Die Ermordung der honduranischen Menschenrechts- und Umweltaktivistin Berta Cáceres in der vergangenen Woche verdeutlicht, dass internationale Investoren und Konzerne wie Siemens ihre Unterstützung für das umstrittene Agua-Zarca-Staudammprojekt beenden müssen. Zu diesem Fazit kommt die internationale Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam. Sie verweist darauf, dass unter anderem der über das Joint-Venture Voith Hydro beteiligte Siemens-Konzern, die niederländische Entwicklungsbank FMO und die finnische Entwicklungsagentur Finnfund weiter an Agua Zarca festhalten. Dass es auch anders geht, haben dagegen die zur Weltbank gehörende International Finance Corporation und der weltweit größte Staudammbauer, die chinesische Sinohydro, bewiesen, als sie ihr Engagement 2013 nach öffentlicher Kritik beendeten.
 
„Das Verhalten der Staudamm-Partner ist unverantwortlich. Sie verschärfen dadurch den Konflikt mit der indigenen Bevölkerung und riskieren, dass noch mehr Blut vergossen wird“, sagt Marita Wiggerthale, Expertin für Landrechte bei Oxfam Deutschland. Sie erinnert daran, dass sich die Ermordung von Berta Cáceres in eine Vielzahl von Gewalttaten gegen Staudammgegner und Landrechtsaktivisten in Honduras einreiht. So wurden laut der Nichtregierungsorganisation Global Witness allein zwischen 2010 und 2014 101 Landrechte- und Umweltaktivisten in Honduras ermordet. Honduras gehört damit zu den weltweit gefährlichsten Ländern für Umweltschützer.

Oxfam kritisiert, dass die internationalen Partner des Staudammprojektes mit ihrem Engagement auch gegen internationales Recht verstoßen. Laut UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sowie der Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) hätte die Zustimmung der indigenen Bevölkerung zum Staudammprojekt eingeholt werden müssen. Dies ist aber nicht geschehen. In einer Stellungnahme an Oxfam schreibt Siemens, dass sie „nicht Teil des projektverantwortlichen Konsortiums zum Bau des Wasserkraftprojekts“ seien. „Damit weisen sie einfach die Verantwortung von sich und werden auch ihren Selbstverpflichtungen nicht gerecht, die sie sich mit dem Beitritt zum Global Compact der Vereinten Nationen gesetzt haben“, kritisiert Wiggerthale.

Die Direktorin von Oxfam International, Winnie Byanyima, erklärt: „Bei Agua Zarca wurden viele Fehler gemacht. Leider ist dies bei Großprojekten zulasten von indigenen Völkern keine Seltenheit. Der Rückzug der beteiligten internationalen Partner würde endlich ein Zeichen setzen. Es ist zu riskant, sich blind an solchen hoch umstrittenen Projekten zu beteiligen. Auch Investoren müssen sich an bestehende Regeln wie das Recht auf freie, vorherige und informierte Zustimmung halten, bevor sie Land erwerben.“

Hintergrund
•    Berta Cáceres, die dem indigenen Volk der Lenca angehört, war Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation COPINH, einer Partnerorganisation von Oxfam. Cáceres hatte sich gegen den Bau von Agua Zarca engagiert, weil der Staudamm den Lenca den Zugang zum für sie lebenswichtigen und heiligen Gualcarque-Fluß bedroht. Für ihr Engagement war sie 2015 mit dem renommierten Goldman-Umweltpreis ausgezeichnet worden.

•    Das deutsche Unternehmen Voith Hydro, ein Joint Venture von Siemens und Voith, liefert die Wasserkraftturbinen für den Agua Zarca Staudamm.

•    Oxfam hat Siemens und die Voith GmbH um eine Stellungnahme gebeten. Im Folgenden dokumentieren wir die Antworten:

Siemens: „Wir sind zutiefst bestürzt über den Tod. Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen und Freunden des Opfers. Wir haben unverzüglich Kontakt zu Voith Hydro aufgenommen, die das Joint Venture leiten, um uns auf dem Laufenden halten zu lassen. Voith Hydro ist Unterlieferant für das Projekt Agua Zarca. Siemens ist nicht Teil des projektverantwortlichen Konsortiums zum Bau des Wasserkraftprojekts.“

Voith: „Voith verurteilt jede Art von Gewalt und ist betroffen über die Ermordung von Berta Cáceres. Wir setzen darauf, dass die Ermittlungsbehörden in Honduras dieses Verbrechen so schnell wie möglich lückenlos aufklären.“  

•    Der Global Compact ist eine Wirtschaftsinitiative der Vereinten Nationen für Unternehmen, deren Teilnehmer sich zur Unterstützung von anerkannten Grundsätzen zu Menschenrechten, den Rechten indigener Völker, Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung verpflichten. Siemens ist seit 2003 Teilnehmer des Global Compact.

•    Anfang März hatte Oxfam in dem Bericht „Common Ground“ mit mehreren Nichtregierungsorganisationen darauf hingewiesen, dass der mangelnde Schutz von Landrechten für indigene Gemeinden weltweit zu zahlreichen Konflikten führt. Diesen sind seit 2002 knapp 1000 Menschen zum Opfer gefallen.