Die Welt steckt in einer weithin unbewältigten und tödlichen Klo-Krise. Jahr für Jahr kostet diese Krise Millionen von Kindern das Leben.

Die Kindersterblichkeit konnte in den letzten 2 Dekaden von 20 Millionen auf 7 Millionen jährlich gesenkt werden. Die verbleibenden 7 Millionen Kinder sterben zum allergrößten Teil an vermeidbaren und behandelbaren Krankheiten. Diese Kinder leben und sterben in einer Umwelt, die stark mit fäkalen Krankheitserregern belastet ist.

Menschen ohne Zugang zu hygienischen Toiletten tragen Tag für Tag in ihrer Nachbarschaft, ihrem Dorf oder in ihrem Stadtteil zur Belastung mit Fäkalien und mit den darin enthaltenen tödlichen Krankheitserregern bei. Unter einer mangelhaften Sanitärversorgung leiden eben nicht nur die unterversorgten Haushalte sondern das gesamte Gemeinwesen.

Die weitere Senkung der Kindersterblichkeit hängt vor allem von Fortschritten in drei eng miteinander verbundenen Bereichen ab: Sauberes Trinkwasser, Sanitärversorgung und allgemeine Hygiene. Nicht umsonst spricht man von der öffentlichen Sanitärversorgung als dem größten gesundheitlichen Fortschritt in der Geschichte der Menschheit.

Umso alarmierender ist der langsame Fortschritt in diesem Bereich. Unter den Millennium-Entwicklungszielen gehört das zur Sanitärversorgung zu den Schlusslichtern. Das Ziel von 75 % Deckungsrate in 2015 wird weit verfehlt werden. Rund die Hälfte der Einwohner des globalen Südens hat immer noch keinen Zugang zu einem Klo.

Die internationale Gemeinschaft muss sich fragen lassen, ob die richtigen Mittel zum Einsatz kommen und ob die Problematik überhaupt verstanden ist. Mächtige Akteure wie Weltbank und private Stiftungen treten weltweit dafür ein, bei Sanitärprogrammen auf die Kräfte des Marktes zu setzen. Im Namen der öffentlichen Gesundheitsvorsorge legen sie Programme zur Entwicklung von Angebot und Nachfrage auf. Private Haushalte werden damit zu zentralen Entscheidungsträgern gemacht, Regierungen aus ihrer Verantwortung entlassen.

Der Erfolg ist dürftig und wird es bleiben, wenn es nicht zu einem Paradigmenwechsel kommt: Die todbringende Umweltbelastung mit fäkalen Krankheitserregern hängt eben nicht vom individuellen Verhalten eines Haushalts ab, sondern vom Verhalten der gesamten Nachbarschaft, von der Versorgung ganzer Dörfer und Stadtteile. Ein individueller Haushalt hat nur sehr begrenzte Möglichkeiten, sich und seine Kinder durch die Investition in eine eigene Toilette vor Gesundheitsrisiken zu schützen, wenn die Nachbarn weiterhin hinters Haus machen.

Um es mal in ökonomischer Terminologie auf den Punkt zu bringen: Ein Haushalt in einem Entwicklungsland mag sich aus Gründen der Privatheit oder des Komforts dafür entscheiden, in ein Klo zu investieren. Aus Gründen der Gesundheitsvorsorge wäre eine derartige Entscheidung irrational, zumindest solange die Nachbarn nicht mitziehen. Wenn es, wie bei der Sanitärversorgung, zu negativen externen Effekten und öffentlichen Gütern kommt, ist Marktversagen eher die Regel als die Ausnahme.

Was gebraucht wird, sind handlungswillige und handlungsfähige Regierungen im Süden und effektive Regulation und Gesetzgebung zum Thema. Aber auch die internationale Gemeinschaft ist in der Pflicht die Entwicklungshilfemittel für Sanitärversorgung zu erhöhen. Diese müssen im Hinblick auf eine flächendeckende Sanitärversorgung eingesetzt werden und sicherstellen, dass es dabei nicht zu unverhältnismäßigen Härten für die ärmsten Bevölkerungsgruppen kommt.

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