Die G7 haben einen verhaltenen ersten Schritt beim Klimaschutz getan, bleiben bei Armutsfragen aber unverbindlich. So lautet das Resümee der internationalen Entwicklungsorganisation Oxfam am Ende des zweitätigen Treffens in Deutschland. Die Ergebnisse des Gipfels kommentiert Jörn Kalinski, Leiter Kampagnen und Lobbying von Oxfam Deutschland:

Klima

„Es ist ein willkommenes Signal, dass die G7 sich für eine Transformation der Energiesysteme und ein langfristiges Ziel für die Reduzierung der globalen Treibhausgasemissionen ausgesprochen haben. Gleichzeitig sind diese Länder aber nicht bereit, ihren fairen Beitrag dazu zu leisten. Die Vorschläge der G7-Staaten über ihre eigenen Verpflichtungen zur Reduzierung klimaschädlicher Treibhausgase im künftigen Klimaabkommen reichen hinten und vorne nicht aus. Wenn die G7 ihre heutigen Beschlüsse in die Tat umsetzen wollen, müssen sie unverzüglich den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern einleiten, insbesondere aus der klimaschädlichen Kohle. Schon in den kommenden Tagen werden wir sehen, wie ernst es etwa die Bundesregierung wirklich meint. Die geplante Abgabe für die ältesten und schmutzigsten Kohlekraftwerke droht wegen des Widerstands der Energiekonzerne und der IGBCE zu kippen. Das wäre ein herber Rückschlag für den Klimaschutz in Deutschland.

Bei der finanziellen Unterstützung der armen Länder im Kampf gegen den Klimawandel haben die G7 wenig mehr zustande gebracht, als ihr altes Versprechen zu bekräftigen, die Klima-Hilfen bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar jährlich anzuheben. Das langt nicht. Weder haben die G7-Länder einen Fahrplan in Aussicht gestellt, wie sie ihr Versprechen bis 2020 erreichen wollen, noch haben sie angekündigt, auch tatsächlich mehr Geld in die Hand zu nehmen. Das ist eine schwere Hypothek für die laufenden Verhandlungen um ein neues Klima-Abkommen. Nur Angela Merkel hatte bereits im Vorfeld angekündigt, die Klima-Hilfen aus Deutschland bis 2020 zu verdoppeln. Daran müssen sich nun die anderen G7-Chefs messen lassen und ihre öffentlichen Finanzhilfen für arme Länder in den kommenden Jahren weiter steigern. Was derzeit an Hilfen für die Bewältigung der Folgen des Klimawandels bereitsteht, entspricht gerade mal zwei Prozent dessen, was eigentlich nötig wäre.“

Ernährungssicherheit

„Wir sind enttäuscht, was der G7-Gipfel bei den Themen Hunger und Ernährung gebracht hat. Die Abschlusserklärung erwähnt zwar das Ziel, 500 Millionen Menschen aus Hunger und Mangelernährung befreien zu wollen; ein Viertel der aktuell zwei Milliarden hungernden und mangelernährten Menschen. Es ist enttäuschend, dass die Schlusserklärung vor allem wachsweiche Formulierungen enthält. Die G7 haben sich auf dieses Ziel nicht verpflichtet, sondern sind lediglich ‚bestrebt‘ es zu erreichen. Zudem fehlt es an finanziellen Zusagen. Ohne das nötige Geld, wird es schwer, die Lebensgrundlage der Ärmsten der Armen zu verbessern und Umweltschäden zu beheben.“

Ungleichheit und Steuergerechtigkeit

„Die G7 haben es versäumt, sich mit der wachsenden sozialen Ungleichheit auf der Welt zu befassen. Einmal mehr ging es um Wachstum, aber nicht darum, wie der Wohlstand fairer verteilt werden kann. Dabei untergräbt soziale Ungleichheit langfristig Wachstum und ist ein wesentliches Hindernis bei der Armutsbekämpfung.

