Oxfam: Zynisches Klima-Mikado kennt nur Verlierer
Auch kurz vor der nächsten Runde der UN-Klimaverhandlungen in Bonn (1.-12. Juni) herrscht Stillstand in den Delegationen: Die Industrieländer sind weiterhin weder bereit, ihren Ausstoß von Treibhausgasen verbindlich und ausreichend zu reduzieren, noch die Entwicklungsländer beim Klimaschutz angemessen zu unterstützen. „Wenn die reichen Länder weiter so unbeweglich bleiben, wird die Konferenz in Bonn keine brauchbaren Ergebnisse bringen", warnt Jan Kowalzig, Referent für Klimawandel bei Oxfam Deutschland.
„Bei den Verhandlungen spielen die Industrieländer ein zynisches Klima-Mikado: Wenn sich keiner bewegt, gewinnt nicht nur niemand, sondern verlieren Hunderte Millionen Menschen in den Entwicklungsländern ihre Lebensgrundlagen", so Kowalzig. Nach Oxfams Berechnungen steigt in den kommenden sechs Jahren die Zahl der durch den Klimawandel in Not geratenen Menschen auf jährlich 375 Millionen.
Die seit kurzem vorliegenden Textentwürfe für das UN-Klimaabkommen, das im Dezember im dänischen Kopenhagen verabschiedet werden soll, zeugen von großer Uneinigkeit bei den zentralen Bausteinen des Abkommens.
Oxfam fordert für ein global gerechtes Abkommen zur Bewältigung des Klimawandels drei zentrale Verpflichtungen der reichen Industrieländer: Sie müssten erstens ihre Emissionen um mindestens 40 Prozent bis 2020 (gegenüber 1990) absenken, zweitens jährlich mindestens 70 Milliarden Euro für klimafreundliche Entwicklung in den Entwicklungsländern bereitstellen, und drittens mit mindestens 40 Milliarden Euro die Anpassung an den Klimawandel etwa für die Einführung trockenresistenter Getreidesorten in den armen Ländern unterstützen. „Wenn sich die Industrieländer in diesen drei Punkten bewegen würden, wären die Schwellen- und anderen Entwicklungsländer sehr schnell bereit, ihren eigenen Beitrag zur Bewältigung der Krise zuzusagen", sagt Kowalzig.
„Gerade Schwellenländer wie China oder Indien signalisieren immer wieder, dass sie durchaus bereit sind, angemessen zum globalen Klimaschutz beizutragen. Aber: es sind die Industrieländer, die ihren fairen Anteil nicht übernehmen wollen, sondern entweder das Problem klein reden oder versuchen, sich aus der Affäre bzw. die Entwicklungsländer über den Tisch zu ziehen."
Die Bundesregierung liefert ein gemischtes Bild. Während Umweltminister Sigmar Gabriel regelmäßig die USA für deren unzureichende Klimaschutzpläne kritisiert, geht es anderen Ministern weiterhin weniger um den Schutz des Klimas als den Schutz der klimaschädlichen Industriebranchen. „Dabei sind Investitionen in erneuerbare Energien oder in Wärmedämmung wesentlich sinnvollere Konjunkturmaßnahmen für den Wirtschaftsstandort Deutschland als z.B. die Abwrackprämie. Das sind die Jobmaschinen und Innovationsmotoren der Zukunft - und sie zerstören nicht die Lebensgrundlagen der Menschen in Afrika oder Asien", so Kowalzig.
Das Entwicklungsministerium vertrete zudem die Position, dass die Gelder für die Bewältigung des Klimawandels in den armen Ländern auf das Erreichen des 0,7%-Ziels der Öffentlichen Entwicklungshilfe anzurechnen seien. „Das ist keine akzeptable Vorgehensweise", kritisiert Kowalzig. „Deutschland und die übrigen Industrieländer sind die Hauptverursacher des Klimawandels - insofern sind Finanzhilfen für die Anpassung an den Klimawandel keine Entwicklungshilfe, sondern ein Ausgleich für die zugefügten Schäden.