Für Menschen in armen Ländern bedeutet dieser Bruch des Gleneagles-Versprechens weniger Zugang zu Trinkwasser, zu Nahrungsmitteln und lebensrettenden Medikamenten. Tobias Hauschild
Experte für Entwicklungsfinanzierung bei Oxfam Deutschland.

Nach den heute veröffentlichten Zahlen der OECD ist die weltweite Öffentliche Entwicklungshilfe von 119,7 Milliarden US-Dollar im Jahr 2009 auf 128,7 Milliarden US-Dollar im Jahr 2010 gestiegen. Damit haben die Geberländer ihre Hilfszusagen vom G8-Gipfel 2005 im schottischen Gleneagles um rund 18 Milliarden US-Dollar verfehlt.

Damals war medienwirksam versprochen worden, die jährlichen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit bis 2010 um 50 Milliarden US-Dollar zu erhöhen. Die Hälfte davon (25 Milliarden US-Dollar) sollte Ländern in Afrika zugutekommen. Doch 2010 sind nur 11 Milliarden US-Dollar zusätzlich dorthin geflossen.

„Das ist eine große Enttäuschung“, bilanziert Tobias Hauschild, Experte für Entwicklungsfinanzierung bei Oxfam Deutschland. „Und das dicke Ende kommt noch: Es ist absehbar, dass viele Geberländer ihre Entwicklungsleistungen infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise in den kommenden Jahren kürzen werden.“

Dies habe fatale Folgen für die Menschen in armen Ländern. Laut Weltbank sind durch die Finanz- und Wirtschaftskrise zusätzlich 64 Millionen Menschen in extreme Armut geraten. „Kürzungen bei der Entwicklungshilfe könnten dazu beitragen, dass diese Zahl noch größer wird“, warnt Hauschild. „Für Menschen in armen Ländern bedeutet dieser Bruch des Gleneagles-Versprechens weniger Zugang zu Trinkwasser, zu Nahrungsmitteln und lebensrettenden Medikamenten.“

Deutsche Entwicklungshilfe weit von Zielvorgabe entfernt

Auch die Steigerung der deutschen Entwicklungshilfequote auf 0,38% im Jahr 2010 sei keine Erfolgsmeldung. „Hier hat man nur die Streichungen aus dem Vorjahr wieder wettgemacht“, so Hauschild. Denn nach 0,38% im Jahr 2008 war die ODA-Quote 2009 auf 0,35% des BIP gefallen. Die in 2005 zugesagte Erhöhung auf 0,51% im Jahr 2010 hat die Bundesregierung deutlich verfehlt. „Der Kassensturz der OECD fällt für die Bundesregierung damit alles andere als schmeichelhaft aus“, konstatiert Hauschild.

Eine Besserung sei nicht in Sicht. Mit dem jüngsten Eckwertebeschluss zum Bundeshaushalt 2012 und der darin vorgesehenen Erhöhung des Entwicklungsetats um lediglich rund 100 Millionen Euro könne das weitere Ziel, bis 2015 auf eine ODA-Quote von 0,7% zu kommen, nicht erreicht werden. Aufgrund seiner vergleichsweise stabilen wirtschaftlichen Situation könne Deutschland aber deutlich mehr leisten. „Die Bundesregierung muss endlich politischen Willen beweisen und ihre Entwicklungshilfe-Versprechen einlösen“, so Hauschild.

Mittel aus Finanztransaktionssteuer für Entwicklung nutzen

Beispielsweise sollten Einnahmen aus der geplanten Steuer auf Finanztransaktionen auch für Armutsbekämpfung und Klimaschutz in armen Ländern genutzt werden. Eine Oxfam-Umfrage vom März 2011 ergab, dass über die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland eine solche Steuer zugunsten von Entwicklung, Klima und Umwelt befürworten würde.

 

 

Oxfam Deutschlands Arbeit zu den Millennium-Entwicklungszielen wird von der Europäischen Union finanziell unterstützt. Für den Inhalt dieser Pressemitteilung ist allein Oxfam Deutschland e.V. verantwortlich; der Inhalt kann in keiner Weise als Standpunkt der Europäischen Union angesehen werden.