Es ist zwar erfreulich, dass die G7 Steuerflucht bekämpfen und arme Länder bei der Steuererhebung unterstützen wollen. Doch die entscheidenden Fragen blieben außen vor: Wir brauchen eine internationale Steuerreform, die verhindert, dass multinationale Konzerne arme Länder um Milliarden prellen. Nötig ist ein Gremium im Rahmen der UN, in dem Entwicklungsländer ihre Interessen gleichberechtigt einbringen können. Eine solche Reform muss von allen Staaten gemeinsam entwickelt werden, nicht hinter verschlossenen Türen der G7 oder G20. Arme Länder verlieren durch unbezahlte Steuern multinationaler Unternehmen jedes Jahr Einnahmen in Höhe von 105 Milliarden Dollar.“

Lieferketten

„Oxfam begrüßt, dass die die G7 die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte nachdrücklich unterstützen und die Privatwirtschaft dringend dazu aufrufen, ihrer Sorgfaltspflicht bei den Menschenrechten nachzukommen. Doch die G7 überlassen die Umsetzung zu sehr den Unternehmen. Stattdessen müssen die Staaten mit verbindlichen Regeln dafür sorgen, dass Unternehmen existenzsichernde Einkommen und soziale und ökologische Mindeststandards in globalen Wertschöpfungsketten sichern.“

Nachhaltige Entwicklungsziele

„Mitgliedsstaaten der G7 haben bei der Entwicklung der Nachhaltigen Entwicklungsziele eine sehr konstruktive Rolle gespielt und es ist ein zusätzliches positives Signal, dass dieser Gipfel sich zu diesen Zielen bekannt hat. Doch es wird schwer, diese ohne eine ausreichende Finanzierung zu erreichen. Die G7 müssen ihre Versprechen zur Aufstockung der Entwicklungshilfe einlösen, Steuerflucht und Steuervermeidung gemeinsam mit den Entwicklungsländern bekämpfen und dafür sorgen, dass ihre Finanzminister an der so wichtigen Entwicklungsfinanzierungskonferenz in Addis Abeba teilnehmen.“

Gesundheit

„Wir begrüßen, dass die G7 Lehren aus der Ebola-Krise ziehen wollen und anerkennen, dass die betroffenen Länder finanzielle Unterstützung brauchen. Doch um solche Epidemien effektiv zu bekämpfen, ist mehr nötig, als die Nothilfe-Kapazitäten aufzustocken. Oxfam fordert die G7 auf, sich zu dem Ziel der universellen Gesundheitsversorgung zu bekennen und die dafür notwendigen Finanzmittel bereitzustellen. Dies wäre eine wichtige Voraussetzung, um den Ausbruch solcher Epidemien künftig zu verhindern.“

Wirtschaftliche Förderung von Frauen

„Ausbildungsförderung für Frauen ist wichtig, um ihre Stellung auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Doch ohne Maßnahmen, die den Zugang von Frauen in Entwicklungsländern zur Schulbildung verbessern, wird die Wirkung von Ausbildungsförderung begrenzt bleiben. 50 Prozent der Frauen in Afrika südlich der Sahara können weder lesen noch schreiben. Nötig sind außerdem Maßnahmen, die darauf zielen, das Machtungleichgewicht zwischen Männern und Frauen zu verändern, sowie Geschlechter-Stereotype und Diskriminierung gegenüber Frauen zu überwinden.“

Griechenland

„Die ökonomische Krise in Griechenland hat einen Teil des Gipfels dominiert und das zu Recht. Die soziale Ungleichheit im Land nimmt drastisch zu und die Armut hat ein für Europa unvorstellbares Ausmaß angenommen. Doch die historische Erfahrung aus Lateinamerika lehrt, dass sich eine Schuldenkrise nicht durch eine Politik des sozialen Kahlschlags lösen lässt. Oxfam fordert, dass die G7 mehr tun müssen, als die bestehenden Austeritätsmaßnahmen etwas anzupassen. Griechenland braucht die Möglichkeit zur Entschuldung oder einer langfristigen Schuldenstreckung.“