Laut einem neuen Oxfam-Bericht versagt die internationale Gemeinschaft in der Syrien-Krise in drei zentralen Bereichen: der Beitrag zur Nothilfe ist ungenügend,  die Aufnahme von Flüchtlingen in reichen Ländern unzureichendund Waffenlieferungen untergraben Friedensbemühungen.

In dem Bericht „A Fairer Deal for Syrians“ ruft Oxfam die Vereinten Nationen auf, ein Waffenembargo gegen alle Kriegsparteien in Syrien zu verhängen. Reiche Länder müssten zudem dringend ihre Nothilfe erhöhen und wesentlich mehr Flüchtlingen einen sicheren Zufluchtsort anbieten.

Der Bericht zeigt, dass bisher weniger als die Hälfte der für humanitäre Hilfe benötigten 7,7 Milliarden US-Dollar bereitgestellt worden sind, während einige Staaten durch Waffenlieferungen die Gewalt weiter anheizen und damit Friedensbemühungen untergraben. Reiche Länder nehmen insgesamt nur kläglich wenige Menschen aus Syrien bei sich auf, während Libanon, Jordanien und andere Nachbarländer Syriens mit über drei Millionen Flüchtlingen die Grenze ihrer Belastbarkeit erreicht haben.

„Dies ist die größte Krise der Gegenwart, doch zu viele Regierungen stehlen sich aus der Verantwortung. Während der Zustrom von Waffen nahezu ungebremst ist, kommen die Gelder für die Flüchtlingshilfe nur tröpfchenweise. Und auch bei der Aufnahme syrischer Flüchtlinge versagen die meisten reichen Länder“, sagt Oxfams Nahostexperte Robert Lindner.

Deutschland muss auf EU-weite Selbstverpflichtung drängen

Zwar stelle Deutschland im internationalen Vergleich bei der Aufnahme von Flüchtlingen eine positive Ausnahme dar, so Lindner weiter. „Auf EU-Ebene bleibt die Bundesregierung aber hinter ihren Möglichkeiten zurück. Sie sollte auf eine EU-weite Selbstverpflichtung der Mitgliedsstaaten zu angemessener Flüchtlingsaufnahme drängen. Abgesehen davon könnte auch Deutschland selbst wesentlich mehr Syrerinnen und Syrern Schutz vor Not und Verfolgung bieten als bisher.“

An der Finanzierung der internationalen Flüchtlingshilfe beteiligt sich Deutschland bisher nur unzureichend. Robert Lindner: „66 Prozent des ‚gerechten Anteils‘ – gemessen an der ökonomischen Leistungsfähigkeit – sind zu wenig. Es wäre ein wichtiges Signal an andere Geberstaaten, wenn Deutschland seinen finanziellen Beitrag für die Nothilfe in Syrien und in den Nachbarländern deutlich aufstocken würde.“

Unter anderem die Vereinigten Staaten, Japan, Frankreich, Italien, Spanien und die Schweiz haben ebenfalls deutlich weniger Mittel für Nothilfe ausgegeben, als ihrer Wirtschaftskraft nach jeweils angemessen wäre. Einige Golfstaaten haben zwar großzügig Gelder für humanitäre Hilfe bereitgestellt, finanzieren jedoch auch Waffenlieferungen an syrische Gruppierungen.

Der Bericht „A Fairer Deal for Syrians“ steht zum Download bereit unter http://www.oxfam.de/publikationen/fairer-deal-for-syrians

Hintergrund:

Oxfam beurteilt die Anstrengungen von Ländern bei der Bekämpfung der Syrienkrise anhand von drei Indikatoren:

  • Höhe der Mittel für humanitäre Hilfe, gemessen an der jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Bruttonationaleinkommen); für jedes Land errechnet sich daraus ein „gerechter Anteil“ an der internationalen Nothilfefinanzierung.
  • Humanitäre Aufnahme von Flüchtlingen im eigenen Land (ausgenommen Gewährung von Asyl), ebenfalls gemessen an der jeweiligen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
  • Einsatz zur Beendigung von Menschenrechtsverletzungen und Brüchen des humanitären Völkerrechts, ausgedrückt insbesondere durch die Haltung der jeweiligen Länder zu Waffen- und Munitionslieferungen an syrische Kriegsparteien.