„Wenn wir kein Wasser mehr von den Gletschern haben, von was werden wir dann leben?“, fragt Lucia Quispe, Kleinbäuerin aus Bolivien. Sie gehört zum Volk der Aymara und lebt im Dorf Khapi am Fuße des 6400 Meter hohen Bergs Illimani, dessen Gletscher die Gemeinde seit jeher mit Wasser versorgt. Auf ihrem Land baut Lucia Mais Kartoffeln, Bohnen und Erbsen an, und versorgt damit sich und ihre drei Kinder.

In den letzten Jahren haben Lucia Quispe und die anderen Familien Khapis jedoch alarmierende Veränderungen beobachtet: die Bäche des Illimani führen immer weniger Wasser und die Jahreszeiten werden immer unbeständiger. Der Regen fällt inzwischen nicht mehr nur in der eigentlichen Regenzeit, sondern zu ungewohnten Zeiten, was die Planung für den Zeitpunkt der Aussaat deutlich erschwert. Noch bedrohlicher empfindet Lucia Quispe aber das Schrumpfen des Gletschers für ihren Gemüseanbau, „Ich bin sehr besorgt. Es stimmt, dass der Illimani seinen weißen Poncho verliert. Der Schnee und das Eis schmelzen Tag für Tag, Jahr für Jahr. Alles ist vom Wasser abhängig. Wenn es kein Wasser gibt, dann können wir die Felder nicht bewässern.“ Das Wasser, das aus den Schmelzflüssen des Gletschers kommt, wird durch das Schrumpfen des Gletschers immer weniger.

Für die ohnehin von Armut gezeichnete Region hat das fatale Folgen. Im Vergleich zu früher haben die Aymara heutzutage durch das Schmelzen des Gletschers für ihre Landwirtschaft und Viehhaltung bedeutend weniger Wasser zur Verfügung. Gleichzeitig wird das Trinkwasser knapp, wenn die Schmelzflüsse immer weniger Wasser führen. Folglich sehen die Bewohner/innen ihre Lebensgrundlage in Gefahr und sorgen sich um ihre Ernährung und Gesundheit.

„Mein Sohn müsste wegziehen“

Lucia Quispe schätzt, dass der Gletscher in 30 bis 40 Jahren ganz verschwunden sein könnte. Um die Zukunft ihres Sohnes ist sie besorgt, „Für ihn würde das Verschwinden des Gletschers großes Leid bedeuten. Dann würde es keinen Schnee und kein Wasser mehr geben, das vom Berg kommt. Aber wie würden wir dann unser Land bewässern? Mein Sohn müsste wegziehen und in ein anderes Land gehen.“

Lucia Quispe hat im Radio vom Klimawandel gehört, der für den sich verschärfenden Wassermangel verantwortlich gemacht wird. Sie beschreibt, was ihrer Meinung nach getan werden müsste, damit sich die Lage in Khapi wieder zum Besseren wendet, „Wir müssen mehr Bewässerungsrinnen bauen. Wie sollen wir sonst unsere Situation verbessern? Und wir Frauen brauchen mehr Training.“ Einige der Gemeinden am Illimani schließen sich zu Organisationen zusammen, die die Bewohner/innen bei der Anpassung an den Klimawandel unterstützen.