In Reaktion auf einen neuen Bericht über die Ernährungslage im Südsudan (Integrated Food Security Phase Classification, IPC), der von den Vereinten Nationen und humanitären Organisationen veröffentlicht wurde, erklärt heute der Landesdirektor von Oxfam im Südsudan, Zlatko Gegic:

„Fast vier Millionen Menschen im Südsudan leiden zurzeit Hunger – fast doppelt soviel wie vor einem Jahr. Dies ist ein klarer Beleg für die verheerenden Auswirkungen des Bürgerkriegs, der inzwischen 22 Monaten andauert. Es ist Zeit zu handeln, um Menschenleben zu retten.“

„Wir sind besonders besorgt angesichts der Situation im nördlichen Bundesstaat Unity, wo die Ernährung von schätzungsweise 30.000 Menschen ernsthaft gefährdet ist. In Unity wird trotz eines Friedensabkommens weitergekämpft, die Menschen sind von humanitärer Hilfe abgeschnitten. Oxfam arbeitet vor Ort im Süden von Unity, wo wir die furchtbaren Bedingungen direkt miterleben. Aufgrund der anhaltenden Kämpfe müssen die Menschen aus den Dörfern fliehen, um sich woanders in Sicherheit zu bringen. Doch dort sind sie wegen der Kämpfe von jeder Unterstützung abgeschnitten und drohen zu verhungern. Viele Kinder wurden von ihren Familien getrennt und sind alleine unterwegs, haben nichts mehr außer der Kleidung, die sie am Leib tragen, und müssen sich von Pflanzenwurzeln oder anderen Dingen ernähren, die sie finden.“

Der neue IPC-Bericht spricht eine deutliche Sprache. Darin heißt es: "Anlass zu äußerster Besorgnis liefern die schätzungsweise 30.000 Menschen im Bundesstaat Unity. Sie befinden sich bereits in einer humanitären Katastrophe, die sich voraussichtlich noch weiter zu einer Hungersnot verschlechtern wird, angesichts des fehlenden und dringend benötigten humanitären Zugangs."

Zlatko Gegic, Landesdirektor von Oxfam im Südsudan, weiter: „Für die humanitäre Hilfe steht bislang nicht genügend Geld zu Verfügung. Der Hilfsaufruf der Vereinten Nationen für 2015 ist zurzeit nur zu 55 Prozent finanziert. Die humanitären Geber müssen dringend mehr Geld für Nahrungsmittelhilfe zur Verfügung stellen.“

„Nach fast zwei Jahren Bürgerkrieg sind die Kriegsfolgen im gesamten Land spürbar. Erstmals seit Beginn der IPC-Prognosen für den Südsudan ist eine Verschlechterung der Nahrungsversorgung auch in Landesteilen zu beobachten, die weniger direkt von Kämpfen betroffen sind, etwa in der Region Greater Equatoria.  Geber sollten verstärkt Projekte unterstützen, die Selbsthilfemechanismen der Bevölkerung stärken, beispielsweise in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, Marktzugang und Einkommensmöglichkeiten.“

„Die Not der Zivilbevölkerung wird erst dann ein Ende finden, wenn das unterzeichnete Friedensabkommen umgesetzt wird und die Kämpfe aufhören."

„Oxfam appelliert an die Konfliktparteien, den vereinbarten Waffenstillstand einzuhalten und die Versorgung der Zivilbevölkerung mit dringend benötigter Hilfe zu ermöglichen. Die internationale Gemeinschaft muss weiterhin alle diplomatischen Möglichkeiten nutzen, um eine dauerhafte Friedenslösung voranzutreiben.“

Hintergrundinformationen

Die Integrated Food Security Phase Classification (IPC) ist ein Instrument zur Risikobewertung der Ernährungs- und Versorgungslage in einem Land. Sie umfasst fünf Kategorien:
•    IPC1: stabile Ernährungslage
•    IPC2: angespannte Ernährungslage
•    IPC3: akute Ernährungs- und Versorgungskrise
•    IPC 4: humanitäre Notlage
•    IPC 5: Hungersnot/ humanitäre Katastrophe

Der neueste IPC-Bericht über den Südsudan stuft die Ernährungssituation von schätzungsweise 3,9 Millionen Menschen im Südsudan (34% der Bevölkerung) als gefährdet ein. Das entspricht einer Steigerung von 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Ernährungssituation von 30.000 Menschen wird als „humanitäre Katastrophe“ (IPC 5) eingestuft.


Oxfam ist eine internationale Nothilfe- und Entwicklungsorganisation, die weltweit Menschen mobilisiert, um Armut aus eigener Kraft zu überwinden. Dafür arbeiten im Oxfam-Verbund 17 Oxfam-Organisationen Seite an Seite mit rund 3.000 lokalen Partnern in mehr als 90 Ländern.