Warum lohnt es sich, im Supermarkt nachzufragen?

„Wir machen, was unsere Kundinnen und Kunden wollen. Die Arbeitsbedingungen sind den Leuten – Hand aufs Herz – eben doch nicht so wichtig wie möglichst billige Produkte.“ Als Organisation hören wir solche Sätze in Gesprächen mit Supermärkten oft. Es ist wichtig, dass die Supermärkte von Ihnen als Kund/innen das Gegenteil hören. Sprechen Sie mit Ihrem Supermarkt: Erklären Sie ihm, dass Sie erwarten, dass er nur Produkte anbietet, die unter menschenwürdigen Bedingungen hergestellt werden.

Warum ist der Filialleiter oder die Filialleiterin die richtige Ansprechperson?

Die Filialleitung ist nicht für den Einkauf der Produkte verantwortlich; das macht die Konzernzentrale. Aber die Filialleitung gibt an die Zentrale weiter, was sie vor Ort erfährt: Wonach fragen Kundinnen und Kunden? Was ist den Konsument/innen wichtig? Was muss sich ändern, damit Menschen ihren Einkauf weiterhin im Supermarkt machen?

Ich kaufe bei keiner der großen Supermarktketten, kann ich trotzdem nachfragen?

Auch wenn es der kleine Laden um die Ecke ist: Beim eigenen Supermarkt nachzufragen, lohnt sich immer. Denn so zeigen Sie, was Ihnen wichtig ist. Allerdings: Trends in der Produktion werden von den Großen bestimmt. Die wenigen kleinen Läden und Ketten, die es noch gibt, sind dafür weniger verantwortlich.

Was Sie zusätzlich machen können: Gehen Sie zu Aldi & Co. und teilen Sie ihnen mit, dass Sie unter anderem auch deshalb nicht bei ihnen einkaufen, weil sie nicht überzeugend für Menschenrechte eintreten. Das ist ein wirkungsvolles Signal an die Supermärkte.

Mit welchen Antworten kann ich rechnen und wie sind diese einzuschätzen?

Wie die Filialleitung Ihnen als Kund/in antwortet, kann man natürlich nicht exakt vorhersehen. Bestimmte Antworten geben die Supermärkte allerdings immer wieder, wenn sie mit uns als Organisation oder der Presse reden. Wir haben einige Standardantworten der Supermärkte aufgelistet und unsere Einschätzung dazu gegeben:

„Wir führen Kontrollen in den Produktionsstätten durch, sogenannte Audits.“

Unsere Einschätzung: Empirische Untersuchungen von uns und anderen zeigen, dass derartige Kontrollen für Sozial- und Arbeitsrechte die Probleme vielfach nicht beheben. Kontrollen sind oft angekündigt, sodass die Leitung Probleme vertuschen kann.  Beispielsweise bekommen prekär Beschäftigte am Kontrolltag Zwangsurlaub oder Toiletten werden nur temporär aufgeschlossen. Kontrolleur/innen können bei kurzen Besuchen auf Plantagen nicht genügend Vertrauen zu Arbeiter/innen aufbauen, damit diese ihnen Probleme offen schildern. Oft drohen den Arbeiter/innen nämlich Schikanen oder die Entlassung, wenn sie Probleme benennen.

„Die geschilderten Fälle sind Einzelfälle.“

Unsere Einschätzung: Es gibt Dutzende von Studien, die Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen in den Lieferketten der Supermärkte aufzeigen. Es besteht kein Zweifel, dass die Rechte vieler Arbeiter/innen verletzt werden – egal auf welchem Kontinent die Produkte hergestellt werden und wer sie bezieht. Deshalb müssen Supermärkte grundsätzlich Mechanismen etablieren, mit denen sie das Risiko von Rechtsverletzungen erkennen und minimieren können.

„Wir machen schon sehr viel. Wir haben zum Beispiel das Projekt XY für Kleinbäuerinnen und Kleinbauern im Kakaoanbau.“

Unsere Einschätzung: Pilotprojekte sind gut, um Erfahrungen zu sammeln, wie Rechtsverletzungen begegnet werden kann. Entscheidend ist, dies dann entsprechend auf alle Lieferketten auszuweiten. Einzelne Projekte sind sonst nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

„Wir sind schon sehr transparent. Bei Milch und Fleisch können Sie schon genau sehen, wo Ihr Produkt herkommt.“

Unsere Einschätzung: Transparenz bei Milch und Fleisch ist richtig. Bei Produkten wie Bananen, Kakao oder Meeresfrüchten ist diese Transparenz allerdings meist nicht gegeben. Häufig steht nur das Ursprungsland auf der Verpackung, bestenfalls der Importeur. Um tatsächlich zu schauen, ob Rechtsverletzungen in der Lieferkette eines bestimmten Supermarkts passieren, müssen mindestens die Produktionsstätten offengelegt werden, oftmals auch die entsprechenden Zuliefererbetriebe.

„Ausbeutung abzustellen, kostet Geld. Kunden sagen manchmal, das sei ihnen wichtig, schauen dann aber nur auf den Preis.“

Unsere Einschätzung: Es stimmt – superfair und superbillig passt nicht zusammen. Allerdings zeigen unsere Berechnungen: Manche Rechtsverletzungen, wie Löhne unterhalb des Existenzminimums, sind durchaus aus der Handelsspanne der Supermärkte bezahlbar – ohne dass der Preis an der Kasse steigen muss. Außerdem sind Kund/innen durchaus bereit, mehr zu zahlen, wenn sie sich wirklich sicher sein können, dass das Geld bei den Arbeitenden ankommt. Auf Marketingtricks, bei denen Supermärkte mit Nachhaltigkeit werben, diese aber nicht umsetzen, haben Kund/innen verständlicherweise keine Lust und wollen dafür auch nicht zahlen. Dass der heimische Apfel mehr kostet als die Banane aus Lateinamerika, das finden sehr viele Menschen fragwürdig.

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