Der Countdown läuft: Nur noch 7 Wochen, bis Bundeskanzlerin Merkel die Staats- und Regierungschefs der anderen sechs großen Industrienationen (Frankreich, USA, Großbritannien, Italien, Kanada und Japan) zum diesjährigen G7-Gipfel begrüßen wird. Schauplatz ist dieses Mal Schloss Elmau in Bayern, ein äußerst schickes Wellness-Hotel mit Pools auf dem Dach und einer Yoga-Terrasse im Garten, malerisch gelegen vor dem Massiv des Wettersteingebirges. Für Schwimmen, den „Herabschauenden Hund“ oder gar ausgedehnte Bergwanderungen wird jedoch kaum Zeit sein. Zu vollgepackt ist die Agenda, zu wichtig die Themen, die auf ihr stehen: Klimaschutz, Standards in Handels- und Lieferketten, Welternährung und die Stärkung von Frauen – um nur einige zu nennen.

Dabei ist der G7-Gipfel nur der erste von vier großen Gipfeln und Konferenzen in diesem Jahr. Bereits im Juli folgt die UN-Konferenz zu Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba, im September der UN-Sondergipfel zur Verabschiedung der Post-2015-Nachhaltigkeitsziele (SDG) in New York und Ende des Jahres schließlich die UN-Klimakonferenz in Paris. Umso wichtiger ist es also, dass in diesem entwicklungs- und klimapolitisch so entscheidenden Jahr, in dem bedeutende Weichenstellungen für die kommenden Jahrzehnte erwartet werden, der G7-Gipfel starke Signale an die Weltgemeinschaft sendet.

1. Intensivere Auseinandersetzung mit sozialer Ungleichheit

Bereits im kommenden Jahr wird aller Voraussicht nach ein Prozent der Weltbevölkerung mehr Vermögen besitzen als die restlichen 99 Prozent. Ohne eine größere Verteilungsgerechtigkeit wird es nicht gelingen, die weltweite extreme Armut bis zum Jahr 2030 zu beseitigen. Die G7 sollten sich eindeutig zu einem eigenständigen Ziel zur Bekämpfung der Ungleichheit in der Post-2015-Entwicklungsagenda bekennen. Und konkrete Maßnahmen ergreifen, vor allem auf dem Gebiet der Steuerpolitik. Die G7 müssen sich dafür einsetzen, Entwicklungsländer auf Augenhöhe in die internationale Steuergestaltung einzubinden.

2. Konsequente Verfolgung ambitionierter Klimaziele

Elmau muss zu einem wichtigen Meilenstein auf dem Weg nach Paris werden, wo Ende des Jahres eine neue internationale Klimaschutz-Vereinbarung verabschiedet werden soll. Dazu ist ein starkes Bekenntnis der G7-Länder nötig, ihre Treibhausgas-Emissionen bis zur Jahrhundertmitte auf nahe Null zu reduzieren. Entsprechend sollte der G7-Gipfel deutliche Signale zur Abkehr von den fossilen Energien setzen. Insbesondere sollten sie den Weg raus aus der Kohle finden. Wie das gehen kann, hat kürzlich bereits Großbritannien gezeigt: Dort haben sich die Parteichefs der drei größten Parteien für „saubere Energie“ und einen Ausstieg aus der Kohle ausgesprochen.

3. Bereitstellung von Mitteln für Entwicklung und Klima

Der Erfolg ambitionierter Entwicklungsziele und der Erfolg der UN-Klimakonferenz hängen auch davon ab, ob genug Geld zur Verfügung steht. Internationale Finanzierungszusagen wie das 0,7-Prozent-Versprechen existieren bereits seit langem, entsprechende Verpflichtungen fehlen aber bis heute. Die G7 sollten hier mit gutem Beispiel vorangehen und sich verpflichten, nationale Stufenpläne zur schnellstmöglichen Erreichung des Ziels zu entwickeln. Und wo sie schon dabei sind: Nötig ist auch ein Fahrplan, wie sie das Versprechen erfüllen wollen, die finanziellen Klimahilfen für die armen Länder auf mindestens 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr anzuheben.

4. Schaffung von Chancengleichheit für Frauen und Mädchen

Erstmal ist es eine begrüßenswerte Sache, dass die deutsche G7-Präsidentschaft eine Initiative zur wirtschaftlichen Stärkung von Frauen und Mädchen in Entwicklungsländern plant. Die allerdings sollte auf jeden Fall auch darauf abzielen, Grund- und Sekundarbildung zu fördern sowie öffentliche und gebührenfreie Bildungssysteme in armen Ländern zu stärken. Darüber hinaus ist natürlich eine generelle Stärkung der Rechte der Frauen unabdingbar, um letztlich auch ihre ökonomische Rolle nachhaltig zu verbessern.

5. Verankerung von Menschenrechten in Lieferketten

Dass die Einhaltung arbeitsrechtlicher, ökologischer und sozialer Standards in Lieferketten eine gute Sache ist, hat auch die Bundesregierung längst erkannt und zur Umsetzung in den letzten Jahren vor allem auf freiwillige Initiativen gesetzt. Dabei hat sich jedoch gezeigt, dass Freiwilligkeit allein das strukturelle Problem der Verletzung von sozialen und ökologischen Mindeststandards in globalen Lieferketten nicht lösen kann. Die Bundesregierung sollte daher verbindliche menschenrechtliche Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Lieferkette einführen und auch bei den anderen G7-Staaten entsprechend Überzeugungsarbeit leisten.

6. Stärkere Unterstützung für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern

Auch wenn es in den letzten Jahren weniger geworden sind: Die Zahl der Menschen, die an Hunger und Mangelernährung leiden, ist nach wie vor viel zu hoch. Die G7 müssen viel stärker vor allem Kleinbäuerinnen und Kleinbauern unterstützen und ihren Zugang zu Land, Wasser und zu landwirtschaftlichen Dienstleistungen verbessern. Programme, die auf dem Recht auf Nahrung basieren, sowie diversifizierte Anbausysteme, Geschlechtergerechtigkeit und starke soziale Sicherungsprogramme sind zentral, um den Hunger und die Mangelernährung weltweit zu beenden. Mega-PPPs wie die Neue Allianz für Ernährungssicherung beinhalten dagegen große Risiken für die ärmsten Menschen, während tendenziell eher die Privilegierten und Mächtigen von diesen Investitionen profitieren. Keine Hilfe für Agrarkonzerne! Daher sollte die Neue Allianz in ihrer aktuellen Form radikal reformiert oder beendet werden.

7. Starke, effektive und reaktionsfähige Gesundheitssysteme

Die G7 müssen sich dafür einzusetzen, dass der Zugang aller Menschen zu bezahlbaren Gesundheitssystemen als eigenständiges und verbindliches Gesundheitsziel in der Post-2015-Agenda verankert wird. Die Erforschung und Entwicklung von Diagnose-, Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten für vernachlässigte Krankheiten, die vor allem Menschen in Armut betreffen, sollte verstärkt werden. Zudem sollten die G7 sich deutlich und umfassend zu einem Ende von Aids bis 2030 verpflichten – und damit ein wichtiges Signal für das Ende der drei großen Epidemien als Ziel der Post-2015-Entwicklungsangenda setzen.

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