Oxfam und seine Unterstützer*innen haben lange dafür gekämpft: Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat sich nun erstmals auf Twitter öffentlich dazu bekannt, dass Konzerne dazu verpflichtet werden sollen, welche Gewinne sie in welchen Ländern erzielen und wie viel Steuern sie darauf zahlen (sog. öffentliche länderbezogene Berichterstattung, Country-by-Country Reporting):
Das ist gut, denn Transparenz ist ein wichtiger Schritt, um mehr Steuergerechtigkeit zu schaffen. Die Öffentlichkeit hat ein Anrecht darauf zu erfahren, ob Konzerne in den Ländern, in denen sie ihre Gewinne erwirtschaften, ihren fairen Beitrag zum Allgemeinwohl leisten, Medien und Zivilgesellschaft können durch die Veröffentlichung der Daten auf mögliche Fälle von Steuervermeidung hinweisen und die Debatte über Steuergerechtigkeit vorantreiben.
In den vergangenen Jahren haben wir mit verschiedenen Aktionen darauf hingewiesen, dass Transparenz in Form einer öffentlichen länderbezogenen Berichterstattung ein wichtiger Schritt hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit ist – z.B. durch intensive Diskussionen mit Entscheidungsträger*innen in Ministerien und Parteien, durch Aktionen, um gemeinsam mit unseren Unterstützer*innen progressive Kräfte in der SPD zu mobilisieren, oder in Form von Pressemitteilungen und Kommentaren, die die SPD daran erinnerten, dass die öffentliche länderbezogene Berichterstattung ein Kernelement ihres Wahlprogramms 2017 war.
SPD-Minister Scholz schien als Finanzminister dieses Wahlversprechen vergessen zu haben und erteilte, nach Wochen des Schweigens nach seinem Amtsantritt im März 2018, der länderbezogenen Transparenz im Juli vergangenen Jahres bei einer Anhörung des EU-Parlaments eine Absage.
Nun kam offensichtlich auch aufgrund des öffentlichen Drucks die Kehrtwende. Jetzt gilt es Deutschlands Blockade auf EU-Ebene aufzulösen. Die EU-Kommission hat den Vorschlag gemacht, die öffentliche länderbezogene Berichterstattung für in der EU tätige Konzerne verpflichtend zu machen. Ohne die Zustimmung Deutschlands, d.h. des formal zuständigen Justiz- und des Finanzministeriums, geht hier nichts, da die dafür notwendige Mehrheit nicht zustande kommt. Dank Ex-Finanzminister Schäuble und nun Scholz liegt der Vorschlag aber seit Jahren auf Eis, obwohl beide immer wieder betont haben, wie wichtig Steuertransparenz ist.
Scholz muss sich jetzt an seinen Worten messen lassen. Sein Tweet darf keine Aussage bleiben, die vor allem dem SPD-internen Kampf um die Gunst der Parteimitglieder bei der Wahl der Parteivorsitzenden geschuldet ist und danach keine Rolle mehr spielt. Konkret heißt das: Wir erwarten, dass sich der Bundesfinanzminister nun über die noch immer vorhandenen Widerstände beim Koalitionspartner CDU/CSU hinwegsetzt und seinen Stiefel durchzieht, sprich in Brüssel den Kommissionsvorschlag unterstützt.
5 Kommentare
Die Finanzämter haben bisher vor allem Alleinerziehende (meist Mütter), Rentner (5 Mio. steuerpflichtig) und Studenten (Erststudium nicht absetzungsfähig) gnadenlos geschröpft, anstatt sich die großen Brocken bei den Konzernen zu holen.
Der Grundfreibetrag bei der ESt wurde seit 10 Jahren geringer angehoben als die Inflation, weshalb immer mehr Bürger in die Steuerpflicht geraten und bis zum Lebensende in die Hände von Steuerberatern getrieben werden. Das ist der wahre Skandal.
Auch hier spielt die SPD die traurige Rolle des Zauderns und der Halbherzigkeit. So kommt sie nicht aus dem politischen Tief heraus - und das wäre auch gut so, wenn ihr Ausfall in diesen Zeiten nicht so fatal wäre.
Es reicht mit der ewigen Laviererei!