Die Studie zeigt: 

  • Während die analysierten Schweizer Milliardäre mit einem Steuersatz von rund 32 Prozent (inklusive Unternehmenssteuern) immerhin etwas mehr als drei Viertel des geltenden Höchststeuersatzes ihres Kantons (41,5 %) erreichen, liegen die Steuersätze der Milliardär*innen in Deutschland und Österreich bei lediglich 26 Prozent und damit weit unter den jeweiligen Höchststeuersätzen (47,5 % bzw. 55 %) - im Fall von Österreich sogar über die Hälfte darunter.
  • Auch die typischen Multimillionär*innen bleiben in Deutschland und Österreich deutlich unter den Höchststeuersätzen: Ihre Steuer- und Abgabensätzen betragen 29 Prozent in Deutschland und 30 Prozent in Österreich. Lediglich in der Schweiz zahlt der typische Multimillionär mit 19 Prozent fast den Höchststeuersatz in seinem Kanton (22 %).
  • Damit zahlen Milliardär*innen und Multimillionär*innen in der Schweiz mehr Steuern und Abgaben und in Deutschland und Österreich deutlich weniger als die jeweiligen Mittelstandsfamilien (Übersicht siehe Tabelle). Dass das Steuersystem in der Schweiz in den untersuchten Fällen progressiver ist als in Deutschland und Österreich, liegt vor allem an der Vermögensteuer.
  • Ein Blick auf die Steuereinnahmen, zeigt den Effekt der schweizerischen Vermögensteuer. Mit einem jährlichen Aufkommen von knapp 11 Milliarden Euro entsprechen die Einnahmen durch die Vermögensteuer knapp 0,25 Prozent des geschätzten Vermögens der Schweizer*innen und tragen 7 Prozent zum gesamten Steueraufkommen bei, ein weiteres Prozent ergibt sich aus den kantonalen Erbschaftsteuern.
  • Im Vergleich dazu erzielt die deutsche Erbschaftsteuer als einzig verbliebende “echte” Vermögensteuer lediglich einen Anteil von 1 Prozent am Gesamtaufkommen. In Österreich gibt es weder Vermögen- noch Erbschaftsteuern.
  • Würden Deutschland den Anteil der Vermögensteuern am Gesamtsteueraufkommen auf das Schweizer Niveau anheben, entspräche das jährlichen Einnahmen von 73 Milliarden Euro. Damit könnte die Bundesregierung nicht nur das auf bis zu 20 Milliarden Euro geschätzte Haushaltloch stopfen und entsprechende Kürzungen, z.B. im Entwicklungsetat, vermeiden, sondern auch dringend benötigte Investitionen in Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit finanzieren. In Österreich würde eine Vermögenssteuer, laut aktuellen Modellen, bis zu 5 Milliarden Euro einbringen. Damit könnte Österreich beispielsweise mit jährlichen Kosten von 4,3 Milliarden Euro die Kindergrundsicherung finanzieren und Kinderarmut abschaffen.

Alle drei untersuchten Länder weisen eine starke Vermögenskonzentration auf. Studien belegen, dass sich der Großteil der Bevölkerung in Deutschland und Österreich für eine stärkere Besteuerung von Vermögen ausspricht. Das Netzwerk Steuergerechtigkeit, Oxfam und das Momentum Institut empfehlen der Regierung beider Länder die Kluft zwischen den Superreichen und dem Rest der Gesellschaft rasch zu verringern. Dafür müssen sie insbesondere große Vermögen und Vermögenseinkommen (wieder) gerecht besteuern.

Manuel Schmitt, Referent für Soziale Ungleichheit von Oxfam Deutschland: “Während die meisten Menschen unter den Folgen von Pandemie, Inflation und Krieg leiden, explodieren die Vermögen von Multimillionär*innen und Milliardär*innen, auch in Deutschland, ohne gerecht besteuert zu werden. Stattdessen setzt Finanzminister Lindner im Bundeshaushalt zum Kahlschlag bei der Entwicklungszusammenarbeit und bei Sozialausgaben an. Die Bundesregierung darf nicht die ärmsten Menschen die Zeche für ihre verfehlte Steuerpolitik zahlen lassen. Wir brauchen jetzt die Besteuerung sehr hoher Vermögen, damit auch die Superreichen ihren fairen Beitrag zum Gemeinwohl leisten.”

Julia Jirmann, Netzwerk Steuergerechtigkeit: “Mit einer Vermögensteuer für Superreiche oder eine Mindeststeuer auf ihre Einkommen können wir sicherstellen, dass ihr Steuersatz auf etwa 40 bis 50 Prozent ansteigt – vergleichbar mit dem, was der Mittelstand an Steuern und Abgaben leistet. Zudem hätte das einen positiven Anreizeffekt: Während Vermögensteuern bei erfolgreichem Unternehmertum leicht aus den Erträgen finanzier sind, würden sie den Kauf und Besitz von klimaschädlichen Privatjets oder Privatjachten unattraktiver machen.”

Barbara Schuster, Momentum Institut Österreich: “Unser Steuersystem basiert auf dem Prinzip: Wer mehr hat, kann auch mehr beitragen. Für Superreiche ist dieses Prinzip längst ausgehebelt. Damit konzentriert sich nicht nur immer mehr Vermögen in den Händen einiger weniger, sondern auch das Vertrauen in unsere Demokratie erodiert. Verschärfend hinzu kommt der Klimaaspekt. Sehr reiche Menschen tragen ein Vielfaches zur Erderhitzung bei. Gleichzeitig spüren sie die Auswirkungen als Letzte. Eine faire Besteuerung würde die Ressourcen freisetzen, die wir für sozial gerechte Klimapolitik dringend benötigen.”

 

Redaktionelle Hinweise

Die Studie „Superreiche (wieder) gerecht besteuern“ steht zum Download bereit unter https://www.netzwerk-steuergerechtigkeit.de/wp-content/uploads/2024/04/Besteuerung_Reichtum_D_Aut_CHE.pdf

Detailliertere Länderstudien stehen ebenfalls zum Download bereit:

Berechnungsmethode

Expert*innen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz haben die jeweilige Steuer- und Abgabenquote einer typischen Person der reichsten 0,1 Prozent der Bevölkerung anhand einer Modellrechnung ermittelt. In einem weiteren Schritt wurde unter vereinfachenden Annahmen der Steuersatz konkreter Milliardär*innen anhand öffentlich zugänglicher Daten über Unternehmensbeteiligungen und aus Geschäftsberichten ermittelt. Grundlage ist dabei das jeweils geltende nationale Recht. Für die Schweiz gelten je nach Kanton unterschiedliche Steuersätze. Möglichkeiten aggressiver Steuergestaltung wurden nicht berücksichtigt.