Ich bin von einem Flüchtlingscamp in Bangladesch nach Kopenhagen gereist, um Gerechtigkeit für die 45.000 Menschen zu fordern, die Hab und Gut durch den Zyklon Aila verloren haben. Wie soll ich ihnen erklären, dass ihr Schicksal hier in Kopenhagen auf taube Ohren gestoßen ist?
Shorbanu Khatun, Oxfam-Klimazeuge aus Bangladesch
Der 'Copenhagen Accord', der heute in Kopenhagen als Ergebnis der zweiwöchigen Verhandlungen präsentiert wurde, ist mehr Schein als Sein und völlig unzureichend, um die globale Klimakrise zu bewältigen.
Die Vereinbarung ist wenig mehr als eine politische Erklärung und beruht auf einer Einigung vor allem zwischen den USA und den großen Schwellenländern Indien, China, Brasilien und Südafrika. Die EU hatte sich durch ihre Zögerlichkeit während der Konferenz das Heft weitgehend aus der Hand nehmen lassen, stimmte der Vereinbarung aber dennoch zu.
Wesentliche Anforderungen an das Ergebnis von Kopenhagen wurden nicht erreicht. Weder haben sich die Staaten auf ausreichende Klimaschutzziele geeinigt, um einen katastrophalen Klimawandel noch zu verhindern, noch gibt es verbindliche Zusagen zu Finanzierungshilfen für Klimaschutz und Anpassung an die Klimafolgen in den armen Ländern. Die über 100 Staats- und Regierungschefs haben sich in Kopenhagen auch nicht darauf einigen wollen, bis Ende 2010 ein rechtlich verbindliches Abkommen zu erreichen.
Jeremy Hobbs, Geschäftsführer von Oxfam International:
„Diese Vereinbarung ist ein verantwortungsloser Versuch, die bestehenden Uneinigkeiten beim globalen Klimaschutz und den fehlenden politischen Willen zum Handeln zu kaschieren. Unter beidem leiden die Verhandlungen seit ihrem Beginn vor zwei Jahren.
„Im Interesse der Millionen Menschen in aller Welt, für die ein gerechtes, ambitioniertes und verbindliches Klimaschutz-Abkommen von existentieller Wichtigkeit ist, müssen die Regierungen Anfang 2010 schleunigst an den Verhandlungstisch zurückkehren und die harten Entscheidungen treffen, vor denen sie sich in Kopenhagen gedrückt haben."
Die wichtigsten Elemente des ‚Copenhagen Accords'
2°C-Ziel und Klimaschutz: die Staaten setzen sich das gemeinsame Ziel, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf unter 2°C zu begrenzen. Die Vereinbarung enthält aber keine konkreten und verbindlichen Klimaschutzziele. Vielmehr sollen Industrie- und Schwellenländer bis Ende Januar ihre freiwilligen Ziele und Maßnahmen in eine Liste eintragen - dabei ist jetzt schon klar, dass die vorliegenden Angebote der Industrieländer völlig unzureichend sind, um das 2°C-Ziel zu erreichen. Zudem würde bereits eine Erwärmung um mehr als 1.5°C flache Küstengebiete und ganze Inselstaaten unbewohnbar machen.
30 Mrd. in den Jahren 2010 bis 2012: Für die dringenden Maßnahmen in den armen Ländern, insbesondere bei der Anpassung an die Folgen des Klimawandels, sollen über drei Jahre jährlich 10 Milliarden US-Dollar bereitgestellt werden. Das ist richtig und wichtig, aber diese Gelder sind weitgehend bereits an anderer Stelle versprochen worden oder werden von den künftigen Budgets der Entwicklungszusammenarbeit abgezweigt und werden dann dort fehlen.
Langfristig jährlich 100 Mrd. für Klimaschutz und Anpassung: Die Vereinbarung enthält das Ziel für Industrieländer, Finanzmittel zu mobilisieren, die bis 2020 auf jährlich 100 Mrd. US-Dollar anwachsen sollen. Die angestrebte Summe ist etwa die Hälfte dessen, was angemessen und gerecht wäre. Das Ziel ist zudem nicht verbindlich, und es gibt auch keine konkreten Verpflichtungen für einzelne Länder, zur Erreichung dieses Ziels beizutragen. Darüber hinaus besteht auch hier keine Gewissheit, dass die Gelder zusätzlich zu den bestehenden Zusagen der Entwicklungszusammenarbeit geleistet werden. Das hieße, künftige Mittel der Entwicklungshilfe für Bildung oder Gesundheitsfürsorge könnten umgewidmet werden, um Maßnahmen zum Schutz vor den Folgen des Klimawandels zu finanzieren.