Jan Kowalzig, Klima-Experte von Oxfam Deutschland: „Eine Zusage von Bundeskanzlerin Angela Merkel für deutlich steigende Klima-Hilfen in den kommenden Jahren ist der Lackmustest für Deutschlands Verantwortung und Solidarität gegenüber den Ländern des Globalen Südens, wo die Klimakrise schon heute Armut, Hunger und Ungerechtigkeit massiv verschärft. Die Bundeskanzlerin sollte den Petersberger Klimadialog mit dem Versprechen eröffnen, die jährlichen Klima-Gelder aus Deutschland bis 2025 zu verdoppeln.  Würde sich Deutschland wieder nur mit warmen Worten oder einer nur vagen Ankündigung wegducken, wäre dies ein fatales Signal auch für den kommenden UN-Klimagipfel COP26.“

Obwohl die Industrieländer zugesagt haben, ihre finanzielle Unterstützung für Klimaschutz und Anpassung an die klimatischen Veränderungen in den so genannten Entwicklungsländern bis 2020 auf 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr anzuheben, wurde dieses Ziel mit großer Wahrscheinlichkeit nicht erreicht. Dazu trägt bei, dass die deutsche Unterstützung seit Jahren stagniert, nachdem sie 2017 deutlich gesunken war. Zuletzt hatten sowohl die USA als auch Großbritannien eine Verdoppelung ihrer jährlichen Klima-Zahlungen in den kommenden fünf Jahren zugesagt. Deutschland muss hier nachziehen, fordert Oxfam.

Kohleausstieg muss zehn Jahre früher kommen

Als Gastgeber des Petersberger Klimadialogs muss Deutschland aber auch beim eigenen Klimaschutz deutlich nachbessern – wie es gerade das Bundesverfassungsgericht bestätigt hat. Der Nachholbedarf ist groß: Wäre Deutschlands schwacher Ehrgeiz beim Klimaschutz Maßstab für andere Länder, machte das eine Erwärmung um 3 bis 4°C wahrscheinlich.

Jan Kowalzig: „Der Kohleausstieg muss zehn Jahre früher kommen, die deutschen Emissionen müssen noch vor 2040 auf Netto-Null absinken. Das ist ökonomisch und sozial ausgewogen möglich. Nur so leistet Deutschland angesichts seines Reichtums und seiner Verantwortung für das Verursachen der Krise einen fairen Anteil daran, die globale Erwärmung auf maximal 1,5°C zu begrenzen. Wer sich hier drückt, etwa um rückwärtsgewandte Industrien zu schützen, trägt dazu bei, in ärmeren Ländern millionenfach die Lebensgrundlagen der Menschen zu zerstören.“

Hintergrund: Zum zwölften Petersberger Klimadialog (6.-7. Mai 2021) sind Minister*innen aus rund 40 Ländern eingeladen, darunter die G20, aber auch Vertreter*innen der kleinen Inselstaaten oder der wirtschaftlich am meisten benachteiligten Länder. Eine der Aufgaben des alljährlichen Klimadialogs ist die Vorbereitung schwieriger Punkte auf der Verhandlungsagenda für die kommende UN-Klimakonferenz COP26 im Herbst in Glasgow, etwa die künftigen Regeln für CO2-Märkte unter dem Artikel 6 des Pariser Abkommens. Der Klimadialog dient aber auch dazu, bei verschiedenen Aspekten der internationalen Klimapolitik neue Akzente zu setzen und über aktuelle Entwicklungen zu diskutieren. Gastgeber der Veranstaltung sind Deutschland und in diesem Jahr das Vereinigte Königreich im Rahmen seiner kommenden Präsidentschaft für die COP26.