Auch wenn das Abkommen erst durch die Ratifizierung durch die nationalen Parlamente völkerrechtliche Verbindlichkeit bekommt, werden die Regierungen durch die Unterschriften zu Vertragspartnern und erklären sich mit den Bestimmungen des Abkommens einverstanden.

Wird auch Zeit. 2015 war schon das wärmste Jahr seit Menschengedenken, 2016 wird sehr wahrscheinlich noch wärmer werden. Eine schwere Dürre plagt das südliche Afrika, Indien leidet schon wieder unter einer extremen Hitzewelle, tropische Zyklone wüten im Pazifik, und vor der australischen Küste hat die Korallenbleiche 93 Prozent des Great Barrier Reef erfasst.

Mit den heutigen Unterschriften kriegen wir den Klimawandel noch lange nicht unter Kontrolle, soviel ist klar. Selbst wenn das Abkommen später in Kraft tritt (sobald 55 Prozent der Länder das Abkommen ratifiziert haben, die zusammen mindestens 55 Prozent der weltweiten Emissionen repräsentieren), bleibt die Gefahr bestehen, dass das Abkommen am Ende zum Papiertiger wird. Es zielt darauf ab, die mittlere globale Erwärmung auf deutlich unter 2°C zu begrenzen, nach Möglichkeit auf unter 1,5°C. Jenseits dieser Schwelle drohen die Beeinträchtigungen bei der Nahrungsmittelproduktion oder der Wasserversorgung oder die Folgen zunehmender Unwetterkatastrophen in vielen Regionen außer Kontrolle zu geraten, viele der kleinen Inselstaaten sind vom steigenden Meeresspiegel existenziell bedroht. Mit den bestehenden Klimaschutz-Selbstverpflichtungen der Länder steuern wir aber auf plus 3°C zu. Noch hat kein Land erklärt, ob und wie es nachbessern wird.

Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung

Die Bundesregierung wählt hier zwischen ehrgeiziger Umsetzung oder grobem Verrat des Pariser Abkommens.

Vor dieser Herausforderung steht auch Deutschland. Man darf loben, dass die Bundesregierung maßgeblich dazu beigetragen hat, dass das Pariser Abkommen zu einem Meilenstein geworden ist. Nun aber geht es an seine Umsetzung – und hier stehen die Sterne nicht besonders günstig. 2015 ist der Treibhausgasausstoß wieder gestiegen, unter anderem wegen der niedrigen Importpreise für Steinkohle und wegen des hohen Verbrauchs der besonders klimaschädlichen heimischen Braunkohle. Ein historisch niedriger Ölpreis führt zu vermehrten Investitionen in klimaschädliche beruhende Technologien und zu mehr motorisiertem Verkehr. Während die Investitionen in erneuerbare Energien weltweit stark zugenommen haben (z.B. in China oder in den USA), gehen sie ausgerechnet im Land der Energiewende derzeit stark zurück – weil die Bundesregierung den Ausbau abwürgt.

Derartige, klimapolitisch dumme Weichenstellungen müssen nun korrigiert werden. Die Gelegenheit ist da: Kurz nach der Rückkehr von der Feier in New York wird das Umweltministerium seinen Entwurf für die langfristige Klimaschutzstrategie Deutschlands, den Klimaschutzplan 2050 an die übrigen Ministerien verschicken – zur Begutachtung und regierungsinternen Abstimmung. Noch vor der Sommerpause soll der Plan verabschiedet werden. Dann wird sich zeigen, wie ernst die Bundesregierung das Pariser Abkommen wirklich nimmt.

Der Gegenvorschlag der Zivilgesellschaft

Zusammen mit Greenpeace, Misereor, WWF, dem Naturschutzbund und knapp 40 weiteren Verbänden haben wir jetzt vorsorglich einen Gegenvorschlag veröffentlicht, den Klimaschutzplan 2050 der deutschen Zivilgesellschaft. Darin skizzieren wir, wie sich der langfristige Klimaschutz in Deutschland entwickeln muss, um die Ziele des Pariser Abkommens nicht zu verraten.

Kernforderung dieses Gegenvorschlags ist ein deutsches Reduktionsziel für Treibhausgase von mindestens 95 Prozent bis 2050, was dem oberen Ende der im Koalitionsvertrag vereinbarten Bandbreite von 80-95 Prozent Reduktionen entspricht. Zudem braucht es eine Anhebung der bisher geltenden Zwischenziele für die Jahre 2030 und 2040.

Alle Sektoren brauchen eine eigene Transformationsstrategie mit verbindlichen Zielen, etwa für den Verkehrssektor, der bis 2050 klimaneutral werden muss, oder die Landwirtschaft, die ihre Emissionen um mindestens 60 Prozent reduzieren muss.

In den Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung gehört auch die schrittweise Stilllegung der Kohlekraftwerke bis spätestens 2035, wobei ein Großteil der Kraftwerke schon deutlich früher vom Netz gehen muss. Wichtig ist hier selbstverständlich eine langfristige Planung mit staatlicher Unterstützung für die Kohleregionen, um den Übergang zu einer zukunftsfähigen Wirtschaftsstruktur sozialverträglich zu gestalten. Spätestens 2050 sollte der Übergang zu 100 Prozent erneuerbaren Energien abgeschlossen sein.

Die kommenden Wochen und Monate, in denen der deutsche Klimaschutzplan 2050 fertiggestellt wird, sind von großer Bedeutung für den künftigen Klimaschutz in Deutschland. Die Bundesregierung wählt hier zwischen ehrgeiziger Umsetzung oder grobem Verrat des Pariser Abkommens. Ich hoffe sehr, dass auch die übrigen Mitglieder der Bundesregierung wissen, was ihre Kollegin Barbara Hendricks heute in New York unterschreibt.

3 Kommentare

Dieser Ablasshandel mit Pseudo-Umwelt-Zertifikaten ist lächerlich!
Die wahren Probleme unsere Erde sind die Vergiftung durch die Industrieländer, und nicht das bisschen CO2, das in der Natur immer schon vorhanden war.

2015 ist der Treibhausgasausstoß wieder gestiegen, das dürfte eigentlich nicht sein, da eigentlich schon jedem bewußt sein müsste, dass wir den Klimawandel schon haben! Klimaschutzplan bis 2050 dauert zu lange, es muss jetzt reagiert werden durch alternative Energie und z. B. Elektroautos. Das muss einfach schneller gehen um den Willen der Menschen und der Welt.

Festlegen: das Ziel, die Schritte dorthin
Bekannt machen: eben dies
Machen: den 1. kleinen Schritt, dessen Wirkung prüfen. Entsprechend den nächsten folgen lassen
usw

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