![Die 52-jährige Ärztin Manana Mikaberidze lebt in der Region Gori in Georgien. Sie ist im Rahmen der von der Regierung getragenen Krankenversicherung nicht anspruchsberechtigt. Eine private Krankenversicherung kann sie sich nicht leisten. Foto: Die Ärztin Manana Mikaberidze aus Georgien](https://www.oxfam.de/system/files/styles/desktop_40x_100_percent/private/gesundheitsfuersorge_georgien_oxfam.jpg?itok=Vt0rP8ru×tamp=1439301616)
Gesundheitsfürsorge für Alle. Warum Krankenversicherungen die Armen außen vor lassen
Oxfam unterstützt die Idee des Zugangs zu gleichberechtigter Gesundheitsfürsorge (UHC – Universal Health Coverage) als Ziel für alle Länder rund um den Globus. Denn das Konzept hat Potential: Der Zugang zu gleichberechtigter Gesundheitsfürsorge kann das Leben von Millionen Menschen zum Positiven verändern. UHC schafft Zugang zu lebensrettender Gesundheitsfürsorge für diejenigen Menschen, die diese am meisten benötigen.
Der von Oxfam veröffentlichte Bericht “Gesundheitsfürsorge für alle. Warum Krankenversicherungen die Armen außen vor lassen” zeigt jedoch: Krankenversicherungsmodelle, die sich ausschließlich durch Beitragszahlungen finanzieren, können bestehende Ungerechtigkeiten sogar verschärfen. Der Bericht verdeutlicht, dass kein Land, welches auf private Krankenversicherungen gesetzt hat, auch nur annährend das Ziel einer gleichberechtigten Gesundheitsfürsorge erreichen konnte.Eine Alternative zu den freiwilligen Versicherungssystemen sind die Modelle der sozialen Krankenversicherung. Diese haben einer Reihe von einkommensstarken Ländern wie Deutschland dazu verholfen, das Ziel des gleichberechtigten Zugangs zur Gesundheitsfürsorge für alle zu errreichen. Oxfam warnt jedoch davor, ähnliche Modelle auf Entwicklungs- und Schwellenländer zu übertragen. Selbst in Deutschland ist dieses System zunehmend auf Finanzspritzen aus dem allgemeinen Steueraufkommen angewiesen. In Entwicklungsländern schließen soziale Krankenversicherungssysteme in der Regel große Teile der Bevölkerung aus, vor allem die Menschen, die im informellen Sektor arbeiten. In Tansania haben soziale Krankenversicherungen zehn Jahre nach Einführung nur 17 Prozent der Bevölkerung erreicht.[1] Und Ghanas international gefeiertes National Health Insurance Scheme (NHIS) erreichte bisher nur 36 Prozent der Bevölkerung.
Zudem können Modelle mit Fokus auf den formellen Sektor hohe Kosten für die Regierungen mit sich bringen. In Tansania zum Beispiel musste die Regierung in den Jahren 2009/2010 für den Arbeitgeberanteil von 33 Millionen US-Dollar aufkommen – das entspricht 83 US-Dollar pro Angestelltem. Dies ist sechsmal mehr als die Regierung pro Person und Jahr für die Gesundheitsfürsorge für die allgemeine Bevölkerung ausgibt.[2],[3]
Oxfam ruft dazu auf, von den Erfahrungen der steigenden Anzahl von Entwicklungs- und Schwellenländern zu lernen, die gute Fortschritte auf dem Weg zu UHC gemacht haben. So wird beispielsweise in Sri Lanka, Malaysia und Brasilien der gleichberechtigte Zugang zu Gesundheitsfürsorge für alle aus Steuereinnahmen finanziert.
Eine zweite Möglichkeit ist es, Versicherungsbeiträge nur von den Angestellten im formellen Sektor einzusammeln und diese nach Möglichkeit mit allgemeinen Steuereinnahmen zusammenzuführen. Eine Reihe Länder verfahren erfolgreich nach diesem Modell, dazu zählen Thailand, Mexiko und Kirgisistan. Der entscheidende Punkt ist: Die einzigen Entwicklungsländer, die es geschafft haben, UHC umzusetzen, haben eine Finanzierung mittels Steuern organisiert.[4]
Krankenversicherungsbeiträge von den Ärmsten sollten immer vermieden werden. Regierungen sollten sich stattdessen darauf konzentrieren, Gesundheitsfürsorge für alle bereitzustellen – unabhängig von persönlichem Hintergrund oder finanziellen Umständen.
Oxfam Bericht: Gesundheitsfürsorge für Alle. Warum Krankenversicherungen die Armen außen vor lassen (deutsche Zusammenfassung) [PDF | 322394]
[1] National Health Insurance Fund (2011) op.cit.
[2] National Health Insurance Fund Tanzania (2010) „NHIF Actuarial and Statistical Bulletin“. Abrufbar auf: http://www.nhif.or.tz/index.php/about-nhif/rreports, letzter Zugriff am 26. Juni 2013.
[3] Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation lagen die Pro-Kopf-Ausgaben im Gesundheitsbereich im Jahr 2010 bei 14,4 US-Dollar (Angaben verfügbar auf http://apps.who.int/gho/data/view.country.20700). Die Berechnung der Pro-Kopf-Ausgaben für NHIF beruhen auf der Gesamtsumme des Arbeitgeberanteils und der Anzahl der NHIF-Mitglieder im Zeitraum 2009/10.
[4] Task Force on Global Action for Health System Strengthening (2009) „G8 Hokkaido Toyako Summit Follow-Up: Global Action for Health System Strengthening, Policy Recommendations to the G8“ Japan Center for International Exchange: Tokyo. Abrufbar auf: http://www.jcie.org/researchpdfs/takemi/full.pdf, letzter Zugriff am 27. Juni 2013.