Der Bericht "Shelter from the Storm" untersucht, inwiefern in den 126 analysierten Ländern zusätzliche Gelder zur Unterstützung von Menschen bereitgestellt wurden, etwa in Form von Invaliditäts-, Arbeitslosen-, Kinder- und Altenhilfe. Das Ergebnis: 41 Prozent der zusätzlichen Sicherungsprogramme bestanden lediglich aus Einmalzahlungen, die inzwischen längst ausgeschöpft sind. Nur 15 Länder haben Programme aufgelegt, die länger als sechs Monate dauerten. Und in acht von zehn Ländern haben die Hilfen nicht einmal die Hälfte ihrer Einwohner*innen erreicht.
„Das Coronavirus hat die Welt in Angst und Sorge vereint, doch in ihrer Reaktionsfähigkeit ist sie gespalten", sagt Ellen Ehmke, Expertin für soziale Ungleichheit bei Oxfam Deutschland. „In einer globalen Anstrengung haben in diesem Jahr fast eineinhalb Milliarden Menschen zusätzlich finanzielle Unterstützung durch soziale Sicherung erhalten. Doch ein Drittel der Menschheit bleibt dabei außen vor. Das zwingt sie in riskantes Verhalten, wie etwa trotz Anzeichen einer Covid-Infektion weiterhin zu arbeiten. Reiche Länder müssen begreifen, dass niemand sicher ist, bevor nicht alle sicher sind. Investitionen in soziale Sicherheit, sind Investitionen in die Beendigung der Pandemie."
Doch bislang agieren reiche Länder in der Pandemie höchst unsolidarisch: Insgesamt haben Regierungen weltweit in diesem Jahr 11,7 Billionen US-Dollar zusätzlich ausgegeben, um mit den Folgen der Covid-19-Pandemie fertig zu werden. Davon wurden 9,8 Billionen Dollar (83 Prozent) von 36 reichen Ländern ausgegeben, gegenüber nur 42 Milliarden Dollar (0,4 Prozent) in 59 Ländern mit niedrigem Einkommen. Während viele reiche Länder ihre eigenen sozialen Sicherungssysteme massiv aufgestockt haben, erhöhten sie ihre Hilfe für soziale Sicherung in den Entwicklungsländern um nur 5,8 Milliarden Dollar. Das entspricht weniger als fünf Cent pro rund 100 Dollar, die zur Bekämpfung von Covid-19 aufgebracht wurden.
Große Unterschiede zwischen Ländern
Der Oxfam-Bericht zeigt zudem große Unterschiede zwischen Ländern auf: Frühere Investitionen in breit angelegte Sozialprogramme, wie in Südafrika, Namibia und Bolivien, zahlen sich jetzt aus. Mit einer besseren Politik und mehr Unterstützung ließen sich auch andernorts gute Ergebnisse erzielen. Bis 2030 könnten beispielsweise Kenia und Indonesien ihre Armutsrate um 25 Prozent bzw. 31 Prozent senken, wenn sie 1,7 Prozent ihres BIP in soziale Sicherung investieren würden.
„Soziale Sicherheit ist eine der mächtigsten und eine erschwingliche Investition zur Verringerung von Ungleichheit, Armut und Not. Regierungen in armen Ländern müssen selbst verstärkt in universelle soziale Sicherungssysteme investieren und hierfür die Steuern für die Reichsten erhöhen. Um ärmere Staaten darin zu unterstützen alle Menschen sozial abzusichern, müssen reiche Länder ihre finanzielle Unterstützung erhöhen, Schulden erlassen und ein neues Instrument globaler Solidarität schaffen, einen Globalen Fonds für soziale Sicherheit“, fordert Ellen Ehmke.