Hohe Erwartungen, aber schwache Beschlüsse – das ist aus Sicht von Oxfam das Ergebnis der Bonner Afghanistan-Konferenz.

Bis auf die Ankündigung, die internationale zivile Hilfe nach dem Truppenabzug Ende 2014 mindestens zehn Jahre fortzusetzen und den Schutz der Menschen- bzw. Frauenrechte zum Bestandteil von Friedensverhandlungen zu machen, fiel das Abschlussdokument der in Bonn vertretenen rund 100 Regierungen enttäuschend vage aus. Lediglich EU-Außenbeauftragte Ashton machte auf der Bonner Afghanistan-Konferenz am 5.Dezember 2011 in ihrem Redebeitrag konkrete Zusagen zur Höhe der künftigen Beiträge für die zivile Hilfe und zum weiteren Polizeiaufbau.

Klarer Fahrplan fehlt

Oxfam hatte im Vorfeld von Bonn für den langfristigen zivilen Aufbau Afghanistans einen klaren Fahrplan gefordert, der vorrangig die Bekämpfung der Armut und die Durchsetzung von Menschenrechten zum Ziel hat. Oxfam mahnte zudem an, Übergriffe von afghanischen Sicherheitskräften und irregulären Milizen („Afghan local police“) gegen Zivilisten abzustellen. Bei der Ausbildung von Militär und Polizei muss dringend Priorität auf Rechtsstaatlichkeit und den Schutz der Zivilbevölkerung gelegt werden. Oxfam hat außerdem Mitte Oktober gemeinsam mit einem breiten Bündnis internationaler Nichtregierungsorganisationen ein Positionspapier veröffentlicht, in dem unter anderem gefordert wurde, die erreichten Fortschritte bei der Verwirklichung von Frauenrechten nicht einem politischen Ausgleich mit Aufständischen zu opfern.

Zusagen vage

Die im Abschlussdokument von Bonn enthaltene Erklärung, die afghanische Zivilgesellschaft zu stärken und in den Friedensprozess einzubeziehen sowie insbesondere die Frauenrechte zur Grundlage von Verhandlungen zu machen, ist grundsätzlich willkommen.. Es bleibt jedoch unklar, wie die Versprechungen der in Bonn versammelten Regierungen konkret eingelöst und wie die Zivilgesellschaft in politische Entscheidungsprozesse eingebunden werden soll.

Im Juli 2012 soll eine Geberkonferenz in Tokio stattfinden. „Dies darf jedoch nicht bedeuten, dass drängende Probleme auf die lange Bank geschoben werden. Vor allem angesichts der akut drohenden Hungersnot in Teilen Afghanistans müssen unverzüglich Maßnahmen ergriffen werden, um den Zugang weiter Teile der Bevölkerung zu Nahrung, Gesundheit und Bildung zu sichern“, sagt Robert Lindner, der für Oxfam Deutschland die Bonner Afghanistan-Konferenz beobachtete. Robert Lindner ist auch Sprecher der Afghanistan-Arbeitsgruppe von VENRO.