Neuen Kommentar hinzufügen

Oxfam Logo Platzhalter

Soziale Ungleichheit bekämpfen, um Armut zu überwinden

15. Dezember 2020

Oxfam hat einen neuen Strategischen Plan, genauer: deren zwei. Das Oxfam Global Strategic Framework beschreibt Schwerpunkte und Selbstverständnis des internationalen Oxfam-Verbundes. Der Strategische Plan von Oxfam Deutschland definiert genauer, was dies für unsere Arbeit als deutsche Organisation heißt. Ihr Horizont beträgt jeweils zehn Jahre. Nun sind strategische Pläne nicht unbedingt etwas, bei dem Menschen sofort das Herz aufgeht. Warum dazu also ein Blog? Weil wir vor historischen Herausforderungen stehen, die nach grundlegenden Antworten verlangen. Wir hoffen, mit unserer Strategie dazu einen Beitrag zu leisten und wünschen uns einen lebendigen und gerne auch kritischen Austausch zu unseren Ansätzen.

Die COVID-19-Pandemie droht die Welt im Kampf gegen die Armut um Jahrzehnte zurückzuwerfen. Durch die Einschränkungen zur Eindämmung des Virus könnten mehr Menschen an Hunger sterben als durch die Krankheit selbst. Dies zeigt, wie ungerecht, unsozial und krisenanfällig unsere Welt derzeit organisiert ist. Hinzu kommt die immer spürbarer werdende Klimakrise: Dürren, Stürme und Überschwemmungen bedrohen die Existenz von Millionen Menschen, insbesondere in Ländern des Globalen Südens. Weltweit sind so viele Menschen auf der Flucht, wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr, häufig bedingt durch komplexe und langanhaltende humanitäre Notlagen. Dazu kommt, dass unerträglicher Weise vielerorts Nationalismus und Populismus auf dem Vormarsch sind.

Wir brauchen einen systemischen Wandel

Für uns ist klar: Eine Rückkehr zur Normalität vor der Corona-Pandemie darf es nicht geben. Denn diese Normalität war bereits das Problem. Wir brauchen einen systemischen Wandel, der ein gutes und gesundes Leben für alle Menschen ermöglicht: eine gerechte und nachhaltige Welt ohne Armut. Dreh- und Angelpunkt dieses Wandels ist der Kampf gegen soziale Ungleichheit, um Armut und Ungerechtigkeit zu überwinden. Denn soziale Ungleichheit führt dazu, dass sich Privilegien, Ausbeutung und Unterdrückung verfestigen. Sie vertieft darüber hinaus Diskriminierung, Sexismus und Rassismus in unseren Gesellschaften, verschärft die Klimakrise und treibt gewaltsame Konflikte an. Wir müssen die Ursachen von Armut und Unterdrückung an der Wurzel packen und verändern. Das war immer eine Grundüberzeugung von Oxfam, der wir in unserer Strategie mit neuen Akzenten Nachdruck verleihen.

Grundlage und Richtschnur unserer Arbeit sind weiterhin die Menschenrechte. Die Verwirklichung der Menschenrechte ist zugleich ein wichtiger Gradmesser für gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung. In diesem Sinne setzen wir uns für ein gerechtes Wirtschaftssystem ein, für die Rechte von Frauen und für Geschlechtergerechtigkeit in all ihrer Vielfalt, über alle sexuellen und geschlechtsspezifischen Identitäten hinweg. Wir streiten für Klimagerechtigkeit und verlangen von den Mächtigen dieser Welt die Achtung der Menschenrechte sowie Transparenz und Rechenschaft über ihr Tun. Gemeinsam mit Menschen und Organisationen aus den Ländern, in denen wir arbeiten, gehen wir die Ursachen und Folgen von Katastrophen und Konflikten an. Dabei wollen wir stärker als bislang Bewusstsein dafür schaffen, wie Normen, Strukturen und Institutionen für Armut und Ungerechtigkeit mitverantwortlich sind, aber auch dafür, dass diese aufgebrochen und verändert werden können.

Feministisches Selbstverständnis und Fokus auf drei Schwerpunkte

Bei Oxfam Deutschland fokussieren wir uns auf drei thematische Schwerpunkte:

  • Soziale Gerechtigkeit, damit alle Menschen ihr Recht auf soziale Grunddienste sowie auf gleichberechtigte politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Teilhabe verwirklichen können.
  • Gerechtes Wirtschaften durch nachhaltige Ansätze wie Agrarökologie, die Stärkung lokaler Märkte, gerechten Klimaschutz sowie die Einhaltung der Menschenrechte in den Lieferketten von Unternehmen.
  • Und bei Humanitären Krisen sorgen wir dafür, dass die betroffenen Menschen Zugang zu Nahrungsmitteln sowie Wasser-, Sanitär- und Hygieneversorgung haben und ihre fundamentalen Rechte geachtet werden.

