Klares Votum der europäischen Bürgerinnen und Bürger für Finanztransaktionssteuer
Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in den fünf größten EU-Ländern spricht sich für eine Finanztransaktionssteuer und die Verwendung der dadurch zu erzielenden Einnahmen für Armutsbekämpfung aus. Dies ergab eine repräsentative Umfrage des von Oxfam beauftragten britischen Meinungsforschungs-Instituts YouGov in sechs europäischen Ländern.
Demnach befürwortet über die Hälfte der Befragten in Deutschland (53%), Frankreich (51%), Großbritannien (51%), Italien (59%) und Spanien (67%) eine Finanztransaktionssteuer, wenn die Einnahmen für die Armutsbekämpfung im In- und Ausland eingesetzt würden. (1) In den Niederlanden ist die Zahl der Befürworterinnen und Befürworter einer solchen Steuer geringer (38%), aber dennoch höher als die der Gegner (25%).
"Die Umfrage ist ein deutliches Votum der Bürgerinnen und Bürger für eine europäische Steuer gegen Armut und ein klares Signal an die europäischen Staats- und Regierungschefs" Tobias Hauschild, Experte für Entwicklungsfinanzierung bei Oxfam Deutschland.
In allen sechs Ländern sind über 80 Prozent der Befragten der Meinung, dass der Finanzsektor daran beteiligt werden sollte, die durch die Wirtschafts- und Finanzkrise entstandenen Schäden zu beheben. Nur jeder elfte Befragte in Deutschland ist der Meinung, dass der Bankensektor bereits ausreichend an den Kosten der Krise beteiligt worden ist. (2)
Deutliches Signal für europaweite Steuer gegen Armut
"Die Umfrage ist ein deutliches Votum der Bürgerinnen und Bürger für eine europäische Steuer gegen Armut und ein klares Signal an die europäischen Staats- und Regierungschefs", sagt Tobias Hauschild, Experte für Entwicklungsfinanzierung bei Oxfam Deutschland. Kürzlich hatten sich die Regierungen der Länder der Eurozone darauf geeinigt, die Möglichkeiten einer Finanztransaktionssteuer auszuloten. "Nun müssen sich die EU-Staats- und Regierungschefs auf dem am Donnerstag in Brüssel stattfindenden EU-Gipfel deutlich zu einer europaweiten Finanztransaktionssteuer und der Verwendung der Einnahmen für die Armutsbekämpfung bekennen", fordert Hauschild.
Glaubwürdigkeit der Bundesregierung in Gefahr
"Es ist unabdingbar, dass insbesondere in Deutschland ein großer Teil der Einnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer in die weltweite Armutsbekämpfung und den Klimaschutz in armen Ländern fließt", so Hauschild. Die Bundesregierung sei derzeit weit davon entfernt, ihr Versprechen zur Erhöhung der Entwicklungshilfe (0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens im Jahr 2015) einzulösen. "Die Glaubwürdigkeit der Bundesregierung bei der Entwicklungsfinanzierung steht hier in Frage. Bundeskanzlerin Merkel kann beweisen, dass sie ihre Versprechen ernst nimmt, indem sie dafür sorgt, dass die Steuer kommt und die Einnahmen in Armutsbekämpfung und weltweiten Klimaschutz fließen."
Die Oxfam-Meinungsumfrage "International Aid" wurde vom 7. bis 14. März 2011 von YouGov plc durchgeführt. Alle Daten wurden im Rahmen einer Online-Befragung von YouGov erhoben. In sieben Ländern wurden jeweils mehr als 2.000 Bürgerinnen und Bürger ab 18 Jahren befragt (Deutschland: 2105; Frankreich: 2008; Vereinigtes Königreich: 2226; Italien: 2004; Kanada: 2005; Niederlande: 2011; Spanien: 2009).
Oxfam Deutschland ist Mitglied im Kampagnenbündnis "Steuer gegen Armut". Das Bündnis besteht aus 71 Organisationen, die die Einführung einer Finanztransaktionssteuer fordern, um Spekulation an den Finanzmärkten zu verringern und mit den Steuereinnahmen die weltweite Armutsbekämpfung, den Klimaschutz in armen Ländern und soziale Ausgaben in Deutschland zu finanzieren.
(1) Wortlaut der Frage:
"Weltweit haben viele Menschen ihre jeweilige Regierung aufgefordert, eine Steuer auf Finanztransaktionen einzuführen. Dies ist eine Art Umsatzsteuer auf alle Geschäfte mit Aktien, Währungen und anderen Finanzprodukten. Diese Unterstützerinnen und Unterstützer der Finanztransaktionssteuer sind der Überzeugung, dass mit den Einnahmen aus der Steuer dringende öffentliche Aufgaben finanziert werden sollten. Kritiker meinen, dass die Einführung einer solchen Steuer Finanzprodukte verteuern würde. Die deutsche Bundesregierung setzt sich derzeit auf europäischer Ebene bzw. weltweit für die Einführung dieser Steuer ein. Sie will die Einnahmen zur Konsolidierung des Bundeshaushalts nutzen. Inwieweit würden Sie eine solche Steuer befürworten oder ablehnen, wenn das Geld von der Bundesregierung auch zur Armutsbekämpfung im In- und Ausland verwendet werden würde?"
(2) Wortlaut der Fragen:
"Inwieweit stimmen Sie folgenden Aussagen zu?"
a) Banken und andere Finanzinstitute haben eine Verantwortung, den Schaden, den sie im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise verursacht haben, zu beheben. Sie sollten daher eine Steuer oder Abgabe zahlen.
b) Die Banken und ihre Angestellten haben in der Wirtschaftskrise bereits genug zurückgezahlt. Sie sollten zum Wohle des wirtschaftlichen Aufschwungs nicht weiter mit Steuern oder Abgaben belastet werden.