Franziska Humbert, Arbeitsrechtsexpertin von Oxfam, kommentiert das heute von Bundesminister Müller ins Leben gerufene Textilbündnis. Darin wollen sich Unternehmen, Zivilgesellschaft und Gewerkschaften zusammen mit der Bundesregierung für verbesserte soziale und ökologische Bedingungen in der Textil-Lieferkette einsetzen.

„Das Bündnis barg eine echte Chance für Näher/innen, künftig von ihrem Lohn auch leben zu können. Ein großes Hindernis ist nun aber, dass die meisten Unternehmen und Verbände wie Otto, Lidl, Kik oder der Handelsverband HDE dem Bündnis bisher nicht beigetreten sind. Der Erfolg des Bündnisses hängt entscheidend davon ab, dass alle wichtigen Akteure der Textilbranche dabei sind.“

„Damit die Näher/innen tatsächlich vom Bündnis profitieren, müssen Unternehmen und Fabrikbesitzer den freiwilligen Selbstverpflichtungen auch nachkommen. Andernfalls muss Minister Müller seine Ankündigung wahrmachen und entsprechende gesetzliche Regelungen erlassen, nach denen Unternehmen für die Nichteinhaltung von sozialen Mindeststandards in der Lieferkette haften.“

„Deutschland muss, wie im Aktionsplan vorgesehen, das Bündnis auf die EU- und die internationale Ebene ausweiten. Zwar gibt es auch in anderen Ländern wie den Niederlanden bereits Bündnisse, doch haben sie erst Durchschlagkraft, wenn möglichst viele Staaten mitmachen.“

„Oxfam hält den Aktionsplan des Bündnisses für umsetzbar, da viele Unternehmen sich bereits in anderen Initiativen wie der Business Social Compliance zu den meisten Anforderungen verpflichtet haben. Oxfam begrüßt besonders, dass die Unternehmen  in Deutschland ausdrücklich zu einer Änderung ihrer Einkaufspolitik angehalten sind. Dann müssen sie Preise zahlen und Lieferzeiten einräumen, die es Fabrikbesitzern in Produktionsländern wie Bangladesch ermöglichen, höhere Löhne zu zahlen und angemessene Arbeitszeiten einzuhalten. Das geht über die meisten bisher bestehenden Initiativen hinaus. Ohne veränderte Einkaufspolitik wird das Bündnis für die Textilarbeiter/innen nichts bewirken.“

Hintergrund:

Im April 2013 stürzte in Bangladesch das RanaPlaza, eine Zulieferfabrik für unter anderem die deutsche Textilbranche zusammen. Ein Jahr nach der Katastrophe lud Entwicklungsminister Müller Unternehmen, Zivilgesellschaft und Gewerkschaften ein, an der Entwicklung eines Textilsiegels mitzuwirken. Es soll eine nachhaltige Produktion garantieren. Der gemeinsam erarbeitete Aktionsplan enthält Mindestanforderungen im sozialen und ökologischen Bereich, die die Unternehmen Schritt für Schritt bis spätestens 2020 umsetzen müssen Aus der zunächst angestrebten Einführung eines Textilsiegels wurde nun das Textilbündnis.