Seit Jahren wird über die Krise der Vereinten Nationen diskutiert: Ineffizient, zu wenig Geld, unnötig; so heißt es. Mit dieser Kritik sieht sich auch die Weltgesundheitsorganisation WHO, eines der ältesten und wichtigsten Organe der Vereinten Nationen konfrontiert. Die WHO sollte der Tiger sein, der weltweit für die Umsetzung des Menschenrechts auf Gesundheitsfürsorge kämpft. In jüngster Zeit hat sich die Organisation wichtigen Themen wie der fairen Finanzierung von Gesundheitssystem und dem katastrophalen Mangel an Gesundheitsfachkräften angenommen. Gleichzeitig aber verliert der Tiger die Zähne: Das Personal läuft in Scharen davon, die Mitgliedsstaaten der VN knausern mit ihren Beiträgen und weniger demokratisch legitimierte Akteure wie Weltbank, verschiedene globale Fonds oder private Stiftungen wie die von Bill und Melinda Gates stellen die WHO finanziell wie auch machtpolitisch zunehmend in den Schatten.
Also, Zeit für Reform und Stärkung der WHO! Hier spielt die deutsche Bundesregierung eine wichtige Rolle, ist sie doch wichtiger Beitragszahler und zumindest rhetorisch manchmal ein Freund des Multilateralismus. Und gerade an den WHO Arbeitsschwerpunkten Gesundheitsfinanzierung und Fachkräftemangel gibt es erklärtes Interesse und auch Expertise bei Regierung und Parlament.
Internationale Experten in Berlin
Grund genug für die deutschen Partner und Freunde von Action for Global Health (AFGH) alle Beteiligten zur AFGH Konferenz mit dem Thema „Zähne für den Tiger – Zur Stärkung der WHO in der globalen Gesundheitspolitik“ nach Berlin einzuladen. Und fast 100 internationale Expert/innen aus Zivilgesellschaft, Politik, und Regierung konnten von Danuta Sacher (Terre des Hommes) begrüßt werden. In einem Grundsatzreferat regte Devi Sridhar von der Universität Oxford die Teilnehmer zum Nachdenken über Multilateralismus an und spannte geschickt den Bogen zu den beiden Arbeitsgruppen zu den Themen Gesundheitsfachkräftemangel und Gesundheitsfinanzierung. Diese boten viel Raum unter Experten über Rolle und Reform der WHO zu diskutieren. In der zweiten Keynote der Global Health Expertin Ilona Kickbusch zur WHO im 21. Jahrhundert wurden die Weichen gestellt für eine spannende Abschlussdiskussion mit Vertretern des Gesundheitsministeriums, des deutschen Bundestages und einem zivilgesellschaftlichen Experten aus Zimbabwe.
Bericht der Bundesregierung zur Fachkräftekrise
Und wer sich da wundert, was aus solchen Veranstaltungen eigentlich so rauskommt, dem sei die frohe Botschaft hier verkündet: Nach Monaten des Zauderns und Zögerns, des Hin- und Herschiebens zwischen den Ressorts, hat sich die Bundesregierung nun entschlossen, die WHO bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels auch durch Anstrengungen in Deutschland zu unterstützen. Das Gesundheitsministerium verkündete während der Konferenz, dass es auf Bitte der WHO einen Bericht über die eigene Rolle bei der Abwerbung von Gesundheitsfachkräften aus ärmeren Ländern verfassen wird. Bisher sieht die Bundesregierung kein Problem wenn Gesundheitsfachkräfte aus den ärmeren Ländern Europas nach Deutschland kommen. Wir hoffen daher, in dem Bericht auch zu lesen, woher Länder wie Polen, Kroatien und Albanien ihre neuen Fachkräfte rekrutieren, nachdem ihre eigenen nach Deutschland abgewandert sind. Denn Fachkräftemigration ist global, und den Blick nur auf Deutschland zu richten wäre kurzsichtig.
Wir bleiben dran!
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