Offener Brief an die Staats- und Regierungschefs der EU fordert klare Zusagen an die Entwicklungsländer
Die Finanzierungshilfen für die am stärksten betroffenen Länder des Klimawandels sind keine Wohltätigkeit in Zeiten des Reichtums, sondern eine moralische Verpflichtung. Dies haben Brot für die Welt, Germanwatch, Misereor und Oxfam gemeinsam mit mehr als 50 weiteren Umwelt- und Entwicklungsorganisationen in einem offenen Brief an die europäischen Staats- und Regierungschefs klargestellt. Das Schreiben fordert Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Amtskollegen auf, mit belastbaren Aussagen über Finanzierungshilfen die anstehenden UN-Verhandlungen zu einem neuen Klima-Abkommen voranzubringen. Andernfalls, so die Organisationen, droht der internationale Klimazug auf dem Abstellgleis zu verharren und wertvolle Zeit zu vergeuden. Die nächsten UN-Klimaverhandlungen finden Ende März in Bonn statt, Vorentscheidungen fallen bereits in diesen Tagen bei den internen Abstimmungen in Berlin und Brüssel.
Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch: 'Um eine realistische Chance zu haben, die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels abzuwenden, muss die EU jetzt ein deutliches Signal an die Entwicklungsländer für eine groß angelegte Technologie- und Finanzkooperation abgeben. Dies ist zentral, denn man hat sich 2007 in Bali darauf geeinigt, die zukünftigen Klimaschutzleistungen der Schwellen- und Entwicklungsländer direkt an das Ausmaß der finanziellen und technischen Unterstützung durch die Industrieländer zu koppeln.' Hier müsse die EU konkrete Verhandlungsangebote an die Entwicklungsländer vorlegen.
Cornelia Füllkrug-Weitzel, Direktorin von Brot für die Welt, ergänzt: 'Klimaschutz ist mehr als dringend, denn es leiden bereits Millionen Menschen in Entwicklungsländern massiv unter den negativen Folgen des nicht mehr abwendbaren Teils des Klimawandels.' Die EU als einer der Hauptverursacher des Klimawandels stehe hier in der moralischen Pflicht, für die verursachten Folgen aufzukommen. 'Wir erwarten von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass sie sich bei den an den Verhandlungen beteiligten Finanz- und Wirtschaftsministerien für ambitionierte Positionen einsetzt', so Füllkrug-Weitzel. Sonst untergrabe sie immer mehr ihre vergangenen Errungenschaften für die EU-Klimapolitik.
Hauptforderung des offenen Briefes ist, dass die Europäische Union konkrete und belastbare Angebote vorlegen müsse, um die Folgen des Klimawandels in den am stärksten betroffenen Entwicklungsländern abzumildern und die Entwicklungs- und Schwellenländer beim Klimaschutz zu unterstützen.
Jan Kowalzig, Klimaexperte bei Oxfam: 'Die Entwicklungsländer werden zusätzlich mindestens 110 Milliarden Euro jährlich benötigen - für eine klimafreundliche Entwicklung und um sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen, etwa durch Küstenschutzmaßnahmen oder den Umbau der Landwirtschaft. Eine gerechte Lastenverteilung hieße, dass die reichen Länder, darunter Deutschland, einen Großteil der Kosten aufzubringen hätten.' Das zeige eine Vielzahl von Studien. 'Diese Unterstützung darf nicht als Entwicklungshilfe missverstanden werden, sondern ist Ausgleich für das Verursachen des Klimawandels.' Auf die EU entfalle etwa ein Drittel der aufzubringenden Mittel, erklärt Kowalzig.
Dr. Bernd Bornhorst, Leiter der Abteilung Entwicklungspolitik von Misereor, mahnt: 'Es kann nicht sein, dass die derzeitige Finanzkrise eine notwendige Lösung der Klimakrise ausbremst. Diese ist keine Entschuldigung dafür, die Menschen in Entwicklungsländern mit den Folgen des Klimawandels alleine zu lassen'. Die Verursacher von Emissionen zur Finanzierung heranzuziehen, entspräche einem allgemein anerkannten Prinzip, und die EU-Staaten sollten sich bei der Diskussion von Finanzierungsmechanismen hiervon leiten lassen.
Bis zu ihrem Treffen am 10. März sollen sich die Finanzminister (und vorher die Umweltminister) auf konkrete Vorschläge einigen, wie diese zusätzlichen Kosten im Rahmen der Klima-Rahmenkonvention gedeckt werden können. Auch der G8-Gipfel im Juli solle durch die EU-Staaten dazu genutzt werden, um die anderen Industrienationen ins Boot zu holen.