Beim OECD-Entwicklungsausschuss (DAC) in Paris behandeln die europäischen Entwicklungsminister unter anderem die Frage, ob Finanzmittel der Entwicklungszusammenarbeit (Official Development Assistance, ODA) für Terrorprävention, Polizeitraining oder allgemeine Sicherheitsmaßnahmen genutzt werden können. Ferner werden sie darüber beraten, ob mehr ODA-Mittel für die anfallenden Kosten zur Aufnahme der Flüchtlinge aufgewendet werden können. Dies beobachten viele Nichtregierungsorganisationen (NGOs) mit großer Sorge. Gleichzeitig treffen sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Brüssel, um über die gemeinsame Bewältigung der Flüchtlingskrise zu sprechen.

Das NGO-Bündnis von ONE, Oxfam und Save the Children ruft die EU-Staats- und Regierungschefs dazu auf, die Flüchtlingskrise nicht auf Kosten der Ärmsten der Welt zu bewältigen.

Dabei

  • dürfen die Kriterien zur Anrechenbarkeit von ODA-Mitteln nicht aufgeweicht werden – weder durch die Einbeziehung von Sicherheits- und Verteidigungskosten noch durch die Erweiterung der Anrechenbarkeit von Ausgaben zur Flüchtlingsaufnahme.
  • müssen Entwicklungsländer und NGOs in den Prozess zur Reform der ODA-Anrechenbarkeit eingebunden werden.
  • muss sichergestellt werden, dass Flüchtlinge die Hilfe erhalten, die sie benötigen.

Marion Lieser, Geschäftsführerin von Oxfam Deutschland, sagt: „Entwicklungsgelder müssen den Ärmsten zugutekommen. Reiche Länder sollten sie nicht zweckentfremden, um Finanzierungslücken bei der Flüchtlingsunterbringung zu stopfen oder Sicherheitsmaßnahmen zu finanzieren. Wenn die Geberländer Mittel, die ursprünglich für Entwicklung vorgesehen waren, nach Gutdünken umschichten, ziehen Hunderte von Millionen der Ärmsten den Kürzeren.“

Tobias Kahler, Deutschland-Direktor von ONE, sagt: „Diejenigen zu unterstützen, die vor Krieg und Vertreibung fliehen, ist ein Gebot der Menschlichkeit. Allerdings dürfen die Mittel zur Bewältigung der Flüchtlingskrise nicht zulasten bereits bestehender Zusagen an die Ärmsten gemacht werden. Alles andere wäre kontraproduktiv, denn wirksame Entwicklungshilfe kann dazu beitragen, Fluchtursachen nachhaltig zu bekämpfen. Bereits heute geht weniger als ein Viertel der deutschen Entwicklungshilfe an die ärmsten Länder, obwohl diese unsere Unterstützung am meisten benötigen.“

Bidjan Nashat, Vorstand von Save the Children Deutschland, sagt: „Die derzeitigen Überlegungen, noch mehr ODA-Mittel nicht für die Entwicklungszusammenarbeit zu verwenden, greifen viel zu kurz. Keine Mutter verlässt mit ihren Kindern freiwillig ihr Heimatland, um die gefährliche Flucht nach Europa auf sich zu nehmen. Wir müssen den Menschen also vor Ort Schutz und Perspektiven geben. Dies erreichen wir nur, indem wir weiterhin die Entwicklungsgelder stetig ausbauen, um so vor Ort gezielt helfen zu können. Vor allem die Kinder in den Krisengebieten benötigen unsere Unterstützung, um beschützt lernen und sich entwickeln zu können.“