Der Ansatz der Sonderinitiative „Eine Welt ohne Hunger“, die Entwicklungsminister Müller heute vorstellt, ist nicht geeignet, um eine Welt ohne Hunger zu erreichen. Davor warnt die Entwicklungsorganisation Oxfam. Anspruch der Initiative ist es, einen wichtigen Beitrag zur Beseitigung von Hunger und Mangelernährung zu leisten. Doch hierfür müssten die am stärksten von Hunger Betroffenen im Mittelpunkt der Maßnahmen stehen. Dies ist nicht einmal im Ansatz erkennbar. „Minister Müller hat die Chance verpasst, sich programmatisch an den Bedürfnissen und Prioritäten marginalisierter Kleinbauern und Kleinbäuerinnen zu orientieren und sie in die Entwicklung einzubeziehen“, erklärt Oxfams Agrarexpertin Marita Wiggerthale. Vieles ist zudem alter Wein in neuen Schläuchen: Mehrheitlich weitet das Ministerium bestehende Vorhaben einfach aus. Wie weit Anspruch und Wirklichkeit der Initiative auseinanderklaffen, zeigt ein heute veröffentlichter detaillierter Faktencheck Oxfams.
Vorhaben am grünen Tisch geplant
Prestigeprojekt der Sonderinitiative und mit Abstand größtes Einzelvorhaben sind die so genannten Grünen Innovationszentren. Doch deren Zielgruppe war in die Konzeption nicht systematisch einbezogen. Nur in Ausnahmefällen gab es in den Projektländern einen Austausch mit Vertreter/innen von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern; ansonsten erfolgte die Planung über ihre Köpfe hinweg. Oxfam zufolge gibt es keine Anzeichen dafür, dass bei den übrigen Vorhaben im Rahmen der Sonderinitiative anders vorgegangen wurde. Dies legt auch der hohe Zeitdruck nahe, unter dem sie entwickelt wurden. „Das Ministerium plant fröhlich von oben nach unten, ohne die Menschen einzubeziehen, denen das Ganze am Ende helfen soll. Dies hat sich schon in der Vergangenheit als unwirksam erwiesen. Es ist frappierend, dass Projekte immer noch ohne die Zielgruppen entwickelt werden“, so Wiggerthale. „Kleinbauern und Kleinbäuerinnen und ihre Organisationen werden so nicht gestärkt.“
Agrartechnik statt nachhaltige Landwirtschaft
Ein weitere Kritikpunkt: Die Innovationszentren verfolgen einen zu starken technischen Ansatz. Das geförderte Agrarmodell entspricht dem der Agrarunternehmen und steht nicht für eine soziale und ökologische Neuausrichtung der Landwirtschaft. Das Wissen und die Innovationen von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern im Bereich grüner Produktionsmethoden (Agrarökologie) stehen nicht im Mittelpunkt, Frauen spielen keine führende Rolle. „Wir müssen das produktivistische, ertragsfixierte Denken überwinden und stärker die Qualität von Entwicklungshilfe in den Blick nehmen, um Einkommen, Jobs und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft zu verbessern“, so Wiggerthale.
Dennoch begrüßt Oxfam, dass Minister Müller seinen Schwerpunkt auf die Beseitigung von Hunger und Mangelernährung legt und dafür auch mehr Geld zur Verfügung stellt. Die Rehabilitierung degradierter Böden stellt eine Chance dar, wenn sie insbesondere kleinbäuerlichen Betrieben zu Gute kommt, die karge Anbauflächen bewirtschafteten. Auch ist der vorgesehene multi-sektorale Ansatz bei der Ernährungssicherung positiv; vorausgesetzt, dieser wird konsequent umgesetzt.