Die Zahl der Übergriffe von afghanischer Armee und Polizei auf eigene Bürgerinnen und Bürger könnte stark zunehmen. Davor warnt der Oxfam-Bericht „No Time to Lose. Promoting the Accountability of the Afghan National Security Forces“.

Schon ab diesem Jahr sollen nach und nach die internationalen Truppen aus Afghanistan abgezogen werden, doch dies könnte gravierende Folgen für die Sicherheit der Zivilbevölkerung haben. Oxfam fordert die NATO-Staaten und die afghanische Regierung auf, umgehend bessere Mechanismen zur Kontrolle der afghanische Sicherheitskräfte einzuführen und die Ausbildung stärker darauf auszurichten, Gewalttaten gegen Zivilpersonen vorzubeugen.

Der Bericht dokumentiert Übergriffe afghanischer Sicherheitskräfte auf die Zivilbevölkerung, einschließlich Folter, willkürlichen Tötungen sowie Rekrutierung von Kindern. Zudem werden Rekruten der afghanischen Sicherheitskräfte nur unzureichend auf ihre Zuverlässigkeit und eventuelle kriminelle Vergangenheit geprüft; mehrere Zehntausend Polizisten sind ohne jegliche Ausbildung eingestellt worden.

Internationale Staaten tragen Verantwortung

Obwohl NATO-Staaten seit Jahren Milliarden in den Aufbau von afghanischer Armee und Polizei investieren, sind diese noch weit davon entfernt, für Sicherheit zu sorgen. Deutschland und seine Verbündeten tragen daher eine große Verantwortung dafür dass nach ihrem Abzug in Afghanistan Recht und Gesetz gewährleistet sind.

Die NATO hat ihre Verfahren zur Aufklärung von Übergriffen und zur Entschädigung ziviler Opfer deutlich verbessert. Allerdings wurde kaum etwas getan, um diese Standards auch auf die von der NATO geschulten afghanischen Sicherheitskräfte zu übertragen. So gibt es derzeit kein funktionierendes System für Beschwerden und Schadensersatzansprüche von Zivilpersonen, die durch afghanische Soldaten oder Polizisten geschädigt wurden.

Dringender Handlungsbedarf

Die Herausgeber des Berichts fordern die internationale Gemeinschaft und die afghanische Regierung zu folgenden Maßnahmen auf:

  • die Ausbildung der afghanischen Polizei zu verlängern und rechtsstaatliches Polizeihandeln in deren Mittelpunkt zu stellen,
  • bei Militär und Polizei wirksame Beschwerde-, Entschädigungs- und Überprüfungsmechanismen einzurichten,
  • Rekruten vor ihrer Einstellung besser zu überprüfen,
  • den Frauenanteil in den afghanischen Sicherheitskräften zu erhöhen,
  • die Ausstattung von Militär und Polizei zu verbessern,
  • die Zusammenarbeit mit Milizen einzustellen, die die staatliche Polizei auf Gemeindeebene unterstützen, aber weitgehend unkontrolliert handeln.

Der Bericht wurde von Oxfam verfasst und gemeinsam mit den Organisationen Campaign for Innocent Victims in Conflict (CIVIC), Peace Training and Research Organisation (PTRO) sowie Human Rights, Research and Advocacy Consortium (HRRAC) herausgegeben.