des Globalen Südens erheblich bedrohen werden.

Deswegen fordern die besonders gefährdeten Länder nun, dass das neue Globalziel explizit nicht nur die Unterstützung für Klimaschutz und Anpassung an die Veränderungen, sondern auch für die Bewältigung kommender Verluste und Schäden abdecken würde. Die Industrieländer (und auch die Bundesregierung) lehnen diese Ausweitung wie zu erwarten ab – mit formalen Argumenten: So eine Ausweitung sei im Pariser Abkommen nicht vorgesehen, das Mandat für die Verhandlungen zum neuen Globalziel erlaube die Ausweitung nicht.

In Wahrheit aber ist die Blockade politisch, denn die Industrieländer fürchten den hohen Unterstützungsbedarf beim Umgang mit Klimafolgeschäden. Mit dieser Haltung gegen die vom Klimawandel existenziell bedrohten Länder wird sich in Baku kein Erfolg zurechtzimmern lassen.

Fehlender Ehrgeiz beim Klimaschutz

Auch der dürftige Ehrgeiz der Länder beim Klimaschutz wird Thema auf der Konferenz sein. Seit Beginn der Industrialisierung ist es im weltweiten Durchschnitt um 1,3°C wärmer geworden. Die bisherigen Klimaschutzziele der Länder machen eine globale Erwärmung von bis zu 3°C möglich. Bis 2030 werden, so ein neuer UN-Bericht, die weltweiten Emissionen um weniger als drei Prozent gegenüber 2019 sinken. Nötig wären jedoch 43 Prozent, um die globale Erwärmung auf maximal 1,5°C zu begrenzen (wie es das Pariser Abkommen vorsieht) und so die schlimmsten Szenarien der Klimakrise noch zu verhindern.

Das erfordert deutlich mehr Klimaschutz der Länder. Den Regeln des Pariser Abkommens gemäß müssen alle Länder spätestens nächstes Jahr neue Klimaschutzpläne einreichen. Sie werden entscheiden, ob es noch möglich sein wird, die 1,5°C-Grenze zu halten. Möglich wäre es, aber nur unter einer immensen Anstrengung – zu der die meisten Regierungen schlicht nicht bereit sind. Auch die Bundesregierung betreibt im Verhältnis zur Verantwortung für die Klimakrise und der Wirtschaftskraft Deutschlands deutlich zu wenig Klimaschutz.

Dass es mehr Ehrgeiz braucht, hatte schon die vergangene Klimakonferenz mit der Überprüfung des Pariser Abkommens im letzten Jahr festgestellt – und zudem, wenn auch vage formuliert, den schrittweisen Ausstieg aus den fossilen Energien beschlossen.

Diesen Ausstieg gilt es nun umzusetzen, und die COP29 muss deutlich mehr Ehrgeiz von den Ländern einfordern, wenn diese also nächstes Jahr turnusgemäß ihre neuen Klimaschutzpläne einreichen werden.

Und nun ausgerechnet Donald Trump

Man darf sich nichts vormachen: Das Wahlergebnis in den USA ist ein Rückschlag für die internationale Klimapolitik. Donald Trump leugnet die Wissenschaft zum Klimawandel, agiert als Frontmann der fossilen Energieindustrie und steht seit jeher dem Multilateralismus feindlich gegenüber. Unter seiner Präsidentschaft wird die USA das Pariser Abkommen wieder verlassen (wie schon 2017), vermutlich keine nationalen Klimaziele mehr formulieren und die finanzielle Unterstützung für den Globalen Süden zusammenstreichen.

Allerdings gilt auch: Die Klimakrise macht deswegen nicht vier Jahre Halt, sondern bleibt eine existenzielle Bedrohung für unsere Gesellschaften. Weite Teile der USA wissen das und haben längst verstanden, dass ambitionierter Klimaschutz eine wichtige Zukunftsinvestition ist. Auf Bundesstaatenebene wird die zum Teil ehrgeizige Energie- und Klimapolitik weitergehen. Ohnehin wird der Rest der Welt die klimafreundliche Transformation weiter vorantreiben.

Dafür steht auch die COP29: Gerade nach der US-Wahl muss die übrige Welt zeigen, dass der kooperative Multilateralismus rund um das Pariser Abkommen echte Fortschritte bringen kann.

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