Erschreckende Ergebnisse einer Umfrage in Niger: Bis zu 90 Prozent der Menschen im Westen und Osten Nigers gaben bei einer Befragung an, dass ihre Nahrungsvorräte vor der nächsten Ernte aufgebraucht sein werden. Alle Gemeinden bestätigten, dass sie bereits jetzt ihre Mahlzeiten reduzieren, um die Vorräte zu strecken.

Dies ist das Ergebnis einer Studie, die im Auftrag einer Koalition internationaler Hilfsorganisationen, darunter CARE, Oxfam, Plan International, Save the Children und World Vision, erstellt wurde. Die Studie, an der sich auch das Welternährungsprogramm (WFP) sowie die nigrische Regierung beteiligten, ist der jüngste Beweis dafür, dass  Niger und weiteren Teilen der Sahelzone eine humanitäre Katastrophe droht, wenn die internationale Gemeinschaft jetzt nicht rechtzeitig reagiert.

Die sogenannten „Hungermonate“, in denen die Menschen in der Region ihre Mahlzeiten reduzieren müssen, beginnen normalerweise nicht vor Mai oder Juni. Aber die befragten Gemeinden in Diffa und Tillabéri melden bereits jetzt Engpässe – ein deutliches Signal dafür, dass sich die Situation noch verschlimmern wird.

Die wichtigsten Ergebnisse der Befragung:

  • 100 Prozent der Familien geben an, die Zahl ihrer täglichen Mahlzeiten bereits reduziert zu haben.
  • Zwischen 70 und 90 Prozent der Menschen schätzen, dass ihre Nahrungsvorräte vor der nächsten Ernte aufgebraucht sein werden.
  • Die diesjährige Ernte ist noch um die Hälfte geringer ausgefallen als 2009, als eine katastrophale Dürre und hohe Lebensmittelpreise zu einer landesweiten humanitären Katastrophe führten.
  • Ein Viertel der befragten Gemeinden bestätigte, dass Kinder nicht mehr in die Schule gehen, weil Familien auf der Suche nach Arbeit wegziehen, die Schulkantinen geschlossen wurden oder die Kinder selbst arbeiten müssen.
  • Die Menschen in Niger sind gezwungen, ihre Nutztiere zu verkaufen, um sich Essen leisten zu können. So aber wird der Markt übersättigt und die Preise für Vieh sinken drastisch.
  • 97 Prozent der Gemeinden gaben an, dass der Mangel an Tierfutter sie vor ernste Probleme stellt.
  • Schätzungsweise 80 Prozent der Befragten haben nicht genug Saatgut, um für die nächste Anbausaison zu säen. Das bedeutet im schlimmsten Fall ein weiteres Jahr Hunger.
  • Knapp ein Drittel der Bevölkerung ist infolge der Missernte von 2009 immer noch verschuldet

Instabile Sicherheitslage

Die Situation in Niger wird dadurch erschwert, dass einige Nachbarstaaten mit einer instabilen Sicherheitslage zu kämpfen haben. So fliehen etwa aus Mali viele Menschen nach Niger, was für die ansässige Bevölkerung und die wenigen Ressourcen eine zusätzliche Belastung bedeutet. Gastarbeiter, die normalerweise ihre Familien aus dem Ausland (z.B. Libyen) unterstützten, kehrten in den letzten Monaten mit leeren Händen nach Niger zurück.

13 Millionen Menschen vom Hunger bedroht

In der gesamten Sahelzone in West- und Zentralafrika sind rund 13 Millionen Menschen vom Hunger bedroht, allein eine Million Kinder sind von Mangelernährung bedroht. Unregelmäßige Regenfälle, Pflanzenkrankheiten und Heuschreckenplagen zerstörten 2011 ganze Ernten und damit die lebenswichtigen Vorräte für die „Hungermonate“ in diesem Jahr. Im Niger alleine sind mehr als sechs Millionen Menschen vom Hunger bedroht, knapp zwei Millionen benötigen dringend unmittelbare Nahrungshilfe.

Das Schlimmste jetzt verhindern

Die Gebergemeinschaft muss jetzt schnell und unbürokratisch diese Mittel bereitstellen. Die Regierungen der Sahelzone sollten ihre Nothilfemaßnahmen abstimmen, so Oxfam.

„Die Menschen in Niger stehen gleich vor mehreren Krisen. Wir sind dieses Jahr Zeugen einer tödlichen Mischung verschiedener Ereignisse. Nach mehreren Krisen seit 2005 sind  die Menschen an ihrem absoluten Limit angekommen“, sagt Samuel Braimah, Oxfam-Länderdirektor in Niger. „Das Schlimmste könnte noch verhindert und Tausende Menschenleben gerettet werden, wenn jetzt entschlossen gehandelt wird.“

Oxfam arbeitet seit Jahrzehnten in Westafrika mit Partnerorganisation vor Ort zusammen, um die Widerstandsfähigkeit der Menschen gegenüber Krisen zu stärken. Oxfam unterstützt zum Beispiel Kleinbäuerinnen und -bauern mit Saatgut, fördert die tierärztliche Versorgung des Viehs oder verbessert die Bewässerungssysteme.


[1]

[2] Emergency Capacity Building Projects (ECBP)