Alle Schwerpunkte bearbeiten wir unter dem Aspekt der Geschlechtergerechtigkeit, verstanden als die Gleichstellung von Frauen, Männern, Trans- und nicht-binären Personen.

Wir definieren uns als feministische Organisation. Eine Gleichstellung der Geschlechter wird wesentlich dazu beitragen, die Armut für alle zu beenden. Und es kann keine soziale, ökonomische und ökologische Gerechtigkeit ohne Geschlechtergerechtigkeit geben. Würde, Inklusion, Vielfalt und Gerechtigkeit sind Grundprinzipien des Feminismus – und es sind Grundprinzipien von Oxfam. Diesen Prinzipien werden wir allerdings nur dann gerecht, wenn sie auch in unserem eigenen Tun erkennbar sind.

Selbstkritische Auseinandersetzung mit unseren blinden Flecken

Deshalb befassen wir uns in unserer Strategie nicht nur damit, was wir in der Welt verändern wollen, sondern auch mit dem Wie und den Herausforderungen, vor denen wir dabei als Organisation stehen. Auch bei Oxfam kommt es zu Diskriminierungen und ungleichen Machtverhältnissen, zum Beispiel zwischen Nord und Süd, weißen Menschen und People of Colour oder den Geschlechtern. Wir werden deshalb Ressourcen und Entscheidungsmacht noch stärker als bislang in den Globalen Süden verlagern, hin zu unseren Partnerorganisationen, sozialen Bewegungen und den Gemeinschaften, mit denen wir arbeiten. Zudem verändern wir unsere Führungsstrukturen, um feministischer und diverser zu werden. Wir wollen vielfältigen Perspektiven gleichberechtigt Raum geben und uns mit unseren blinden Flecken selbstkritisch auseinandersetzen.

Oxfam wurde zu einer Zeit gegründet, als das Konzept der Wohltätigkeit unseren Sektor prägte – die Idee, dass die Reichen den Armen geben. Das ist lange her und Oxfams Antrieb war schon immer der Gedanke der Solidarität. Doch Neokolonialismus, Rassismus und Paternalismus gegenüber Menschen im Globalen Süden haben aus dieser Zeit überdauert, teilweise auch bei Oxfam. Mit unserer neuen Strategie sagen wir klar und deutlich: In unserer Arbeit ist kein Platz dafür. Als lernende Organisation werden wir alles dafür tun, diesem Anspruch gerecht zu werden.

Bewegungen schaffen Veränderung, nicht Individuen

Im Zentrum unserer Strategie stehen die Menschen, für die und mit denen wir arbeiten, vor allem diejenigen, die besonders von Ungleichheit, Armut und Konflikten betroffen oder bedroht sind. Sie dabei zu unterstützen, ihre Situation zu verbessern, ihre Stimme zu erheben und gehört zu werden, ist unser Ziel. Wir verbinden dabei das Lokale mit dem Globalen und schaffen Bündnisse, die Menschen, zivilgesellschaftliche Organisationen und soziale Bewegungen zusammenbringen.

Wir sind überzeugt: Nicht Individuen schaffen Veränderung, sondern Bewegungen, in denen Menschen verschiedener Herkunft, mit unterschiedlicher Erfahrung und vielfältigen Ideen einander zuhören, sich stärken und gemeinsam für eine Sache einstehen. Gerade die jungen klimapolitischen, feministischen und antirassistischen Bewegungen besonders des globalen Südens sind mächtige Triebkräfte des Wandels. Wir verstehen uns als Partnerin und Alliierte dieser Bewegungen und wollen dazu beitragen sie zu stärken, damit Ungleichheit, Ungerechtigkeit und Armut bald Geschichte sind.

Wir freuen uns über anregende Diskussionen, sachliche Kritik und eine freundliche Interaktion.

Bitte achten Sie auf einen respektvollen Umgangston. Auch wenn Sie unter einem Pseudonym schreiben sollten, äußern Sie bitte dennoch keine Dinge, hinter denen Sie nicht auch mit Ihrem Namen stehen könnten. In den Kommentaren soll jede*r frei seine Meinung äußern dürfen. Doch es gibt Grenzen, deren Überschreitung wir nicht dulden. Dazu gehören alle rassistischen, rechtsradikalen oder sexistischen Bemerkungen. Auch die Diffamierung von Minderheiten und Randgruppen akzeptieren wir nicht. Zudem darf kein*e Artikelautor*in oder andere*r Kommentator*in persönlich beleidigt oder bloßgestellt werden.

Bitte bedenken Sie, dass Beleidigungen und Tatsachenbehauptungen auch justiziabel sein können. Spam-Meldungen und werbliche Einträge werden entfernt.

Die Verantwortung für die eingestellten Kommentare sowie mögliche Konsequenzen tragen die Kommentator*innen selbst.